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#Nach dem Ende des Krieges
wladimirkaminer · 27 days
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Heute feiert Portugal fünfzigjähriges Jubiläum seiner Nelkenrevolution.
Damals kamen die enttäuschten Rückkehrer aus dem Kolonialkrieg zurück, sie hatten keine Möglichkeit, ihre Regierung verbal über die Sinnlosigkeit der Kolonialkriege aufzuklären und gingen mit Gewehren auf die Straßen Lissabons. Der Diktator war zu diesem Zeitpunkt schon eine Weile tot, seine Anhängerschaft wusste mit der Revolution nicht umzugehen. Das Volk hat die „April- Kapitäne“ mit Blumen auf der Straße begrüßt und so ist die letzte Diktatur Westeuropas, nach 48 Jahren Herrschaft, einigermaßen friedlich zu Ende gegangen.  
Ich bin nach Lissabon gereist, um an einer Podiumsdiskussion teilzunehmen, neben mir saßen vier Frauen auf der Bühne, die diese Revolution persönlich erlebt hatten, eine Widerstandskämpferin, eine Historikerin und eine Anthropologin. Wir sprachen über den Charme der Diktatur. Ich bewunderte die Geduld der Portugiesen. 48 Jahren sind eine lange Zeit. Salazars Regierung hinterließ ein kaputtes Land, eine katastrophal verarmte Bevölkerung und eine Jugend, die permanent in sinnlosen Kriegen verheizt wurde. Doch viele schienen diesen Salazar zu mögen. Er kam nicht aus dem Militär, mochte mehr die Geheimdienste als die Armee, ein Zivilist, ein Buchhalter, der Jahrelang im Finanzministerium den Sessel gedrückt hatte, bevor er Diktator wurde. Ein unauffälliger bescheidener zurückhaltender Mann, kein Tribun und kein Charismatiker, der ungern vors Volk trat, seine Dienstreisen aus eigener Tasche bezahlte und sein Privatleben geheim hielt, genau wie Putin, der in die Kirche geht und stets von konservativen Werten und den Schutz der traditionellen Familie spricht, selbst aber ein geschiedener Mann ist, der seine Liebschaften versteckt und seine zahlreichen Kinder geheim hält.   
Mithilfe seiner Geheimpolizei erledigte Salazar alle seine politischen Gegner, lockte seinen Hauptfeind aus dem Ausland und tötete ihn kaltblütig. Er führte permanent Kriege im Ausland, das er nicht als Ausland, sondern als Teil seines Staates betrachtete. Er wollte, wie Putin in der Ukraine, die Angolaner und Mosambikaner mit Waffengewalt überzeugen, dass sie in Wahrheit Portugiesen sind. Sie glaubten ihm nicht und leisteten Widerstand. Fast ein halbes Jahrhundert hielt er das Land mit Angst und Propaganda fest in der Hand. Und die Menschen sagten sich, dann ist es so, wir können eh nichts tun, dann besser so als gar nichts. Und irgendwann fanden sie sogar Gefallen an seiner starken Hand, sie waren als mündige Bürger entlassen und widmeten sich dem Privatleben.
Der Charme der Diktatur besteht aus vollkommener Verantwortungslosigkeit des Volkes. Der Diktator allein übernimmt die Verantwortung. Nicht zufällig äußert der Pressesprecher des Kreml über das Privatleben des Präsidenten, er habe keine Zeit für solche Spielchen, er sei mit Russland verheiratet. Dieser Logik folgend muss der Diktator die gesamte Bevölkerung des Landes für seine Kinder halten, die er mit Mütterchen Russland gezeugt hat. Als strenger aber gerechter Vater sieht er sich in der Pflicht, diese Kinder zu erziehen und er weiß, das schlimmste, was den Kindern passieren kann, ist der Verlust des Vaters.  
Heute fragen sich viele, glauben diese Diktatoren wirklich im Ernst an die heilende Kraft ihrer Diktatur, an ihre Vaterrolle? Die Antwort ist ja, besonders wenn die Diktatoren alte weiße Männer sind. Irgendwann kommen sie alle zum Schluss, dass sie allein die Weltordnung auf ihren schmalen Schultern tragen, und wenn sie gehen, versinkt die Welt im Chaos. Sie allein sind für den Lauf der Welt zuständig, ohne ihren Einsatz werden die Sonne und der Mond nicht zeitig aufgehen, alles hier muss von ihnen in mühsamer Handarbeit gemacht werden. Ihre Bürger  halten sie für Kinder und Kinder dürfen nicht mit dem Feuer der Freiheit spielen. Wenn man sie nur lässt, werden sie sofort irgendwelchen Schurken oder Dummköpfen hinterherlaufen  und das Land geht vor die Hunde. Also wird das Volk in einem künstlichen Kinderkoma gehalten, es kann nichts und darf nichts so lange der Diktator lebt. Zum Glück wurde ein Mittel für die Unsterblichkeit noch nicht erfunden und deswegen enden die Diktaturen in der Regel  mit dem Tod des Diktators. Sie hinterlassen ein Chaos und ein kaputtes Land. Und nach einer Weile sehnen sich die Menschen wieder nach einer starken Hand. Die Tatsache, dass diese Hand für das Chaos danach verantwortlich sein wird, entgeht ihrer Aufmerksamkeit.
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Leude, um euch die Wartezeit bis zum nächsten Spatort zu versüßen hier die unnötig komplizierte Story wie ich erst kurz nach KdE ins Fandom gefunden habe:
1. Das fleißige Lieschen:
War im Frühling 2020 für einige Zeit bei meiner Tante, die wirklich religiös Sonntags, pünktlich um 20:15 Uhr vor dem Fernseher sitzt um Tatort zu schauen und eigentlich hab ich ihr öfter dabei Gesellschaft geleistet. Nur so zwei drei mal nicht. Eines dieser Male muss Spatort gewesen sein weil ich mich dran erinnere wie sie meinte "das ist ein Neuer und da wären ja so ganz adrette junge Komissare bei". I wonder who...
2. Der Herr des Waldes:
Hab den letztens nochmal geschaut und mir ist siedent heiß eingefallen warum mir der Anfang so bekannt vorkam - meine Eltern wollten mal wieder Tatort schauen und ich dachte mir warum nicht? Und dann kam die Anfangszene in der Jessie so brutal ermordet wurde und ich war nur so nope! Und hab lieber irgendwas auf Netflix geguckt. Strike Two.
3. Das Herz der Schlange:
War das erste mal seit langem wieder mehr auf tumblr und auf einmal seh ich, dass tatort saarbrücken trendet, plus die ganzen gifs von der Umarmung am Ende. Naiv wie ich war dachte ich, es muss sowas wie ne nationale Trend Seite geben, no way dass Tatort Saarbrücken auf ganz tumblr trenden kann. Also denk ich mir ha, wild wie witzig und damit hats sich.
4. Kälte der Erde
Hab mittlerweile kapiert das die Trends international sind und als Tatort Saarbrücken dann wieder in den Trends ist krieg ichs n paar Tage später es dann auch mal gebacken das zu gucken - Halleluja
Zusammengefasst: hat ewig gedauert aber was ein geniales, kreatives und liebes Fandom. Cool hier zu sein! 😊
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palioom · 1 year
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Daniel Brühl for GQ Germany Men of the Year 2022
Full interview below the cut (in German)
Herr Brühl, in Ihrem neuen Film „Im Westen nichts Neues“ spielen Sie den deutschen Diplomaten Matthias Erzberger, der versucht, die Friedensverhandlungen im Ersten Weltkrieg voranzutreiben. Sie sagen im Film: „Seien Sie gerecht zu Ihrem Feind, sonst wird er Ihren Frieden hassen.“ Was macht Ihrer Meinung nach einen erfolgreichen Frieden aus? Dass beide Seiten aufeinander zugehen und in den Dialog treten. Auch wenn das heute immer schwieriger wird, müssen wir im Kleinen wie im Großen miteinander sprechen, zuhören und versuchen, uns gegenseitig besser zu verstehen. Erzberger war eine sehr wichtige Figur in der Geschichte und Politik Deutschlands, über die zumindest ich in meiner Schulzeit viel zu wenig gelernt habe. Ich finde es bewundernswert, wie er trotz all der Anfeindungen, die ihn erreicht haben, nie nachgegeben hat und bis zum Schluss großen Mut bewies. Solche Persönlichkeiten brauchen wir heute. Wir sehen ja gerade mit Erschrecken, wie uns die Thematik des Films eingeholt hat. Als wir drehten, hat keiner von uns im Entferntesten damit gerechnet, dass sich ein Krieg mitten in Europa einstellen würde. Umso wichtiger ist es, den Appell gegen den Krieg, den die Geschichte von Erich Maria Remarque vermittelt, noch einmal hervorzuheben.
Man hat den Eindruck, dass Propaganda früher wie heute funktioniert … Ja. Es ist schockierend zu sehen, dass wir in der Welt eigentlich keinen Schritt weitergekommen sind. Früher war es einfach, in die Köpfe der jungen Menschen einzudringen. Die meisten Leute sind nie aus ihrem Land rausgekommen. Man konnte Feindbilder schüren, Propaganda machen und manipulieren. Heute, in einer vernetzten und globalisierten Welt, ist das, so würde man zumindest meinen, nicht mehr ganz so einfach möglich. Theoretisch. Praktisch funktioniert das dann leider doch noch recht gut. Neue Angriffsflächen werden gesucht, Mauern werden hochgezogen, und es herrscht Krieg. Das ist sehr ernüchternd.
Wovor haben Sie mit Blick auf die Gesellschaft aktuell am meisten Angst? Vor dem Auseinanderleben. In Zeiten, in denen globale Krisen herrschen, ist es eine bittere Erkenntnis, dass man sich mehr und mehr isoliert und wieder klein denkt. Wissend, dass man diese großen Krisen eigentlich nur gemeinschaftlich bewältigen kann. Da liegt wieder der Instinkt des Menschen zugrunde, sich erst mal abzukapseln und die Schuld beim anderen zu suchen. Das ist der perfekte Nährboden für Populisten und Nationalisten, um ihr Gift zu versprühen. Es sind keine leichten Zeiten. Ich habe aber allein schon durch meine Rolle als Vater die Verpflichtung, die Hoffnung nicht zu verlieren und nicht in Depression und Bitterkeit zu verfallen. Ja, wir befinden uns gerade in einer Talsohle, aber es kommen auch wieder bessere Zeiten. Daran muss und will ich glauben.
Wie bleiben Sie in solchen Zeiten hoffnungsvoll? Indem ich mich an den kleinen Dingen erfreue. Wir verbringen als Familie gerade viel Zeit in Spanien und lernen dort neue Menschen kennen. Ich liebe es, neue Einblicke in unterschiedliche Kulturen zu bekommen und mich mit den Leuten über ihre Ansichten, Ängste und Wünsche auszutauschen. Das verbindet und gibt Kraft. Es hilft einfach, über den Tellerrand zu schauen.
Spielt es sich mit dem Gedanken an all die Krisen als Schauspieler aktuell schwerer? Ja. Aber es hilft gleichzeitig auch, damit umzugehen. Bei „Im Westen nichts Neues“ hat es mich motiviert, an etwas zu arbeiten, an dessen Botschaft man glaubt und dessen Quintessenz für die Gesellschaft auch aktuell von großer Bedeutung ist. Und natürlich ist es am Ende des Tages nur ein ganz kleiner Beitrag, ein Film, die Arbeit eines Schauspielers, aber trotzdem ist es richtig und wichtig, seine Stimme zu nutzen, um solche Geschichten zu erzählen.
Spielt es sich mit dem Gedanken an all die Krisen als Schauspieler aktuell schwerer? Ja. Aber es hilft gleichzeitig auch, damit umzugehen. Bei „Im Westen nichts Neues“ hat es mich motiviert, an etwas zu arbeiten, an dessen Botschaft man glaubt und dessen Quintessenz für die Gesellschaft auch aktuell von großer Bedeutung ist. Und natürlich ist es am Ende des Tages nur ein ganz kleiner Beitrag, ein Film, die Arbeit eines Schauspielers, aber trotzdem ist es richtig und wichtig, seine Stimme zu nutzen, um solche Geschichten zu erzählen.
Muss der Film in solchen Zeiten auch pädagogisches Mittel werden? Oder ist das der Anfang vom Ende der Kunst? Er darf es. Ich würde mir sehr wünschen, dass „Im Westen nichts Neues“ als Unterrichtsstoff an die Schulen kommt. Wir müssen den jungen Menschen klar machen, dass Krieg nicht cool ist. Er ist kein spannendes Abenteuer und hat auch nichts Glorreiches an sich. Und diese Botschaft wird im Film sehr deutlich.
