notitia dignitatum
1.
Was ist die notitia dignitatum? Die notitia dignitatum ist die Bezeichnung einer Anzahl von Objekten, die sich mal mehr, mal weniger stark unterscheiden. So werden unter anderem Sammelhandschriften und Editionen genannt, so werden Teile von Sammelhandschriften und Editionen genannt. Codices, Bücher und Abschnitte in Büchern werden so bezeichnet. Es heißt, dass es für diese Objekt einen Ursprung gäbe, eine historische Referenz, und diese Referenz soll Garant dafür ein, dass alle diese Objekte bei allen Unterschieden eine Gleichheit aufweisen würden.
Sie alle seien eins, weil sie alle Nachbildungen dieser Referenz seien. Wie in monotheistischer Dogmatik alle Menschen ein Mensch sein sollen, weil dieser eine Mensch eine Nachbildung oder ein Ebenbild Gottes sein soll, so sollen alle diese Objekte ein Objekt namens notitia dignitatum sein, weil sie alles dieses eine Objekt nachbilden sollen. Die Referenz soll insofern in einer großen Anzahl, in allen Objekten dieses Namens, in allen Nachbildungen vorkommen, Insofern ist das eine große Referenz und ein großes Objekt, denn es soll eine große Anzahl davon geben. Das soll eine monumentales Objekt sein.
Dieses eine Objekt, die REFERENZ, sei ein Objekt aus der Spätantike. Es ist umstritten, ob es ein Werk oder eine Version ist, es ist umstritten, wie dieses Objekt geschmückt war, welches Musterung, welchen Stil, welches Material dieses Objekt hatte. Es ist vorstellbar, dass es eine Version war, vorstellbar, dass es eine prunkvolle Version von etwas war, was auch weniger prunkvoll vorkam, dass aber dank dieses Prunks höher geschätzt und häufiger kopiert, so also überliefert wurde. Dieses Objekt soll auch alltäglich, banal gewesen sein. Es ist umstritten, ob dieses Objekt beides, prunkvoll und alltäglich war. Es ist umstritten, von wann genau, der Zeitraum kann großzügig auf das erste Viertel des 5. Jahrhunderts nach Christus. Es sei ein Objekt gewesen, vermutlich aus Pergament, mit graphischen Elementen, die von der Schrift über Tabellen und Listen bis hin zu unterschiedlichen Bildtypen (Schildzeichen, Bildnisse, Personifikationen und Allegorien, Schriftbild, Abbildungen bürokratischer Apparate) reichen.
Dieses Werk wird unterschiedlich beschrieben. Hans Belting nennt dieses Werk in seinem Buch Bild und Kult ein römisches Staatshandbuch, man findet auch die Bezeichnung Handbuch der Verwaltung, Formularbuch, Akte, und Verzeichnis. Man könnte es eine Loseblattsammlung, Zettel römischer Bürokratie nennen. In der notitia dignitatum tauchen die Wörter status, res publica nicht auf, aber Imperium und Rom tauchen auf. Notitia ist ein lateinischer Begriff für Note, Notiz, Aufzeichnung, Auflistung, Aufzählung, Bemerkung, Anmerkung, Gewußtes/ Wissen, Bekanntheit, Wahrgenommenes, Ruhm, Schicksal, also ein vieldeutiger Begriff, nicht weniger vieldeutig als dignitas/ dignitatum. Oben sieht man eine Seite aus der Baseler Edition von 1552, dort sieht man eine Tafel, auf der eine Tafel steht (das dürfte eine Konsulardyptichon, ein Diplom, eine prunkvolle Akte oder ein Ordner sein). Daneben und darunter sieht man eine tabellarische Liste mit sog. Digmata, Schildzeichen. Man könnte notitia auch mit Markierung oder Marke übersetzen, denn solche Schildzeichen gelten auch als Vorbilder dessen, was heute im Markenrecht eine Marke genannt wird. Der Name notitia dignitatum taucht am Anfang der gleichnamigen Objekte, in einem ersten Satz auf: Notitia dignitatum continet omnium tam civilium quam militarium dignitatum utriusque imperii occidentis orientisque
2.
Diese Referenz, das erste und monumentale Objekt, ist verschollen, damit ist es auch entfernt, damit ist es schon 'verabschiedet', also auf spezifische Weise normativ, nämlich durch juridische Kulturtechniken unberührbar und symbolisch geworden, vergleichbar mit Moses Gesetzestafeln oder den 12 Tafeln der Römer, vergleichbar aber auch mit einem Gesetz, dass durch Verabschiedung ebenfalls 'unberührbar', nämlich im Wortlaut, Grammatik, Syntax etc. festgestellt wird.