Sehen Sie sich als Schauspieler eher als Dienstleister oder als Künstler? Beides. Ich versuche seit Beginn meiner Karriere, mein Spektrum nicht einzuschränken und für alle Genres offen zu bleiben. Einige Geschichten gehen tiefer und sind im künstlerischen Sinne anspruchsvoller, andere sind leichter und erreichen mehr Menschen. Solange die Kernbotschaft dahinter stimmt, mache ich beides gern und mit Leidenschaft.
Sie waren bei „Im Westen nichts Neues“ nicht nur als Schauspieler, sondern auch als Co-Produzent tätig. Inwiefern hat das Ihre Arbeit verändert? Der Film bedeutet mir dadurch noch mehr. „Im Westen nichts Neues“ war mit Abstand unser größtes und ambitioniertestes Projekt bei Amusement Park Film. Ich bin dieser Firma vor ein paar Jahren beigetreten, um meinen Einfluss zu erweitern und meine Liebe zum Film noch mal anders auszuleben. Als Regisseur oder Produzent hat man natürlich ganz andere Möglichkeiten, Dinge nach vorne zu treiben und Stoffe umzusetzen, die einem wichtig sind.
Wie gehen Sie damit um, als Schauspieler permanent von der Gunst anderer abhängig zu sein? Es ist nicht einfach. Dieser Beruf ist immer unvorhersehbar, und man weiß nie, ob man eine interessante Rolle angeboten bekommt oder nicht. Und wenn man sie dann bekommt, kann man sich je nach Team, Regisseur und Produzent mehr oder weniger einbringen. Das ist nicht immer leicht, gerade wenn der Film dann doch in eine andere Richtung geht, als man es sich selbst gewünscht hätte.
Deshalb auch das Regiedebüt mit „Nebenan“ im letzten Jahr? Genau. Es ist auch mal schön, der Kapitän zu sein, der am Steuer sitzt und für die gesamte Reise die Verantwortung übernimmt.
Sie sagten in einem Interview: „Gute Bücher sind rar.“ Wird es in unserer gesättigten Film- und Serienwelt immer schwieriger, gute Geschichten zu schaffen? Das Problem ist, dass schon so viele gute Geschichten erzählt wurden. Man läuft Gefahr, sich zu wiederholen. Einen neuen Ansatz zu finden, ist heute schwierig. Bedient man eine Formel, so muss man in ihr trotzdem überraschen. Und wenn es gelingt, sich ganz von diesem Korsett zu befreien, dann wird die Herausforderung umso spannender. Deshalb freue ich mich immer, wenn ein besonderes Buch auf dem Schreibtisch landet.
Wie gehen Sie als Schauspieler damit um, dass Filme und Serien immer mehr zur Nebenbeschäftigung werden? Es ist schade zu wissen, wie abgelenkt die Menschen sind, wie selten sie ins Kino gehen und wie wenig Zeit sie in den Filmgenuss investieren. Aus diesem Grund müssen wir noch genauer überlegen, was wir wie erzählen.
Man hat das Gefühl, es herrscht ein ständiger Kampf um die Zeit der Zuschauer … Man muss das als Schauspieler ausblenden. Das wäre ja der Horror, wenn man bei der Arbeit daran denken müsste, in den ersten Minuten ein riesiges Feuerwerk zünden zu müssen oder ganz viel und schnell zu quasseln, um den Zuschauer bei der Stange zu halten. (lacht) Stattdessen muss man an die Stärke des Stoffs glauben und sein Bestes geben, damit dieser auch aufgeht. Bei „Im Westen nichts Neues“, der ja als episches Kinoerlebnis angelegt wurde, setzen wir auch auf ein Tempo, das nicht den heutigen Sehgewohnheiten entspricht. Wir lassen Momente ohne schnelle Schnitte wirken. Wenn eine Geschichte Kraft hat, muss man daran festhalten und auf diese Kraft setzen. Und den Mut auf bringen, sie in der Ruhe zu erzählen, der es bedarf.
Ertappen Sie sich auch manchmal privat dabei, Serien und Filmen nicht mehr die Aufmerksamkeit zu schenken wie früher? Nein. Wenn ich etwas anschaue, dann schaue ich es richtig an. Ich habe es auch noch nie ertragen, nach Filmbeginn ins Kino zu kommen. Aber natürlich hat man immer weniger Zeit dafür, Filme in Ruhe zu genießen. Gerade bin ich Teil einer Online-Jury und genieße es sehr, die Filme von vorne bis hinten an zuschauen und mich mit den Geschichten tiefer auseinander zusetzen.
Sie sind seit knapp 30 Jahren im Business. Wie schafft man es, seine Leidenschaft für den Beruf zu erhalten? Ich habe es immer als Privileg empfunden, mit dem, was mich erfüllt, meinen Lebensunterhalt zu verdienen. Ich bin jetzt 44 und habe mit 15 meinen ersten Film gedreht. Dass ich überhaupt noch dabei bin und spielen darf, ist ein großes Glück.
Gibt es Produktionen, die Sie eher fürs Herz, die Reputation oder den Geldbeutel annehmen? Auf jeden Fall. Rein fürs Geld mache ich nichts, das kann ich nicht mit mir vereinbaren. Ich habe in der Vergangenheit schon ein paar Projekte abgesagt, bei denen die Gage ordentlich gewesen wäre. Wenn man dann Nein sagt und auflegt, muss man erst mal kurz durchatmen, danach aber habe ich nie wieder an diese Projekte gedacht. Auf der anderen Seite gab es künstlerisch inspirierende Angebote, bei denen man vielleicht bereut hat, nicht dabei gewesen zu sein. Oder andersherum: dass man nach einer Zusage während der Dreharbeiten merkt, dass die Vision des Regisseurs oder der Produzenten nicht mit der eigenen übereinstimmt. Aber genau diese Unvorhersehbarkeit macht den Beruf auch so spannend. Die Rollenauswahl ist wie ein Roulette- oder Lottospiel.
Und wann hat man das richtige Los gezogen? Ich persönlich achte sehr auf das Endergebnis, also den Film an sich. Mir ist das Resultat einfach wichtig. Wenn der Film gut geworden ist, erinnere ich mich später im Leben auch gerne an die Drehzeit zurück. Ich werde heute noch auf „Good Bye, Lenin!“, „Die fetten Jahre sind vorbei“, „Inglourious Basterds“ oder „Rush“ angesprochen, und diese Projekte liegen teilweise wirklich schon lange zurück. Trotzdem bin ich nach wie vor unglaublich stolz darauf, und darüber zu sprechen, macht mich sehr glücklich.
Welche Rolle spielt Geld in Ihrem Leben? Na ja, ich bin froh, dass ich welches habe. Es ist natürlich immer leicht gesagt, dass es nicht nur aufs Geld an kommt. Aber es ist zum Glück nicht meine größte Motivation. So bin ich nicht erzogen worden, und das ändert sich auch nicht mehr. Die Gier nach mehr hat mich noch nie angetrieben. Und trotzdem weiß ich natürlich, dass ich wahnsinniges Glück hatte.
Die Schauspielbranche ist aktuell gesättigt. Wie schafft man es, Regisseure und Produzenten für sich zu begeistern? Eine Fähigkeit, die häufig unterschätzt wird, ist, Nein sagen zu können. Auch wenn es gerade läuft, darf man nicht zu viel machen. Man muss immer spannend bleiben. Und das ist heutzutage gerade durch die sozialen Medien gar nicht so einfach. Ich habe mich vor einigen Jahren überreden lassen, Instagram zu nutzen. Ich habe verstanden, dass man die Leute über andere Kanäle erreichen muss, man muss etwas von sich preisgeben. Aber auch nicht zu viel, sonst geht das Geheimnis um die eigene Person flöten.
Ist das auch Ihr Tipp an jüngere Kollegen, die mit Social Media aufgewachsen sind? Nicht zu viel von sich preiszugeben? Ich wollte Schauspieler werden, weil ich Geschichten erzählen will. Ich will die Menschen damit erreichen, sie neugierig machen, zum Nachdenken anregen, berühren oder abstoßen. Der Beruf des Schauspielers wird nach wie vor häufig aus den falschen Beweggründen gewählt. Wegen des Glamours oder des Ruhms. Wenn das der Grund ist, sollte man es lassen. Es gibt heutzutage ja viele andere Wege, um auf dem roten Teppich zu stehen.
Man sollte es lassen, weil es dem Beruf nicht gerecht wird? Weil so viel mehr dazugehört. Als Schauspieler muss man dickhäutig sein. Man wird permanent beurteilt und lebt in ständiger Unsicherheit, weil man nie weiß, was da noch kommen wird, man lebt in einer Abhängigkeit. Das ist nicht ohne, dafür muss man gewappnet sein. Man muss als Schauspieler dazu in der Lage sein, bei den äußeren Stimmen den Pegel runterzudrehen, um sich selbst noch zu hören. Man braucht definitiv ein dickes Fell, das ist ein psychisch anstrengender Job, darüber muss man sich im Klaren sein.
Für viele ist Schauspiel mit Nacktheit verbunden und mit der Bereitschaft, eigene Wahrheiten und Gefühle preiszugeben. Ist das Spielen vor der Kamera auch immer eine Art Therapie? Viele Kollegen beschreiben es so. Natürlich muss man bereit sein, emotional aufzumachen, und sich immer wieder an sein Innerstes rantasten. Bei diesem ganzen Umgang mit sich selbst und der Aufmerksamkeit, die man als Schauspieler genießt, muss man allerdings auch aufpassen, offen zu bleiben, neugierig zu sein und zu - zuhören. Schauspieler, die nur von sich erzählen, sind sehr anstrengend. (lacht)
Gibt es Rollen, von denen man eine Art Entzugsphase braucht oder bei denen man Angst hat, dass sie einen nachhaltig verändern? Natürlich beschäftigen mich intensivere Rollen auch häufig noch nach der Drehzeit, hallen nach, färben ab. Im besten Fall hat man etwas fürs Leben mitgenommen und schaut anders auf bestimmte Dinge. Man taucht in so viele Gefühlswelten und Lebensrealitäten ein, mit denen man sonst nie in Berührung gekommen wäre. Das ist ja das Aufregendste an meinem Beruf.
Sie sind zweisprachig aufgewachsen und sprechen vier Sprachen fließend. Ein Pluspunkt beim Schauspiel? Ich bin meinen Eltern heute noch sehr dankbar, dass sie mir die Chance boten, mit verschiedenen Kulturen und Sprachen in Berührung zu kommen. Das ist eine totale Bereicherung, die den Kopf und die Augen öffnet. Jede Sprache hat ihre individuelle Stärke. Und es gibt immer Emotionen, die man in der einen Sprache besser ausdrücken kann als in der anderen.
Inwiefern hilft Ihnen dieses Sprachgefühl am Set? Eigentlich kam meine gesamte Karriere durch Sprache ins Rollen. Ich habe mit acht Jahren meine ersten Hörspiele im Radio eingesprochen und war folglich lange nur auf die Stimme reduziert. Bis heute ist das oft der erste Schritt, um mich einer Rolle zu nähern. Ich versuche, mir bewusst zu werden, wie jemand sprechen würde. In welcher Sprache, mit welchem Akzent, mit was für einem Tonfall und Tempo? Wenn ich das dann für mich gefunden habe, macht es klick, und ich weiß, dass ich der Figur ein großes Stück nähergekommen bin.
Werden Sie beim Sprechen der unterschiedlichen Sprachen zu einer anderen Version von sich selbst? Ich selbst bekomme das immer gar nicht so mit, aber mein Umfeld bestätigt das. Wenn man eine andere Sprache spricht, verändert sich automatisch auch die Persönlichkeit, die Haltung und die Körpersprache. Im Spanischen klingt meine Stimme laut meinen Freunden zum Beispiel viel tiefer und maskuliner. (lacht)
Sie sagten in einem Interview, dass es in der Natur des Schauspielers liegt, etwas narzisstisch zu sein. Welche Rolle spielt die Optik in Ihrem Leben? Narzissmus ist ein weites Feld. Häufig vereinnahmt einen der Beruf des Schauspielers so, dass man nicht mehr sieht, dass es da draußen noch andere wichtige Dinge gibt. Da muss man aufpassen, dass man den Bezug zur Außenwelt nicht verliert. Im Alter sollte man auf sich achten, das ist auch wichtig für den Kopf. Ansonsten sieht man eben so aus, wie man aussieht. Mit meinen 1,78 Meter werde ich wohl nicht die erste Wahl für die Rolle eines Basketballers oder eines Türstehers sein. Das ist so, und das kann ich nicht ändern.
Sind Hauptrollen eigentlich immer attraktiver als Nebenrollen? In letzter Zeit habe ich tatsächlich auch einige Nebenrollen angenommen. Man kommt in ein Alter, wo es auch nicht immer die Hauptrolle sein muss. (lacht) Die Prioritäten verschieben sich. Das Zitat: „Es gibt keine kleinen Rollen, nur kleine Schauspieler“, ist vollkommen zutreffend. Zudem hat man mehr Freiraum für sich selbst und die Familie. Nach den letzten Monaten freue ich mich jetzt aber auch wieder auf spannende Hauptrollen.
Man hat das Gefühl, dass die Filmbranche in den südlichen Ländern viel mehr gefeiert wird als in Deutschland. Fehlt Ihnen manchmal dieser Enthusiasmus? Wir Deutschen sind leider nicht wirklich dafür bekannt, uns überschwänglich füreinander zu freuen. Ein bisschen mehr Euphorie und Feierlichkeit würde der Branche mit Sicherheit guttun. Ich komme gerade von einem Projekt aus Boston, und da konnte man am Set solch eine Herzlichkeit und Energie spüren, das ist unglaublich ansteckend. Trotzdem liebe ich Berlin und arbeite nach wie vor sehr gerne in Deutschland, weil wir hier fantastische Leute haben. Ich habe auch meiner Karriere in Deutschland meine ganzen Rollen im Ausland zu verdanken. Mein Ziel ist es, aus Deutschland heraus spannende Geschichten zu erzählen und tolle Filme zu machen, die auch international eine Strahlkraft haben.
Wann sind Sie mit einem Film so richtig zufrieden? Wenn Kritiker ihn loben, Fans die Kinos stürmen oder gibt es ganz persönliche Parameter? Ich bin sehr selbstkritisch. Das heißt, in erster Linie muss ich mit dem Ergebnis glücklich sein. Wenn ich das nicht bin, können die Kritiker tolle Dinge schreiben und die Fans in die Kinos stürmen, und ich habe trotzdem schlechte Laune. Wenn ich allerdings einen Film toll finde und alle anderen nicht, ist das auch nervig. Meine schärfste Kritikerin war und bleibt meine Mutter. Da merke ich auch immer schon direkt am Tonfall, ob sie einen Film wirklich gut findet oder nur so tut. Ich lese mir auch nur noch selten Kritiken durch; außer ich erkenne direkt an der Überschrift, dass sie positiv sind. Negative Kritiken habe ich für den Rest meines Lebens genug gelesen, das bringt mir nichts mehr.
Sind denn immer die guten Filme erfolgreich? Oder gab es Filme, über deren Erfolg Sie sich gewundert haben? Es sind leider auch sehr oft die nicht so tollen Filme, die erfolgreich sind. Aber mittlerweile stört mich das nicht mehr. Solange es nicht irgendwas total Verwerfliches oder Geschmackloses ist, dann ist das doch o. k., wenn es den Leuten gefällt, ich will kein Geschmackspolizist sein. Man sollte dann auch nicht so rumjammern, sondern sich der Herausforderung stellen, die Leute mit etwas Gutem zu erreichen, egal wie schwer das geworden ist.
Und wenn ein Film supererfolgreich wird, für den Sie zuvor eine Rolle abgelehnt haben? Dann freue ich mich auch. Für die ganze Branche. Und vor allem wenn Kollegen oder sogar Freunde mitspielen. Albrecht Schuch zum Beispiel, was der gerade zeigt in all den Filmen, ist so beeindruckend! Oder Felix Kammerer in seiner ersten großen Rolle in „Im Westen nichts Neues“, das haut einen um. Ich muss nur aufpassen, dass ich im Kontakt zu den jüngeren Kollegen nicht schon was zu Väterliches bekomme. (lacht)
Also kein Neid? Überhaupt nicht. Ich finde, wir sollten uns generell von diesem ätzenden Neid befreien, das bringt einen ja nie weiter. Man darf nicht in diese Bitterkeit verfallen, wenn ein eigenes Projekt nicht so aufgegangen ist. Niederlagen gehören dazu. So viel Altersweisheit habe ich mittlerweile erlangt.
Welche Dinge beschäftigen Sie, wenn Sie nicht drehen? Ich bin und werde kein Rafael Nadal, aber ich lasse mit dem Tennis nicht locker. Auf dem Platz wird man dazu gezwungen, nur über den nächsten Ball nachzudenken. Da hat das permanente Dauerrauschen, was sonst im Kopf herrscht, kurz Pause. Neben Kultur und Musik halten mich natürlich auch meine Kinder auf Trab, in jeder Beziehung! Und ich liebe Tapas.
Stimmt. Seit November 2021 sind Sie Botschafter des Welternährungsprogramms der Vereinten Nationen (WFP). Wie hat Sie diese Aufgabe verändert? Die Klimakrise ist kein Blick in die Zukunft mehr, sondern eine tägliche Realität für Millionen Menschen auf der ganzen Welt. Sie verschärft bereits existierende globale Probleme wie Konflikte und die dramatischen Auswirkungen der Pandemie. Ich glaube, es ist unsere gemeinsame Verantwortung, uns für eine Welt ohne Hunger einzusetzen. Ich möchte meinen Teil dazu beitragen und WFP als Botschafter in diesem Kampf unterstützen.
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mrvampirerock · 4 months
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Shawn wurde 1786 als Joaquin Murrieta während des mexikanischen Unabhängigkeitskrieges geboren. 1821 ging die 300jährige Herrschaft Spaniens über Mexiko zu Ende. Er und sein Bruder Felipe mussten schon früh ohne Eltern klar kommen. Sie hatten ihre Eltern in diesem Krieg verloren. Die Brüder waren Diebe. Haben sich mit Diebstählen und diversen Raubzügen über Wasser gehalten. Sie wurden erwischt. Felipe auf der Flucht angeschossen. Er rettete Shawn das Leben und sagte, er solle abhauen. Nach Diskussionen tat er es... sein Bruder wurde erschossen und von dem damaligen Capitan geköpft. Der Capitan hatte Köpfe gesammelt. Während seiner Trauer traf Shawn auf Elena de la Vega... sie wollte ihn als Gefährten ... und verwandelte ihn 1822 ohne Shawn wählen zu lassen. Sie wurden ein Liebespaar, wurden Eltern von zwei Söhnen, doch Elena benutze ihn nur für ihr Vergnügen. Sie genoss es, ihn manipulieren und steuern zu können, wann immer sie es wollte. Shawn war ihre ganz persönliche Marionette. Er war ihr hörig und nicht in der Lage sich dem zu entziehen. Erst als Elena ihn verließ, mit einem anderen Gefährten samt der gemeinsamen Kinder verschwand, begann sich diese Verbindung zu lösen. Shawn litt unter diesem Entzug Höllenqualen, da ihr Blut sich mit in seinem Körper befand. Unter diesem Entzug bekam er Wahnvorstellungen und begann ein regelrechtes Massaker anzurichten. Dadurch wurde Baptiste Durand - ein Urvampir und Wächter im Dienste der Vatikanstadt Rom - auf Shawn aufmerksam. Der Franzose war direkt von Shawn fasziniert. Baptiste hatte den Befehl aus Rom ihn zu töten, doch er wollte den Jungvampir heilen, verstehen und studieren. Baptiste war erfolgreich und Shawn lernte viel von ihm. Seitdem haben die Zwei eine Art Vater-Sohn-Beziehung zueinander.
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Shawn bettete sich viele Jahre in seiner Gruft zur Ruhe. Nach dem Verlust seiner Söhne und der gescheiterten Beziehung mit Elena wollte er nur noch seinen Frieden. Doch die Klänge der Rockmusik seiner späteren Bandmitglieder weckten ihn auf. Shawn verließ seine Gruft und suchte seine Bandmitglieder auf um diese zu verwandeln und die Rockband TDS - The Damned Souls zu gründen. Seit vielen Jahren sind sie sehr erfolgreich auf der Welt unterwegs. Shawn traf auf einer Tour Centime in Paris. Sofort erwischte es ihn so intensiv als er sie sah, dass er es nicht wahrhaben wollte. Centime und Shawn waren anfänglich unfreundlich zueinander und auf Abstand. Sie gingen sogar getrennte Wege bis sie sich der Macht dieser Verbundenheit zueinander nicht mehr entziehen konnten. Zwischen den Beiden kam es zu einer leidenschaftlichen Liebesbeziehung, die an Intensität nicht zu übertreffen war.
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Centime und Shawn hatten direkt am Anfang ihrer Beziehung mit vielen Hürden und Herausforderungen zu kämpfen. Jeder Einzelnen stellten sie sich, wurden stärker miteinander und ihre Liebe wuchs daran.
Shawn und Centime [ @pxecedm ] sind seit dem 07. August 2023 verheiratet und haben 3 gemeinsame Kinder.
El amor de mi vida ❤️🖤❤️‍🔥 @pxecedm
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Merveille 🩷 geboren 16. April
Jenaro Philippe 💙 geboren 4. Dezember
Javiero Maxence 🩵 geboren 4. Dezember
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Endlich mal mit einer Person aus einem Seminar geredet, die mir schon ne Weile sympathisch war, und etwas über gemeinsame Interessen gequatscht:
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Das Wissen dass ich es wahrscheinlich doch nicht auf die Reihe kriege mich mit dieser Person über das Seminar hinaus wirklich anzufreunden, und nach dem Ende des Semesters dann wahrscheinlich eh nicht mehr sehen werde:
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bernhard-schipper · 2 months
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'Decolonize - Die Ravensteiner Gurke' Digital Collage, 375 x 375 mm, 2024 Fine Art Pigment Print under Acrylic Glass, Black Aluminium Art Box
Die Ravensteiner Gurke
Hutzenstuben, Trutzburgen, oder Oh-Oh-Oh (doch kein) Osterreiter
Die hölzernen - manieristisch - druckgeschwärzten - expressiv - gotischen Schnitte des tausendjährigen Bautzens von Rudolf Warnecke erfreuen sich quer durch alle bildungsverbrämten Gruppen jeglicher politischer Couleur immer noch großer Beliebtheit und sind in vielen Haushalten, die ich in der Oberlausitz kenne, noch im Original zu finden. Die Buchhandlungen sind voll dieser Trutzburgen-Heimelei, welche den wohligen Schauer dunkler Zeiten der zweimal abgefeierten (1933 und 2002) tausendjährigen Geschichte als Souvenir mit den TouristInnen den Weg nach Hause finden - nachdem die Kurzweilenden der indizierten T-Shirt Freakshow auf dem Kornmarkt überdrüssig geworden sind.
Ich bin mit diesen altertümlichen Bildern meiner Geburtsstadt aufgewachsen und empfand immer ein gewisses Unbehagen beim Anblick dieser schon zu der Zeit ihrer Entstehung aus der Zeit gefallenen Darstellungen dieser Stadt. Gewiss sind einige dieser Holzschnitte ikonisch in der Darstellung der Stadt und ich möchte dem Schöpfer nicht das Handwerk als Holzschneider absprechen. Aber es fehlt mir an kritischer Einordnung und Reflektion aller AkteurInnen in der Oberlausitzer Kulturlandschaft zu einem Künstler und seinem Werk, der noch 1942 in der ‚Großen Deutschen Kunstausstellung‘ mit der Arbeit ‚Stillende Mutter‘ vertreten war. Dann 1943 ein Titelbild für die Zeitschrift ‚Deutsche Leibeszucht‘. Anzumerken ist, dass der Künstler wegen seiner Weigerung, in die NSDAP einzutreten, gegen Ende des Krieges seine Anstellung als Ausstellungsleiter am Stadtmuseum Bautzen verlor und zum Heeresdienst eingezogen wurde. Soweit so normal: Ein Karriereknick reichte bei vielen nach dem Krieg als Beleg für den Widerstand gegen das Naziregime.
Der zugegeben härteste Triggerpunkt für mich war, als Anfang diesen Jahres in Görlitz eine kleine Ausstellung gezeigt wurde, die den Künstler in eine Reihe mit Alwin Brandes, Hanka Krawcec, Johannes Wüsten, Paul Sinkwitz und Rosa Luxemburg stellte. Das expressiv erstarrte, alle Stadtbrände überdauernde Hexenhaus, als das Symbolbild eines tausendjährigen Bautzen neben einer Abbildung aus dem Herbarium von Rosa Luxemburg schmerzt dann doch sehr. Der Diskurs darüber blieb aus oder drang nicht durch ins oberste Stübchen meines gläsernen Elfenbeinturms im fernen Leipzig.