Ab 1552 tauchen auch gedruckte Bücher auf, die entweder selbst als notitia dignitatum bezeichnet werden oder aber so bezeichnete Abschnitte enthalten und die Editionen der Codices sein sollen. In der heutigen Forschung geht man von einer weiteren Referenz aus, das ist der Codex Spirensis, der aus dem 9. oder 10. Jahrhundert stammensoll, aber ebenfalls verschollen ist. Mitte des sechzehnten Jahrhunderts zirkulierte er noch auf mehr oder weniger gut dokumentierten Bahnen, es gibt einen Verdacht, bei wem der Codex abhanden kam, die Bibliotheken haben immer aufgezeichnet, wer welchen Codex ausleiht. Es kursiert die These, dass dieser Codex eine zeitlang das einzige Objekt gewesen sei, so ist dieses Objekt zu einer weiteren, monumentalen Referenz geworden. Man kann rekonstruieren, dass eine Reihe von anderen Codices von diesem einen verschollenen Codex kopiert wurden. Die Literatur stuft die Qualität der Codices ab und entwickelt einen Maßstab dafür, welche Codices dem Ursprung wie nahe kommen und welche Codices welche Abweichungen aufweisen. Auch für die Editionen gilt das, bis heute. Um eine Übersicht über alle Objekte zu bekommen, die unter den Namen notitia dignitatum kursieren und wie sie voneinader abhängen, werden selbst Tafeln und Tabellen, in dem Fall als Synopsen erstellt. Man hat auf der einen Seite eine monumentale Referenz, die die Einheit der Objekte garantieren soll, auf der anderen Seite hat man diese Tabellen, die auch für die Einheit der Objekte sorgen sollen. Das sind aber unterschiediche Einheiten. In großer Spannbreite kann man über die Notitia Dignitatum sowohl im Singular als auch im Plural sprechen. Mit Warburgs Vokabular: Diese Spannbreite kann polar sein, die monumetale Referenz und solche Tabellen können Pole der Bezeichnung bilden. In gewisser Hinsicht kann man die monumentale Referenz als beständiger, ruhiger, stiller, weniger bewegt (es ist ja eine symbolische und unberührbare Referenz) und die Tabellen als unbeständiger, unruhiger, weniger still (also sowohl mit mehr Information als auch mehr Rauschen), als bewegter ansehen.
3.
Objekt ist, was ein Gegenstand wird, der von einem Subjekt unterschieden und der Gegenstand von Handlung, Kommunikation, Beobachtung oder Wissen wird. Ein Stein kann ein Objekt sein, ein blauer Himmel, ein Wort, ein Geste, ein Gedanke, eine Norm, eine Akte, ein Affekt, ein Zittern, ein Zustand,eine Meinung, ein unaufgeräumtes Zimmer können Objekte sein. Kommunikation, Beobachtung, Handlung und Wissen können Objekte sein. Ob ein Objekt groß oder klein ist, dass bestimmt sich danach, inwieweit alles das, was dieses Objekt auszeichnet, in einer Anzahl weiterer Objekte vorkommt. Je mehr Objekte vorkommen, die als identisch gelten, desto größer das Objekt. Je weniger Objekte vorkommen, die als identisch gelten, desto kleiner das Objekt. Ich bestimmte die Größe und die Kleinheit von Objekten über Wiederholung und Differenz, nicht über Länge, Breite, Höhe, Tiefe, Dauer, Gewicht, Kraft oder andere physikaliche Größen. Ich bin an Assoziationen interssiert, meine Forschun bezieht sich auf Recht und Kulturtechniken und darauf, wie etwas durch Trennungen und Austauschmanöver Assoziationen, zum Beispiel sog. 'Verbindlichkeiten', das sind angenommene Assoziationen, schafft. Darum stelle ich bei der Größe und der Kleinheit von Objekten auf Wiederholung und Differenz ab.
4.
Ein Codex, also ein mit der Hand hergestelltes und gebundenes Objekt ist ein kleines Objekt, denn jeder Codex weicht von seiner Kopie so vielfältig ab, dass einer dieser Unterschiede sogar selbst wiederum zu einem Objekt werden kann, etwa das Pergament, die Schrift, die Tinte, eine Zeichnung, eine Farbe, eine Austauschmanöver, die Schreibweise, das Schriftbild, irgendeine Auffälligkeit.