Vor einigen Wochen fand ich eine Ansichtskarte, welche für das ‚Fest der Lausitz‘ 1935 gestaltet wurde und 1941 immer noch im Umlauf war - wie die Stempel auf mehreren erhaltenen Exemplaren belegen. Der schwarze ‚Ritter‘ auf seinem schwarzen Hengst vor dem brennenden Bautzen. Ist es eine Szene aus dem Dreißigjährigen Krieg, als die kurfürstlichen Sachsen (das Wappen auf dem Schild lässt es vermuten) die Stadt belagerten? In der Folge dieser kriegerischen Auseinandersetzungen wurde das böhmische Bautzen samt dem Markgraftum Oberlausitz 1635 den Sachsen zugeschlagen. Die Perspektive, dreihundert Jahre später, ist eine großdeutsche und Rudolf Warnecke weiß den gewünschten Ton des Regimes zu treffen, welches die geplante Kolonisierung der ‚Ostgebiete‘ mit Ereignissen wie dem ‘Fest der Lausitz’ historisch begründen will. Ab 1937 wurde sorbisches Leben systematisch unterdrückt.
In einer Region, die 79 Jahre nach Kriegsende regelmäßig in der Presse wegen rechter Verhaltensauffälligkeiten gewürdigt wird und sich darüber jedes Mal ungerecht behandelt fühlt, ist der Künstler immer noch im kulturellen Mainstream verankert. Ich empfinde diese Trutzburgen-Kreuzritter-Ästhetik als zutiefst Slawen-feindlich und nicht im geringsten die Ursprünge dieser zweisprachigen Region und Heimat einer autochthonen Bevölkerungsgruppe widerspiegelnd. Die - hoffentlich nicht - kommende blau-schwarze Regierung frohlockt ob dieser braunäugigen Sehschwäche. Regelmäßig erscheinen vor meinem inneren Auge rotierende Rundumleuchten, wenn dieser Tage der Künstler und sein Werk aufploppen. Das ist nicht zwingenderweise der Aufruf zum Bildersturm, sondern lediglich eine Aufmunterung, mal eine andere und ich betone, nicht-identitäre Perspektive einzunehmen.
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skyetenshi · 7 months
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Mein Bruder hat mir zum Geburtstag Der Ruf der Krähen geschenkt und das lesen wir jetzt. [Mit wir meine ich mich und meine unprofessionellen Rezensionsfähigkeiten.] Let's go?
Spoiler?
7 Uhr morgens und Peter denkt sich es ist Zeit zum Joggen. Im Palisades Park [Unrelatablester Charakter ever! Bah! Allein die Vorstellung vor zweistelligen aufzustehen, um dann nicht mal zur Arbeit zu gehen sondern freiwillig zu joggen! Ihh.]
Na dann wollen wir Mal mit Peter joggen gehen. Der Boden ist nass, die Luft ist klamm, könnte für Peter nicht besser sein. Er überlegte seinen Detektivjob an den Nagel zu hängen, um Dichter zu werden. Da wirst wahrscheinlich ähnlich bezahlt.
Und schon kommen die namens gebenden Vögel, die Peter nur fast angreifen aber ziemlich gestresst wirken. Ich bin enttäuscht, wenn am Ende des Buches nicht unsere fandomeigene Disney-Prinzessin auf du und du mit den Krähen ist. Die fehlen ihm noch in seiner Sammlung.
Peter hat gerade versucht Jeffrey zu erreichen (um halb 8 Uhr morgens. Was ist das für ein Freund?) und ich hoffe dass bedeutet dass der auch noch im Buch vorkommt - Spoiler tut er nicht.)
Ein Mann Mr Dust wird von den Krähen angegriffen und Peter vertreibt die Krähen, in dem er sie fragt, ob sie denn wahnsinnig geworden sind. Ja wirklich. [Peter kann mit Tieren reden, ich bin mir ganz sicher.]
Wisst ihr eigentlich was noch im Palisades Park passiert ist? Panik im Park. Hunde, die von Menschen dazu gebracht wurden anzugreifen. Mhm.
Zwischen Peter und Jeffrey krieselt es ein bisschen, weil Peter Jeffrey ständig versetzt aber Peter nimmt sich vor vorsichtiger zu sein. Wenn Jeffrey bisher her nicht verstanden hat, dass Termine mit Peter nur dann klappen, wenn man ihn persönlich entführt, dann weiß ich auch nicht. Ist er ein bisschen selbst schuld. Er sollte einfach Peter einpacken, dann ab auf die Rainbow und aufs offene Meer. Soll Justus mal sehen wie er seinen ersten Handlanger wieder an Land bekommt.
Die drei Detektive neben den sehr spannenden Fall, um eine verlorene (fast gänzlich leere) Brieftasche auf und wie üblich ist es die heißeste Hitzewelle die Rocky beach je hatte. [ Das ist so ein wiederkehrendes Thema. Das hab ich schon ein paar Mal gehört. Immer ist es heißer als beim letzten Mal.]
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Ach, Justus sagt das so als würde er nicht die Regierung erpressen und längst als Staatsverräter gelten. Aber bei der feinen englischen Art hat er recht. Davon verstehen sie nicht viel.
Alle Fragen, die die Jungs hatten, haben sich geklärt und sie haben keinen neuen Fall. Justus wird das so akzeptieren, richtig?
Peter-baby wird von Jeffrey versetzt, weil der angeblich seine Oma zum Arzt begleiten muss. Peter hält Jeffrey für eine petty bitch, die sich gerade an ihm rächen will. Was durchaus möglich und verständlich wäre, aber es ist auch immer noch die heißeste Hitzewelleseit immer und vielleicht ist die alte Dame nicht mehr ganz so fähig den Temperaturen zu trotzen.
Telefon klingelt.
Uhh, die neue Klientin möchte Justus Manieren und Etikette bei bringen. Da hat sie auf jeden Fälle eine große Aufgabe vor sich .
Unsere Boys gehen also zu der Klientin und die sagt folgendes
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Ich hab extra noch Mal zurück geblättert und das was sie als förmliche Anrede ansieht, war "junger Mann" und die 2-3 mal in den sie Justus gesiezt hat. Die hat kein Hallo und kein Tschüss gesagt will aber Manieren und Etikette vermitteln. Is klar.
Okay, Vögel, die miteinander kommunizieren und möglicherweise im Krieg eingesetzt werden sollen und Agenten und Doppelagenten. Jor ich bin dabei. Das klingt nach einem ganz normalen Fall.
Das Ding ist ja, ich weiß das Krähen miteinander kommunizieren, sagen wo es was zu fressen gibt und sich vor bestimmten Sachen und Personen warnen und sogar ihren Art genossen etwas vorspielen, wenn sie beim Verstecken ihres Futters beobachtet werden. Aber wie genau sollen die Vögel für Spionage eingesetzt werden? Ich bezweifle, dass sie die nötigen Worte in ihrem Krächzen für Spionage und Co haben. Und wenn das wiederrum der Fall ist, könnte man auch eifnach einer Breiftaube eine Nachricht ans Bein binden.
Ich muss ja sagen, ich mag die energische Klientin, die Justus auch einfach unterbricht und das Ruder selbst in die Hand nimmt. Immerhin ist sie in ihrem Eifer wenigstens so clever, dass sie eine plausible Erklärung dafür findet, warum sie mit den drei Jungen ins Haus des... "Verdächtigen" Mr Dust geht. Diese Undercovernummer von "Verwande dritten grades, Freunde der Familie, man kenn sich über ein paar ecken" haut auch ziemlich gut hin. Für ein Kapitel. Ein sehr kurzes Kapitel. Ein Kapitel mit drei Seiten. Oooookay. Es kommt übrigens nicht aus einem guten Grund raus, sondern weil die Klientin es selbst verrät... sagte ich, ich mochte sie? Naja.
Ich muss auch gestehen wenn nicht bald jemand die Verbindung zwischen Die Vögel von Hitchcock und den Vogelangriff der Krähen zieht bin ich menschlich enttäuscht von André Minninger.
Was die beiden Forscher uns hier erzählen wirkt doch sehr unglaubwürdig und kaum sind unsere Jungs wieder in der Zentrale äußert Justus auch seine Bedenken zu den ganzen Zufällen und spricht mir aus der Seele. Danke, Justus. Aber ganz so einfach kann es dann doch nicht sein, dafür sind noch zu viele Seiten übrig.
Ich fühle mich an Die Karten des Todes erinnert, ebenfalls ein Fall von André Minninger. Zufällig trifft Peter Mr Dust, der von Krähen im Palisades Park attakiert wird und rettet ihm natürlich das Leben, Dust verliert sogar noch seine Brieftasche, sodass Peter nun auch zufällig seine Identität kennt. Die drei Jungen bringen ihm die Brieftasche zurück, der Mann fragt, ob Peters Namen in einem Zeitungsbericht über den Vorfall erwähnt werden darf und kaum haben wir uns darauf eingestellt, dass es kein Fall gibt ruft eine Nachbarin von dem Mann an, um die drei zu engagieren. Dabei verrät sie aber kaum um was es geht und auch nur ganz am Ende ihre Adresse. Als die Jungs dann zu ihr kommen, weil sie keine weiteren Details am Telefon besprechen wollte, erfahren sie die gesamte haarsträubende Geschichte und sobald sie den Fall übernommen haben, drängt die Klientin sie in das Haus des Nachbarn (da die Jungs ja ohenhin schon vor Ort sind, was nur der Fall ist, weil die Klientin sie praktisch dazu gezwungen hat.) Im Haus des Nachbarn geht ein Alarm los, die Jungs bekommen ein wenig von der Forschung mit und werden von der Klientin enttarnt, weil dumm, dann wird Mr Dust von seinem Assitenten überredet doch endlich mit der ganzen Geschichte rauszurücken.
Ganz schön wild und viele Zufälle, oder?
Mein Gefühl wird auch dadurch nicht besser, dass wir Tierangriffe im Palisades Park schon mal hatten. Und bei Panik im Park wurden die drei Detektive bloß als willige Zeugen in den Fall mit reingezogen, um sicherzugehen, dass das Ganze an die Öffentlichkeit gelangt. Ich hoffe doch, dass es nicht wieder so ein Fall ist.
Es geht weiter. Anscheinend sind die Krähen jetzt mit den Menschen verfeindet, weil die dabei sind den Krähencode zu knacken. Das ist eine sehr wilde Theorie und meiner Meinung nach, könnte es genau so gut sein, dass die Krähen ihr eigenes aufgenommenes Gekrächze gehört haben und jetzt die beiden Forscher für einen feindlichen Krähenclan halten. Ist es ein Clan bei Krähen...? Ich weiß im Englischen ist es Murder, aber ich bezweifle dass sich das ins Deutsche übertragen lässt. ... okay. Es ist Schwarm. Langweilig.
Übrigens erwähnt Peter endlich den Film Die Vögel. Mein Qi ist beruhigt, mein Zen pendelt sich wieder ein.
Krähen, die komplexe Sachverhalte verstehen und vorausschauend denken können, können jetzt auch in die Zukunft vorhersagen...? Ooookay.
Mrs June, die Klientin, meldet sich und teilt unseren Detektiven mit, dass die Krähensprach endlich entschlüsselt wurde und mitteilen, dass das Ende nah ist und sie bald aufbrechen müssen, um der Apokalypse zu entkommen.
Ein Glück ist Justus der Sache auf der Spur und mit ein paar Verdindungen in die Musik- und Filmbranche schaffen sie es erst Mrs June von den verbrecherrsichen Absichten von Mr Dust zu überzeugen und dann mit ihrer Hilfe Mr Dust hinters Licht zu führen und zu einem Geständnis zu zwingen. (Und Zwingen ist durchaus das richtige Wort hier immerhin lassen sie ihn von einem Scharm trainierter Krähen angreifen.) Im Endeffekt hat Peter dieses mal nicht seine Disney-Prinzessinnen-Aura spielen lassen, aber wenigstens hat er den Filmtiertrainer besorgt, mit dem die Auflösung von Statten ging. Jeffrey wird übrigens erst spät im Buch wieder erwähnt, nämlich in sofern, dass er und Peter sich wieder zusammen gerauft hätten und fest zum surfen verabredet waren... was Peter dann vergisst.
Ich denke, wir müssen nicht darüber reden, dass hier eine Betrügerrei am Werk ist, aber... ich glaube unsere Betrüger haben nicht verstanden, dass die Aussage, Krähen sind sehr intelligent meint, dass sie ähnlich intelligent wie Menschenaffen sind, aber nicht das sie fuckin Orakel sind. Die verstehen wie man mit Werkzeugen um geht, nicht wie man einen Schaltplan ließt und einen Dampfmotor betreibt!
Aber Mrs June ist ja nicht viel besser, weil sie das ganze Zeug glaubt. Yey. Mrs June hat uns schon ganz zu Anfang erklärt, dass Mr Dust kein Geld von ihr zu Unterstützung wollte. Von daher hatte ich die Vermutung, dass er vielleicht einfach das Haus von Mrs June haben wollte.
Und gewissermaßen hatte ich recht, denn wie uns nun Mrs June viel zu spät gesteht ist das Haus von Mr Dust eigentlich auch ihr Haus. Die Künstlerin konnte sich beide Häsuer leistern, dank ein paar Millionen, die sie in dr Lotterie gewonnen hat. Und diese Frau will vollkommen kopflos Mr Dust eine Bankvollmacht ausstellen, damit er ihre Häuser verkaufen kann und sie nach Europa fliehen kann. (warum in Europa die Apokalypse nicht stattfindet, weiß ich nicht, fragt die Krähen) Das ist einfach auf soooooo vielen Leveln dumm, man möchte Mrs June links und rechts eine klatschen.
Der Arme Jeffrey.
Ende.
Die Grundidee mit den intelligenten Krähen hat mir durchausgefallen, aber meiner Meinung nach waren die beiden Forscher zu schnell zu abgedreht und in diesem ganzen Fall gibt es praktisch nur 4 Personen. Mrs June, Mr Dust, der Assistent und die Unbekannte, die das Haus von Mr Dust fotographierte.
die Schuldig-Unschuldig-Verteilung ist 50/50 und eigentlich sogar 2/3, weil man von der Unbekannten bis zuletzt nichts erfährt.
Das einzige Rätsel was sich in der Hinsicht bot, war ob Mrs June mit unter der Decke steht oder das Opfer ist, aber das reißt mich jetzt nicht vom Hocker.
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aschenblumen · 8 months
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Dann plötzlich geschah es. Ein Mann namens Paul Celan (niemand hatte den Name vorher gehört) begann, singend und sehr weltentrückt, seine Gedichte zu sprechen; Ingeborg Bachmann, eine Debütantin, die aus Klagenfurt kam, flüsterte, stockend und heiser, einige Verse (…). Damals, sieben Jahre nach dem Ende des Krieges, entfaltete sich, (…) die junge deutsche Literature der Moderne. *** Entonces, de repente, sucedió. Un hombre llamado Paul Celan (nadie había oído antes ese nombre) empezó, cantarín y muy mundano, a decir sus poemas; Ingeborg Bachmann, una debutante que había llegado de Klagenfurt, susurró, entrecortada y ronca, algunos versos (...). En aquella época, siete años después del final de la guerra, (...) se estaba desplegando la joven literatura alemana contemporánea.
—Walter Jens, «Vierte These» en Deutsche Literatur der Gegenwart.
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kristinhelberg · 10 days
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Israel: Die deutsche Staatsräson ist zuerst dem Grundgesetz verpflichtet
Deutschland unterstützt Israel trotz Völkerrechtsbrüchen bedingungslos. Frieden kann es aber nur durch Druck auf die Regierung Netanjahu geben.
Berliner Zeitung 12.5.2024
Wie in jeder Beziehung geht es in der Diplomatie nicht nur darum, was gesagt wird, sondern auch wie, wo und wie laut. Die eigene Glaubwürdigkeit bemisst sich wiederum daran, ob den Worten bei Nichtbeachtung Taten folgen – die Einberufung von Botschaftern, der Entzug von Unterstützung, Wirtschaftssanktionen oder der Abbruch von Beziehungen.
Im Umgang mit Israel ist die Bundesregierung aus nachvollziehbaren historischen Gründen vorsichtiger als bei anderen Staaten. Aber die Lehren aus dem Holocaust ernst zu nehmen bedeutet auch, sie gegenüber einer israelischen Regierung hochzuhalten, die in Teilen faschistisch argumentiert, offen Völkerrecht bricht und die israelische Demokratie in eine national-religiöse Autokratie umwandeln möchte.
Die deutsche Staatsräson ist zuerst dem Grundgesetz verpflichtet. Wer die darin formulierten Prinzipien – entwickelt aus der Erfahrung des Nationalsozialismus – mit Füßen tritt, kann dabei keine Hilfe erwarten. Diese Erkenntnis mit Blick auf Israel zu vertreten, ist das Gebot der Stunde und gelingt bislang nicht.
Dabei ist das möglich, auch ohne sich dem Verdacht des israelbezogenen Antisemitismus auszusetzen. Unterstützung und Kritik müssten nur klarer benannt und adressiert werden: Deutschland setzt sich ein für die Sicherheit von Juden weltweit, für die Menschen in Israel und für die Existenz Israels als jüdischem und demokratischem Staat. Eine Regierung, die all das gefährdet, kann deshalb kein enger Partner sein.
Das bedeutet: Volle Solidarität mit den Angehörigen der Geiseln und den Demonstranten, die Neuwahlen und ein Ende des Krieges fordern; dazu Unterstützung von Politikern, Wissenschaftlerinnen, Journalisten und zivilgesellschaftlichen Organisationen, die sich für ein gleichberechtigtes Zusammenleben von Israelis und Palästinensern einsetzen und dafür angegriffen, delegitimiert und unterdrückt werden.
Statt hinter verschlossenen Türen mit Ministerpräsident Benjamin Netanjahu über den Hunger in Gaza zu streiten, sollten Außenministerin und Kanzler deutlicher kritisieren und konkrete Schritte ankündigen. Denn bei genauem Hinhören ist die deutsche Haltung gar nicht so unausgewogen, sie wird nur schlecht kommuniziert und noch schlechter umgesetzt.
Die drei deutschen Mantras der letzten Monate lauten: Selbstverteidigung ja, aber bitte im Rahmen des Völkerrechts; Feuerpausen für die Freilassung der Geiseln und mehr humanitäre Hilfe in Gaza; konkrete Schritte für eine Zweistaatenlösung, denn Israelis werden erst sicher sein, wenn Palästinenser in Würde und selbstbestimmt leben können.
Da Mahnen zu nichts führt, müssen Taten folgen. Die Kriegsführung in Gaza entspricht nicht den Regeln des Völkerrechts, sie macht weder die Bewohner Israels noch jüdische Menschen weltweit sicherer. Deshalb sollte die Bundesrepublik Israel keine Kriegswaffen mehr liefern, die in Gaza zum Einsatz kommen könnten.
Für die Rettung der Geiseln und eine bessere Versorgung der Menschen in Gaza braucht es einen dauerhaften Waffenstillstand und die Wiederherstellung der öffentlichen Ordnung mit Hilfe multinationaler Streitkräfte. Und wer es ernst meint mit einem palästinensischen Staat, muss mehr tun, als den illegalen Siedlungsbau zu verurteilen und gewalttätige Siedler zu sanktionieren.
Um palästinensische Bewohner im Westjordanland vor Landraub, Vertreibung und Entrechtung zu schützen, müssten Maßnahmen gegen die politischen Verantwortlichen dieses Unrechtssystems verhängt werden. Klingt nach Moral? Ist aber Interessenpolitik.
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afaimsblog · 10 days
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Der ESC 2024 - Skandale, Sieger und was wir daraus lernen können
Alle Jahre wieder findet der Song Contest statt, und alle Jahre wieder gibt es sinnlose Diskussionen um diese Veranstaltung, ihre Bedeutung, ihre Probleme, und ihre Zukunft. Dieses Jahr war ein besonders unangenehmer weil politisch belasteter Song Contest, nachdem Israel nicht nur teilnahm, sondern auch ins Finale vorstieß und sogar den 5. Platz belegte. Natürlich war das Land schon lange vor den aktuellen Ereignissen angemeldet, doch die Behauptung, dass man den Teilnehmer deswegen nicht mehr ausschließen könnte, wurde erst gestern durch die kurzfristige Disqualifikation der Niederlande nur wenige Stunden vor Beginn des Finales widerlegt. Man sah offenbar nur keinen Grund dafür das mit Israel zu tun.
Was natürlich zu einer angespannten Atmosphäre und Protesten führte. So schlimm wurde nicht einmal Russland nach der Annektion der Krim ausgebuht (die so kurzfristig davor passiert war, dass damals wirklich keiner darauf vorbereitet gewesen war). Die Ukraine war dieses Jahr wieder mit dabei, trotz allem, was in diesen Land vor sich geht, und die Sympathie, die noch vor zwei Jahren für das arme überfallene Land vorgeherrscht hat, hat sich merklich aus dem Voting verabschiedet; überhaupt interessiert sich angesicht der Tatsache, dass sich die Leute in Israel gegenseitig umbringen, offenbar niemand mehr für Russlands Versuche die Ukraine zu erobern und das ukrainische Volk auszurotten. Trotzdem war der Krieg immer allgegenwärtig, doch da politisch aktuelle Kommentare ja nicht erlaubt sind, musste er todgeschwiegen werden. Weniger todgeschwiegen wurde das Skandal rund um die Niederlande, deren Disqualifikation zumindest das niederländische Fernsehen als ungerechtfertig ansieht, während die Tatsache, dass die schwedische Polizei gegen den Kandidaten ermittelt hat für den ESC ausgereicht hat um eine Teilnahme zu untersagen. Dass man vielleicht einfach nicht anderen Leute Gewalt androhen sollte, wäre ein guter Ansatz für die Zukunft aller Kandidaten im Musikbusiness, aber angesichts von allem anderen was los war, dürfte auch diese Tatsache untergangen sein.
Deutschland konnte nach Jahren als Schlusslicht endlich wieder ins Mittelfeld der Finalisten beim Endergebnis vordringen, während Österreich ins Finale kam nur um Vorletzter zu werden und dabei ausgerechnet vom Publikum abgestraft wurde (normalerweise ist es immer die Jury), nur Norwegen ging mit noch schlechtern Ergebnis nach Hause. Die Wettquoten hatten für keinen der beiden Kandidaten so ein Desaster-Ergebnis vorher gesehen, aber die lagen dieses Jahr einfach immer daneben, angefangen vom ersten Semi-Finale an. Auch der Sieg der Schweiz kam letztlich doch eher überraschend für viele Experten.
Die Süddeutsche-Zeitung drehte diesen gleich politisch. Immerhin sei die Schweiz doch der einzige wahrhaft neutrale Teilnehmer (Ähm, entschuldigung?!) und daher sei der Sieg dieses Landes auch eine Art politische Statement. Angesichts von Künstler und Inhalt seines Songs war es das vielleicht auf gewisse Art schon, wenn man so wie die Amis in jedem Sozialkommentar gleich Politik sieht. Zehn Jahre nach Conchita Wurst hat ein non-binärer Kandidat gewonnen, der ein Lied darüber gesunden hat, wie es gelungen ist nach Jahren der Hölle Balance im eigenen Leben zu finden, auch wenn man weder 1 noch 0 ist. Nemo hat offenbar wirklich den undurchschaubaren und sich ständig wechselnden Song Contest-Code geknackt. Was man als Sieg für die die LGBTQ+-Bewegung und von guter Stimme über sinnfreie Bühnenshow ansehen sollte und nicht etwa als Sieg der Neutralität über politische Meinungen.
Bis nächstes Jahr sollte man vor allem darüber nachdenken, ob die Entscheidung Voting vor dem Ende der Final-Auftritte zu erlaubten nicht doch ein Fehler war (immerhin solten ja eigentlich die Leistungen im Finale bewertet werden und nicht die Songs an sich, auch wenn die Fach-Jury genau das nicht tut, sondern stattdessen die Freitag-Probe bewertet). Nächstes Jahr wird es sicher wieder Neuerungen geben, die gut, schlecht, oder beides sein werden, und neue Skandale wird es ebenfalls wieder geben, wenn der Song Contest in der Schweiz stattfindet ... Was für sich genommen irgendwie schon ein seltsamer Gedanke ist.
Und bis dahin werden die Folgen vom diesjährigen Contest noch lange nachwirken und zugleich wie immer überhaupt nicht zu spüren sein. Denn das Seltsame am Song Contest ist ja, dass er sowohl sehr wichtig als auch vollkommen ohne Bedeutung ist. Insofern hatte Nemo absolut recht mit seinem Knacken des Codes: Dinge liegen manchmal irgendwo zwischen den Zahlen und sind oft sehr widersprüchliche Dinge auf einmal, was nirgendwo besser sichtbar ist als bei dieser jährlichen europäischen Veranstaltung, der es noch nie gelungen ist durch Musik zu vereinen, obwohl sie genau das doch wirklich gelungen tut, wenn die ganze Welt einschaltet um Kandidaten aus Europa auf der Bühne siegen zu sehen.