Die Edition der notitia dignitatum, die Siegfried Gelenius für Froben in Basel erstellt, was ist dieses Edition für ein Objekt? Wie groß war die Auflage und wie stark weichen innerhalb einer Edition die Objekte voneinander ab? Teilweise sehr deutlich. Einer derjenigen Unterschiede, die heute auf dem Markt für diese Editionen für den deutlichsten Preisunterschied sorgt, ist der, ob man es mit einer kolorierten oder nichtkolorierten Fassung zu tun hat, denn bei der Edition von 1552 kommt beides vor. Je nachdem, wie großzügig ich den begriff der Edition verwende, desto kleiner oder größer werden die Objekte, die darunter fallen. Die Größe und die Kleinheit von Objekten, die man darüber bestimmt, wie oft diese Objejkte auf eine Weise vorkommen, dass eine Identität zwischen den Objekten angenommen wird, das ist eine relative Größe und eine relative Kleinheit, keine absolute Größe und keine absolute Kleinheit.
Wird ein Codex gescannt und zu einer Datei und dann die Datei vielfach kopiert, ist die Datei des Codex ein größeres Objekt als der Codex, der gescannt wurde. Öffnet jemand eine dieser Dateien an seinem Computer mit seinem Bildschrim, kann aus einer dieser Dateien dann ein kleines Objekt werden, denn schon die Farbdarstellungen auf dem Bildschirm können skaliert oder nicht skaliert sein - und das könnten sorgfältige Drucker zum Gegenstand machen. Es kommt immer darauf an, was genau zum Objekt wird.
In der Literatur wird mit relativer Präzision über Objekte gesprochen. Wenn Otto Seeck ein Buch herausgibt, dass er Notitia Dignitatum nennt, ohne Anführungszeichnen, aber mit dem Anspruch, dese Bezeichnung nicht metaphorisch oder allegorisch, ironisch, analog oder sogar unbegriffen, unachtsam oder nicht als Namen zu verwenden, dann kann er gleichzeitig doch die Meinung vertreten, die Notitia Dignitatum sei seit 300 Jahren verschollen.
Das ist relativ präzise, weil Seeck völlig unterschiedliche Objekten gleich bezeichnet, aber allen Unterschieden nachgehen kann, wenn es darauf ankommt und nicht nachgehen kann, wenn es nicht darauf ankommt. Sogar im modernen Buchdruck mit seinen hochstandardisierten Verfahren, bei denen in der Regel bei einer Auflage von 1000 Büchern diese 1000 Bücher nicht unterscheidbar sein können, können sie auch unterscheidbar sein. Es gibt Abweichungen im Druckprozess, mancmal gibt es Unterschiede in der Leimung, in der Farbe oder Qualität des Papiers, der Druckerschwärze oder der Farben im Buch. Darum werden sgar Rechtststreitigkeiten zwischen den Druckereien und den Verlagen geführt, dafür gibt es sogar spezialisierte Anwälte. Ab wann sind die Abweichungen so deutlich, dass man von einem Mangel ausgehen muss? Dann komm noch das Schicksal einzelner Bücher dazu. Frisch aus der Druckerei, frisch aus dem Laden (wo stand oder lag es? Hat Klaus Bittner das Buch auf einen seiner Tische genommen?). Dann bekommt das Buch Eigentümer, die mit dem Buch eigentümlich umgehen, zum Beispiel Marginalien eintragen. Auch so etwas kann aus einem großen Objekt ein kleines Objekt machen.
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2021 july - I swear there is no other idiot like me in the whole world. Just finishing my exam and getting my Fitness Instructor diplom, to go home, pack my suitcase and without any sleep, going to the airport at 3 a.m. to catch the flight at dawn to Fuerteventura.
conclusion: You still can do dumb sh*! in your 30s. Also, the world is even smaller than the usual small.
So... I'm working again with Inspira Fitness in both Hotel Princess**** in Jandia, when Johnny walz in like 2 weeks later. We were double trouble when we worked together in Ibiza! XD
K, Peace out!
2021 július - Eskü, még egy ilyen idiótát nem hord hátán a föld. Épp csak letettem a vizsgát, megkaptam a Fitness Instruktori bizonyítványomat, hogy aztán hazamenjek összepakolni a bőröndömet és zéró alvással hajnali 3-kor kicsattogjak a reptérre, hogy elkapjam a Fuerteventurára tartó gépet.
Tanulság: 30 év felett se lesz normálisabb az ember, valamint a világ még mindig lehet kisebb annál, mint amilyennek képzelted.
Szóval 2 hete ismét az Inspira Fitness égisze alatt dolgozom mindkét 4* Princess Hotelben Jandiában, mire beszambázik Johnny, akivel évekkel azelőtt Ibizán együtt bontottunk a rendet a Magic Lifenál! XD
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