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mune-moonwatcher · 8 months
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Die Farbe Blau
Rockets Erlebnis im Nexus
von KIP SUPERNOVA
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I.
Schon immer habe ich mich gefragt, was ich wohl ihm Nexus erleben würde.
Zur Erklärung: Der Nexus ist ein Energieband, das durch das Universum streift und als Übergang zu einem anderen Ort bekannt ist, der angeblich das Paradies sein soll: Die tiefsten und sehnsüchtigsten Wünsche und Träume werden dort wahr. Man ist quasi unsterblich, denn die Zeit bedeutet dort nichts. Man ist praktisch für alle Ewigkeiten innerhalb des Glückes und der Zufriedenheit.
Nun zu mir: Ich bin ein Piraten Waschbär und heiße Rocket. Nun, so nennt man mich jedenfalls. Ich bin mal hier und mal da und habe eigentlich kaum ein Ziel in meinem Leben. So ist es zumindest jetzt … es war nicht immer so, aber lasst mich von Vorne beginnen.
Als ich noch ein sehr jungen Waschbär war, sah ich ihn zum ersten Mal: den blauen, verrückten Bären. Ein Künstler, Lebenskünstler und Frohnatur. Sein Name: Augusto Gummibär. Ja, ihr habt richtig gelesen: Er war ein Gummibär.
Auch hier wieder zur Erklärung: Die Gummibären sind fiktive Fabelwesen, die neben Kobolden, Drachen und Ungeheuern mit den Menschen zusammen in einer fiktiven Welt leben. Im Gegensatz zu den Menschen besitzen die Gummibären erstaunliche Kenntnisse in vielen Bereichen wie Technologie, Naturwissenschaften, Kunst und sind auch in der Lage, zu Zaubern. Aus Neid und Missgunst entbrannte einst ein Krieg zwischen den Menschen und den Gummibären, was das an sich friedliche Volk der Bären zur Flucht vor den Menschen zwang. Nach vielen, vielen Jahren wurden die Gummibären zum Mythos, dann zum Märchen.
So weit, so gut, zurück zu Gusto, wie "Freunde ihn nennen dürfen" laut seiner Aussage. Ich sah ihn, und war sofort verliebt. Ich ließ keine Folge der Geschichten über die Gummibären aus, und jede einzelne Folge, wo Gusto vorkam, war für mich ein wahres Fest! Mein Herz klopfte wild, ich war aufgeregt, empfand stets Freude und Erregung zugleich.
Ich sah mir jede Folge immer genau an, und versuchte stets Gustos Aussehen in meinen Gedanken zu speichern, denn nach jeder Folge setzte ich mich an den Schreibtisch, und zeichnete ihn. Zu Beginn war dies sehr mühselig. Ich war noch ein Kind und hatte kaum Ahnung davon, wie man richtig zeichnete. Doch mein Wille, ein Bild von Gusto zu haben, spornte mich an, es immer und immer wieder zu versuchen, bis es mir schließlich gelang. Hier sollte erwähnt werden, denn zu dieser Zeit weder die Möglichkeit bestand, eine Gummibären-Folge auf Video aufzuzeichnen, geschweige denn, "fertige" Bilder oder Fotos von den Gummibären irgendwo zu erstehen. Es gab noch kein Internet, keine "Fanart" oder sonstige Möglichkeiten, sich schnell Bilder zu beschaffen.
Trotzdem - oder gerade deshalb - war dies eine sehr intensive, schöne Zeit! In meinen Träumen besuchte ich Gusto hinter seinem Wasserfall, ich feierte auf Gummadoon mit den anderen Bären große Feste oder malte riesige Bilder zusammen mit dem blauen Bären mit dem roten Halstuch und den Sandalen.
In diesen Träumen waren Gusto und ich immer öfter alleine. Bis sie sogar regelrecht romantisch wurden: Gemeinsam den Sonnenuntergang betrachten, zu zweit essen und dabei lustige Geschichten austauschen, oder einfach Trost finden. Ja … wenn ich in der realen Welt traurig war, stellte ich mir immer vor, dass Gusto mich trösten würde.
Schließlich kam jedoch das, was im Leben eines jedem von uns passiert: Man wird älter. Es gab irgendwann keine neuen Geschichten mehr über die Gummibären; die letzte Folge war zu Ende, die Geschichten waren zu Ende erzählt, und Gusto war weg.
Anfangs besuchte ich ihn noch in meinen Träumen, die jedoch zunehmend im Nebel der Vergessenheit verschwanden. Statt dessen trat etwas anderes zu Tage: Piraten!
Der Drang, ein Pirat sein zu wollen wurde von Tag zu Tag immer größer. Alles begann harmlos mit einer Geschichte über ein Piraten, dem ein übles Missgeschick widerfuhr. Ich fand dies ganz amüsant, aber ein intensives, freudiges Erlebnis wie bei den Gummibären bescherte es mir nicht. Vielmehr keimte in mir der Wunsch, als Pirat stark, mutig und rücksichtlos mir einfach das zu holen, was ich wollte. Es gab immer wieder andere Waschbären, die mir das Leben schwer machten. Doch nicht einem Piraten! Ich wendete mich schließlich gänzlich von den Gummibären ab und folgte fortan den Piraten.
Im Laufe der Jahre begegnete ich immer wieder Wesen mit blauer Haut oder blauem Fell: Da war Pock, der blaue Höhlengoblin und sein Vetter, Jig. Dann sah ich Mune, den Faun und Wächter des Mondes, und nicht zu Letzt die Wesen von Planet Baab: Aliens mit blauer Haut aber ohne Nase.
Obwohl ich inzwischen ein Pirat geworden war, war ich doch immer wieder von blauen Wesen fasziniert, und ich begegnete latent immer wieder Gusto, der mich in meinen Träumen dazu animierte, zu zeichnen und Geschichten zu schreiben. Was ich auch tat und immer noch mache. Unglücklicherweise habe ich nie auch nur eine Zeile über meine Traum-Abenteuer mit Gusto aufgeschrieben, sondern tief in meinen Gedanken und Erinnerungen verborgen gehalten. Einem Teil von mir war es vielleicht peinlich, in ein Wesen verliebt zu sein, das nicht real war. Zumindest hatte ich nie irgendwo davon gehört, dass so etwas normal sein sollte. Also hielt ich Gusto und meine Gefühle für ihn verborgen.
Die Jahre gingen dahin, doch das Glück habe ich nie gefunden: Meine Bilder und Geschichten machten mich (und auch andere) schon irgendwo glücklich und auch stolz. Aber ich spürte auf der anderen Seite auch eine Leere in mir, die ich nicht zu füllen vermochte. Es ist schwer zu beschreiben, aber ich hatte immer das Gefühl, etwas zu wollen, wusste aber nicht was es war. Sehnsucht zu haben ist schrecklich, und auf das offene Meer zu segeln ohne zu wissen, wohin die Reise gehen sollte … unbequem und auch gefährlich! Deshalb versuchte ich viele Dinge aus in der Hoffnung, das Richtige für mich zu finden - ohne Erfolg!
Doch es gab auch Momente, die - wenn ich sie heute betrachte - Sinn ergaben, doch für mein damaliges Ich nicht. Einmal saß ich in einem Zug und sah ein Werbeplakat für eine Kunstausstellung. Mein erster Gedanke war: "Warum höre ich nicht mit dem, was ich gerade mache, einfach auf und studiere Kunst?"
Dieser Gedanke war wie ein Blitz, der mich traf. Ich zuckte dabei regelrecht zusammen, bekam eine Gänsehaut und in meinen Pfoten kribbelte es. In diesem Augenblick erschien mir diese Idee als die beste aller Ideen, doch meine Euphorie wurde zugleich von einem anderen Gedanken zerschlagen: "Lass es sein, wovon willst du leben? Du wirst kein Geld verdienen … es ist aussichtslos."
Und schon hatte ich diesen wundervollen Gedanken wieder verworfen und ging meinem alltäglichen Tun nach.
Heute erinnere ich mich an eben so einen Gedanken, der mich im selben Jahr wie ein Blitz getroffen hatte, als die Geschichten der Gummibären zu Ende waren: PIRAT! Es war ein kurzer, kaum erwähnenswerter Moment in einem Traum gewesen. Doch dieser kleine, kurze Moment, dieses scheinbar bedeutungslose Bild wuchs von Jahr zu Jahr zu diesem Monster heran.
Nun litt ich unter diesem Monster, und sah keine Chance, es je wieder los zu werden. Immer wieder kamen diese Gedankenblitze, doch das Monster zerschlug sie sogleich.
"Du hast kein Geld" - "Es ist zu schwer" - "Was hast du davon?" - "Lass es lieber sein" - "Es hat keinen Sinn" - "Pirat sein macht mehr Spaß" - "Akzeptiere die Realität"
Und genau diese Gedanken, welche mir das Monster immer wieder einflüsterte, bescherte mir auch jene "Freunde", die in mein Leben traten. Es waren Personen, die hübsch dafür sorgten, dass ich nach der Pfeife des Monsters tanzte; und sie sagten sogar das Selbe: "Was das kosten wird, also ICH könnte so was NICHT machen." Und es waren auch "Freunde", welche im Grunde nur über sich sprachen; selbst als meine Eltern starben, fanden sie keine tröstenden Worte, sondern sprachen nur über sich oder über andere Dinge, die sie bewegten.
Während mich die Farbe Blau durch mein Leben begleitete, begleitete mich jedoch auch das Monster: Es ließ die blauen Wesen zu, aber nur, solange ich auch tat, was das Monster von mir wollte. Die "Freunde" konnte ich nicht verlassen, denn dann war ich ja alleine. Das Piratsein konnte ich nicht ablegen, denn … wer war ich dann noch?! Ein einfacher Waschbär, der Bilder malte? Und davon sollte ich leben?
Ich fühlte mich in der Gegenwart der "Freunde" nicht wohl … aber ich wollte auch nicht alleine sein.
Ich wollte kein Pirat mehr sein … hatte aber Angst davor, dass mir dann nichts mehr Spaß machen könnte.
Und so kam der Tag, als ich Kontakt mit dem Nexus bekam …
II.
Die genauen Umstände, die ich in den Nexus gelangte, möchte ich nicht ausführen. Stellt euch einfach vor, ich war auf einem Schiff auf See, geriet in einen Sturm und war plötzlich innerhalb dieser Energieverzerrung, welche die Raumzeit verbog und mich an jenen Ort brachte, den man Nexus nannte …
An diesem Tag war meine Verzweiflung besonders groß: Mir erschien mein Leben nahezu sinnlos. Was hatte ich denn von einem Leben, mit dem ich nicht glücklich war? Ich malte und schrieb … und ja, es gab Personen, die meine Werke schätzten, doch gerade jene, die ich als meine "Freunde" ansah, fanden alles, was ich tat, nur "nett", rissen ihre Witze und Sprüche darüber und fanden stets einen Anlass, "böse" Witze zu machen. Alles natürlich nur Spaß - ob ich denn keinen Humor hätte und überhaupt: Nur weil man böse Witze über Misshandlungen oder Kriegsverbrechen riss war man doch kein schlechter Mensch, oder?!
Das Monster flüsterte mir dazu immer wieder ein: "Es ist besser so. Besser so, als alleine zu sein. Und es gibt ja auch gute Momente. Nicht alles ist schlecht."
Ich fühlte mich schrecklich und wollte ausbrechen, doch meine Angst davor, dann alleine zu sein und am Ende zu scheitern, war einfach zu groß.
Bis ich in diesen Sturm geriet und das Energieband mich in den Nexus riss …
III.
Zunächst war alles verschwommen und undeutlich. Der Krach des Sturms und der brechenden Wellen hatten mich stocktaub gemacht - dachte ich. Doch die Stille wich den Brausen vieler Stimmen und Musik. Und die verschwommene Sicht klärte ich auf und offenbarte mir einen Ort, den man am besten als "Festhalle" bezeichnen konnte.
Der Ort glich einer Halle, wie man sie in alten Ritterburgen sah: Festlich geschmückt mit großen Fahnen auf denen die Umrisse von Bärenköpfen und Wappen zu sehen waren. Unzählige Kerzen erleuchteten die Halle und tauchten sie in eine festliche Atmosphäre. Überall sah ich Gestalten um mich herum, die mir zu jubelten und mich beglückwünschten.
Die Sicht wurde zunehmend klarer, und ich konnte sie erkennen: Ich war umgeben von Gummibären! Grüne, braune, gelbe, graue oder blaue … alle Farben, gekleidet in festlichen Gewändern und mit einem freudigen Strahlen auf den Gesichtern.
Sie klatschten Beifall und beglückwünschten mich mit Händeschütteln.
Ich lachte verlegen und blickte mich unsicher um. Wo war ich nur … was war mit mir geschehen?
"Alles gute zum Geburtstag, Rocket!"
"Wir freuen uns, dass du da bist!"
"Willkommen auf Gummadoon!"
So viele Worte, so viele Stimmen und Gesichter, und alle freuten sich darüber, mich zu sehen.
Eine üppig gedeckte Festtafel befand sich in der Mitte der Halle, an der die Gummibären Platz nahmen und mich mit eine Handbewegung einluden.
Geburtstag? Oh ja, stimmte … meine "Freunde" hatten oft meinen Geburtstag vergessen, weil sie selbst auf ihren eigenen Geburtstag nicht viel Wert legten. Aber hier …
Mein Blick wanderte durch die Halle und mir war regelrecht schwindelig von all den Eindrücken, der Musik, den vielen Gummibären und ihrer Freude, mich begrüßen zu dürfen.
Ich lachte vor Freude auf: Gummibären. Ich war tatsächlich bei den Gummibären! In mitten einer großen Feier. Es waren keine Menschen hier, keine Feinde, keine gemeinen Personen, kein böser Humor, kein "du ich habe keine Zeit, aber wir bleiben in Kontakt", kein "du, ich mag dich, echt, aber ich bin auf Weibchen fixiert. Aber wird sind doch trotzdem Freunde, oder?!" sondern nur Freude, Glück und das Gefühl, absolut willkommen zu sein.
Mit einem Gefühl der absoluten Euphorie nahm ich ein Bad in der Menge von Gummibären, die mich freundlich begrüßten, und ich konnte mich nicht satt sehen an ihren Gesichtern, an der wunderschönen Halle, dem üppigen Essen …
Dann erblickte ich ihn … Ich blickte über die Köpfe der Gummibären hinweg zu einer kleinen Treppe, wo mir ein blauer Gummibär mit gelber Mütze, rotem Halstuch und Sandalen den Rücken zukehrte. Er stand mit den Fäusten in die Hüften gestemmt vor einem Torbogen und schüttelte den Kopf.
Mit klopfendem Herzen zwängte ich mich durch die Menge und ging auf ihn zu. Gusto rieb sich das Kinn und ging weiter durch den Torbogen und verschwand aus meinem Blickfeld.
Ich begann zu laufen, erreichte die Treppe und schritt durch den Torbogen und befand mich plötzlich in einer Art Höhle, in der ein kleines Atelier einrichtet war: Mehrere Leinwände, eine Staffelei und kleine Töpfe und Schalen mit Farben und Pinsel. Das Besondere an der Höhle war, dass sie sich hinter einem Wasserfall befand.
Der Gummibär stand vor einer leeren Leinwand, abermals die Hände in die Hüften gestemmt und schüttelte den Kopf.
Ich schritt unsicher auf ihn zu. "Gusto?", sagte ich leise ein zweites mal.
Er drehte sich um, und blickte mich mit einem freudigen Lächeln an. Durch das herabfallende Wasser des Wasserfalls fielen Sonnenstrahlen direkt auf Gustos Gesicht. Das Wasser brach das Sonnenlicht und der Gummibär stand in einem Lichtkegel von schimmernden Regenbogenfarben vor mir.
Gusto breitete seine Arme aus und stürmte jauchzend auf mich zu: "Da brat´ mir doch einen Storch! Was sehen meine entzückten Augen?! Ein echter Waschbär! Nicht bewegen, bitte so bleiben. Ich liebe diese Pose. Du bist ein Seefahrer, richtig? Ich habe schon viel über euch gehört! Ich muss dich malen, die Farben deines Fells sind perfekt - Schwarz, Grau und Orange! Die pure Inspiration …"
Während der Gummibär wie ein Wasserfall redete konnte ich ihn nur mit einem immer breiter werdenden Lächeln ansehen. In mir stieg unsagbare Freue auf. Er stand vor mir - er war es, er war es wirklich! Augusto Gummibär, der verrückte, sympathische Gummibär mit dem blauen Fell lief um mich herum und betrachtete mich von allen Seiten während er wild mit seinen Armen gestikulierte und wie ein Wasserfall weiter plapperte, dass er von mir ein "Episches Kunstwerk erschaffen werde, das die Alten Gummibären erblassen lassen würde".
Als er direkt vor mir stehen blieb, und Anstalten machte, nach seinem Skizzenblock zu greifen, fand ich endlich meine Stimme wieder: "Gusto … "
"Ja, das bin ich, mein Freund."
Ich verharrte kurz, dann breitete ich meine Arme aus und legte sie um Gusto. Mit geschlossenen Augen umarmte ich ihn und spürte einen Kloß in meinem Hals.
Nach einigen Herzschlägen spürte ich, wie Gusto meine Umarmung erwiderte. Er klopfte mir sanft auf den Rücken und sagte leise: "Du bist spät dran, mein Freund. Ich habe lange auf dich warten müssen."
Eine Träne brannte in meinen Augen, und der Kloß in meinem Hals wurde größer.
Ich nickte leicht und sagte mit tränenerstickter Stimme: "Es tut mir so leid … ich hatte dich beinahe vergessen."
Gusto drückte mich fester an sich. "Aber jetzt bin ich hier. Ich bin bei dir, Rocket."
"Ich habe so viel Zeit verschwendet.", sagte ich laut und sah Gusto ins Gesicht. Ich musste blinzeln, denn ein Schleier von Tränen ließ mich alles verschwommen sehen. "All die Jahre …"
Der Gummibär schüttelte langsam den Kopf und lächelte. "Nicht alles war verschwendet. Du hast großartige Kunstwerke erschaffen. Du hast viele Menschen glücklich gemacht und tust dies noch immer."
Ein Lächeln huschte über mein Gesicht. Tränen rannen über meine Wangen.
"Du bist ein großer Künstler, Rocket.", sagte Gusto mit sanfter Stimme und streichelte meine Wange.
Ich legte meine Pfoten auf Gustos Schultern und ließ sie dann langsam über seinen Nacken zu den Wangen wandern. Ich streichelte zärtlich seine Wangen und Ohren, strich über die Haarsträhne, die über seinem wunderschönen Gesicht hing. Dabei sah ich ihm tief in die Augen. "Ich liebe dich." Dann umarmte ich ihn abermals. "Ich liebe dich so sehr, Gusto. So sehr …"
Gusto erwiderte die Umarmung und flüsterte mir ins Ohr: "Ich weiß. Ich liebe dich auch. Und ich war immer bei dir, ich war nie weg."
Ich vergrub mein Gesicht in seinem Nacken, sog seinen Geruch ein, spürte seine Wärme.
Gusto schob mich sanft von sich, lächelte mich an und legte seine Hand auf meine Brust. "Ich werde immer bei dir sein. Hier, in deinem Herzen."
Wir schwiegen einen scheinbar endlosen Moment lang … Die Zeit schien still zu stehen.
In einer weiteren Umarmung drückte ich Gusto ganz fest an mich, konnte seinen Herzschlag und seinen Atem spüren; ich war erfüllt von unsagbarem Glück und Zufriedenheit.
Als ich langsam den Nexus wieder verließ, weil das Energieband weiterzog, verschwomm die Szenerie in einem hellen Licht. Ich hielt Gusto so lange fest, wie ich nur konnte. Ich sagte ihm immer wieder, wie sehr ich ihn liebte.
Und als der Nexus verblasst und ich wieder in der realen Welt angekommen war, hörte ich noch seine Stimme: "Ich werde immer bei dir sein, in deinem Herzen."
Meine Pfote wanderte in meine Hosentasche und fand dort ein kleines Stück Papier. Ich betrachtete die Zeichnung auf dem Papier: Es war Gusto, die erste Zeichnung, die ich als junger Waschbär von dem blauen Gummibären gemacht hatte. Er saß da, und blickte lächelnd zur Sonne.
Ich weinte, doch ich weinte vor Glück. Denn ich hatte die Liebe meines Lebens endlich wieder gefunden. Und auch die Erkenntnis, was ich nun zu tun hatte.
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wladimirkaminer · 3 months
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Es gibt keine Zweifel daran, dass Nawalny im Knast umgebracht wurde. Putins Plan, seinen erbittertsten Gegner so weit zu verstecken, dass ihn niemand mehr finden kann und dort so lange zu foltern, bis er nachgibt, ging daneben. Obwohl Nawalny ans Ende der Welt, nach Charp, nördlich des Polarkreises verbannt wurde, gelang es dem Regime nicht, jeden Kontakt zwischen Alexej und der Außenwelt abzubrechen, so haben seine Freunde, seine Familie, seine Kollegen immer wieder die News von ihm bekommen. Nawalnys Anwälte stellten den Kontakt dar.  Seine Frau, die zurzeit in München, bei der Sicherheitskonferenz ist, veröffentlichte gerade vor kurzem eine Grußkarte, die sie von ihrem Mann zum Valentinstag bekam. Er war guter Dinge. Einen Tag vor seinem Tod hatte er eine Videoschalte mit dem Gericht in der Stadt Wladimir, diese Aufnahme ist im Netz zugänglich. Nawalny sieht auf dem Video quick lebendig aus, seine Stimme ist die, eines gesunden Mannes, der voller Entschlossenheit weiterzukämpfen, Witze über den Richter und den Prozess macht. Die Nachricht von seinem plötzlichen Tod lässt also keine Zweifel, dass es ein Mord war. Ein zu erwartender Mord. Nicht umsonst hat der Mann in jahrelanger Aufklärungsarbeit sich den Ruf als konsequentester und gefährlichster politischer Gegner Putins erarbeitet.  Er allein bereitete dem Regime mehr Probleme als alle Sanktionen des Westens zusammen. Und dafür wurde er verhasst. Kaum einer hatte so viele Mordversuche überlebt, wie Nawalny und immer wieder schaffte er es, das Regime im Kreml und Putin persönlich bloßzustellen. Er selbst nahm die Versuche ihn zu töten als Anlass über Putins angebliche Allmacht zu spotten, agierte stets mit Mut und Humor.  
Nach dem misslungenen Vergiftungsanschlag stellte Nawalny die gesamte Abteilung der Giftmischer der russischen Staatsicherheit bloß und hatte bestimmt mit seinen Enthüllungen vielen anderen Oppositionellen und Gegnern des Regimes das Leben gerettet. Seine Ermordung aus niederen Rachemotiven wird für Putin ein Pyrrhussieg sein.
Der tote Nawalny als Held des Wiederstandes wird dem Kreml noch mehr Schwierigkeiten bereiten als ein inhaftierter Regimegegner, der er war. Sein Tod wird die Opposition des Regimes noch stärker zusammenschweißen, auch diejenigen, die zu Nawalnys Lebzeiten politische Differenzen mit ihm hatten, werden nun in seinem Namen kämpfen. Mit der Ermordung seines Hauptgegners hat sich Putins endgültig als Machthaber delegitimiert. Die politischen Morde sind ein schwerwiegendes Verbrechen, die daran Beteiligten werden ihrer Strafe nicht entkommen, mit Mord und Todschlag, mit Verängstigung und dem Krieg kann sich kein Regime auf Dauer halten, das russische wird keine Ausnahme sein.
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darkhalfbloodprince · 1 month
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naipan · 2 months
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Like the Allies of the past, Israel is now engaged in a defensive war against a barbaric and ruthless enemy. And this time, all the casualties are among the "civilian population and are the work of Hamas.
„Denk bei jeder Bombe dran, diesen Krieg fing die Hamas an“
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Alliiertes Flugblatt 1942 Bild: Stadtarchiv Freising/Screenshot Ruhrbarone
Das Stadtarchiv Freising verfügt über eine Sammlung von Flugblättern, die während des Zweiten Weltkriegs von den Alliierten über Deutschland abgeworfen wurden. Angesichts des auch in Deutschland zunehmenden Drucks auf Israel und den lauter werdenden Stimmen, das Land bei seinem Versuch, die immer noch an die 100 Geiseln zu befreien und die Hamas zu zerschlagen, macht es Sinn, sich eines dieser Flugblätter anzuschauen: „Bedenke bei jeder Bombe, diesen Krieg fing Hitler an.“ Natürlich wollten die Deutschen das damals nicht hören und auch heute noch gilt der alliierte Bombenkrieg vielen als großes Verbrechen, was nicht zutrifft. Er war im Gegenteil militärisch sinnvoll und erfolgreich. Ein Lesehinweis zu dem Thema findet sich am Ende des Artikels.
Nach den grauenhaftesten Judenmorden nach Ende des Zweiten Weltkriegs sollte man sich nun diesen Satz einprägen: “Denk bei jeder Bombe dran, diesen Krieg fing die Hamas an.” Wie die damaligen Alliierten befindet sich heute Israel in einem Verteidigungskrieg gegen einen barbarischen und skrupellosen Feind. Auch diesmal gehen alle Opfer unter der „Zivilbevölkerung“, die ja zu einem großen Teil aus Terroristen und ihren Unterstützern besteht, auf das Konto der Hamas. Sie könnte in dieser Stunde alle Geiseln freilassen und kapitulieren. Das Sterben hätte sofort ein Ende. Aber das tut die Hamas nicht. Sie opfert in ihrem Kampf bereitwillig die eigene Bevölkerung und nutzt ihr Leiden für die Propaganda.
Darauf sollte niemand reinfallen. Eine Demokratie kämpft um ihr Überleben gegen eine islamofaschistische Macht. Die Pflicht des Westens und auch Deutschlands ist es, Israel in diesem Kampf zu unterstützen.
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dhr-ao3 · 4 months
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Spiel mit dem Goldenen Mädchen
Spiel mit dem Goldenen Mädchen https://ift.tt/ribES6y by OhTheHumanity (skailafox) Einige Jahre nach dem Krieg traf Draco Malfoy Hermine Granger einmal pro Woche – nicht persönlich, sondern durch Tinte auf Papier. Jeden Sonntag wachte Draco in seinem Londoner Stadthaus zu einem entspannten Ritual auf. Mit frisch gebrühtem Tee vertiefte er sich in die Literatursparte des Tagespropheten, wo Grangers kleines Bild neben einem ausführlichen Artikel über Bücher auf der ganzen Welt erschien. Ihre Gedanken über Kulturen, Politik und Menschen wurden zu seinem intellektuellen Zufluchtsort, und er verlor sich oft in Träumen von gemeinsamen Teestunden und intensiven Diskussionen, die sich über den ganzen Tag erstreckten. Diese idyllische Routine kam eines Sonntags abrupt zum Ende, als Grangers Artikel plötzlich fehlte. Draco fluchte und durchsuchte die gesamte Zeitung. Die folgende Woche zeigte dieselbe mysteriöse Abwesenheit und brachte ihn an den Rande des Wahnsinns. Es fühlte sich an, als hätte das Universum beschlossen, ihn auf Entzug einer scheinbar harmlosen Sucht zu setzen. Draco wurde ein paar Wochen später noch misstrauischer, als eine Broschüre mit zweifelhaftem Inhalt im Malfoy Manor eintraf, um ein neues und exklusives Abenteuer mit dem Goldenen Mädchen anzupreisen schien. Words: 1895, Chapters: 1/6, Language: Deutsch Fandoms: Harry Potter - J. K. Rowling Rating: Mature Warnings: Creator Chose Not To Use Archive Warnings Categories: F/M Characters: Draco Malfoy, Hermione Granger, Harry Potter, Ron Weasley, Kingsley Shacklebolt Relationships: Hermione Granger/Draco Malfoy Additional Tags: Good Draco Malfoy, POV Draco Malfoy, Post-Hogwarts, Harry Potter Epilogue What Epilogue | EWE, Hurt/Comfort, POV Third Person, Rescue Missions, Unredeemed Draco Malfoy, Mehr oder weniger via AO3 works tagged 'Hermione Granger/Draco Malfoy' https://ift.tt/DU78laR January 10, 2024 at 02:26PM
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zvaigzdelasas · 7 months
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Die Bundesregierung sucht im Machtkampf gegen China die Beziehungen zu Thailand zu stärken. Diese reichen bis weit ins 19. Jahrhundert zurück und blühten insbesondere während der Nazizeit auf.[...]
8 Nov 23
Vergangene Woche hielt sich die Leiterin der Asien-Pazifik-Abteilung im Auswärtigen Amt, Petra Sigmund, in Bangkok auf, um die bilateralen Bindungen, die auf „engen wirtschaftlichen und politischen Verknüpfungen“ gründeten, zu intensivieren. Berlin sieht Thailand auch als Alternative für die deutsche Industrie zu Standorten in China. Die Beziehungen zwischen Deutschland und Thailand reichen schon über anderthalb Jahrhunderte zurück. Sie wurden schon im Deutschen Kaiserreich ausgebaut, gewannen in der zweiten Hälfte der 1920er Jahre, als die Regierung in Bangkok sich gegen den Einfluss der chinesischen Minderheit wandte, an Stärke und blühten vor allem in der Nazizeit auf. Bereits in den 1950er Jahren konnte die Bundesrepublik an die alten Kontakte nach Thailand anknüpfen – nun an der Seite der Vereinigten Staaten im Kontext der Systemkonfrontation.
Die ersten diplomatischen Beziehungen zwischen einzelnen deutschen Gebieten und dem heutigen Thailand, das bis 1939 Siam hieß, wurden in 1850er Jahren etabliert.[1] Zur Zeit des Deutschen Kaiserreichs von 1871 bis 1918 wurden die Beziehungen fortgeführt. Bereits im Jahr 1897 besuchte der damalige siamesische König Chulalongkorn Deutschland und wurde dabei vom deutschen Kaiser Wilhelm II. empfangen. Trotz der während des Staatsbesuch beteuerten Freundschaft beider Länder gab es 1899 Überlegungen im Auswärtigen Amt, eine deutsche Kolonie an Siams Küste zum Indischen Ozean im Raum Langkawi zu etablieren.[2] Aus diesen Plänen wurde nichts; stattdessen bauten die Regierungen beider Länder die bilateralen wirtschaftlichen und militärischen Beziehungen aus. Im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts wurden siamesische Kadetten an deutschen Militärinstitutionen ausgebildet.[3] König Chulalongkorn kultivierte die Beziehungen mit Kaiser Wilhelm II. unter anderem, um besser zwischen den Großmächten manövrieren zu können.[4] Nach drei Jahren Neutralität im Ersten Weltkrieg erklärte die siamesische Regierung 1917 Deutschland den Krieg, ließ deutsche Schiffe in den Häfen des Landes konfiszieren und entsandte ein militärisches Expeditionskorps nach Westeuropa.[5]
Nach dem Ende der Kampfhandlungen an der Westfront des Ersten Weltkriegs besetzten siamesische Soldaten das deutsche Neustadt an der Weinstraße. [...] Die im Weltkrieg abgebrochenen diplomatischen Beziehungen nahmen beide Länder erst wieder im Jahr 1925 auf.[6] Von Ende 1925 bis Anfang 1932 vertrat Dr. Rudolf Asmis im Range eines Gesandten die Weimarer Republik in Siam.[7] Asmis hatte vor dem Ersten Weltkrieg im deutschen Kolonialdienst gearbeitet und von 1922 bis 1924 versucht, deutsche Wirtschaftskontakte nach Sibirien und Zentralasien wiederaufzubauen.[8]
Als 1925 der bis dahin absolutistisch regierende König von Siam verstarb, war das zwischen verschiedenen britischen Kolonien (Burma/Myanmar und Malaya/Malaysia und Singapur) liegende Land stark im Ausland verschuldet. Großbritannien gelang es zunehmend, Siam durch Kredite von sich abhängig zu machen.[9] Um diese Abhängigkeit zu verringern, forcierte der neue König eine harte Austeritätspolitik. Sein Hofstaat wurde von rund 2.500 Angestellten und Beamten auf etwa 400 reduziert. Insgesamt wurden in allen Ministerien des Landes rund 4.000 Beamte entlassen. Auch ausländische Berater mussten ihren Job quittieren, darunter Briten und Franzosen. Der deutsche Gesandte Asmis wertete das positiv und sah es als Schritt zu einer größeren Unabhängigkeit des südostasiatischen Landes an.[10] Mit einer Großbritannien gegenüber feindlichen Politik wurde Siam für die deutsche Südostasienpolitik zunehmend interessant.
In den „Preußischen Jahrbüchern“ erschien im Jahr 1927 ein Artikel, in dem die „Chinesische Frage“ als „Siams größtes Problem“ bezeichnet wurde. Laut dem Zensus des Jahres 1929 machten chinesische Einwanderer bereits rund die Hälfte der Einwohner der siamesischen Hauptstadt Bangkok aus, wenngleich sie nur insgesamt rund vier Prozent der Gesamtbevölkerung des Landes stellten. Der deutsche Gesandte beobachtete, wie über die chinesische Minderheit auch kommunistische Organisationen Einfluss gewannen, und sah in einem äußerst restriktiven Pressegesetz zufrieden ein wirksames Mittel gegen „bolschewistische Umtriebe“.[11] Im Antikommunismus hatten die politischen Eliten Deutschlands und Siams einen gemeinsamen Nenner gefunden.
Nachdem infolge der Weltwirtschaftskrise des Jahres 1929 Siams diplomatische Vertretung in Deutschland geschlossen worden war, öffnete die Gesandtschaft des südostasiatischen Landes in Berlin im Jahr 1937 wieder neu. Das nationalsozialistische Deutschland hatte 1936 einen neuen diplomatischen Vertreter nach Bangkok entsandt; unter der Ägide von Wilhelm Thomas „blühten die Beziehungen zwischen Deutschland und Thailand auf“, wie es in einer Untersuchung über die Geschichte der bilateralen Beziehungen heißt.[12] Ein deutscher Professor wurde damals zum Berater der siamesischen Regierung für den Ausbau von Häfen und Wasserstraßen ernannt; die Lufthansa eröffnete ein Büro in Bangkok. Im Juli 1939 fand der erste Flug einer Lufthansa-Maschine von Berlin in die Hauptstadt des südostasiatischen Landes statt.[13] Das faschistische Deutschland konnte in Siam deutlich an Einfluss gewinnen.
Thailand [...] blieb im Zweiten Weltkrieg – wie im Ersten – zunächst neutral und schloss sich weder den faschistischen Achsenmächten noch den Alliierten an. In der insgesamt relativ kurzen Zeit der Neutralität entsandte die Regierung in Bangkok einen Militärattaché nach Berlin. Darüber hinaus gab es Besuche hochrangiger Offiziere aus Thailand in Nazideutschland; thailändische Soldaten wurden an verschiedenen deutschen Militärinstitutionen ausgebildet.[14] Einer der ausgebildeten Offiziere, Wicha Thitthawat, diente nach der Beendigung seiner Ausbildung direkt in der Wehrmacht und war als Soldat Teil der deutschen Besatzungsmacht in Frankreich.[15]
Im Dezember 1941 trat Thailand dann dem Bündnis der faschistischen Achsenmächte bei.[16] Für die größeren Achsenmächte Deutschland und Japan besaß das südostasiatische Land aufgrund seiner geographischen Nähe zu Britisch-Indien Bedeutung. So erhielt Rash Behari Bose, einer der Anführer der Indischen Unabhängigkeitsliga (Indian Independence League, IIL), in Thailand Asyl.[17] Sein Bruder Subhas Chandra Bose [!] hielt sich Anfang 1943 noch in Deutschland auf und wurde von einem deutschen U-Boot in den Indischen Ozean gebracht. Nach einer waghalsigen Aktion, bei der Subhas Chandra Bose vor der Küste Madagaskars von einem deutschen auf ein japanisches U-Boot wechselte, fuhr der indische Nationalist nach Südostasien. Nazideutschland entsandte auch Ärzte, um Thailand im Krieg gegen die Briten zu unterstützen.[18]
Als im Mai 1945 die deutsche Wehrmacht bedingungslos kapitulierte, gab es weiterhin einen deutschen Gesandten in Bangkok. Im August 1945 kapitulierte die Regierung des faschistischen Japans und beendete damit den Zweiten Weltkrieg in Asien. Der thailändische Regentschaftsrat Pridi Phanomyong erklärte daraufhin, die thailändischen Kriegserklärungen von 1942 seien null und nichtig. Das südostasiatische Land wurde nicht von den Alliierten besetzt; die Monarchie existierte unverändert weiter. Die USA stiegen zur Großmacht mit dem größten Einfluss im Land auf.[19] Im Jahr 1952 nahm Thailand dann diplomatische Beziehungen mit der Bundesrepublik Deutschland auf.[20] Als Alliierte der USA fanden sich Thailand und Westdeutschland im gleichen Block der Systemkonfrontation wieder.
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