Tumgik
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門 | Unkrist
門 | Unkrist was originally published on Wonderland
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Fräulein A.
Der Wecker zittert mich aus einem wirren Traum und tritt mir kräftig ins Bewusstsein. Ich weiß sofort, dass sie, die Hände höflich auf dem Schoß zerfaltet, neben meinem Bett sitzt, mich anlächelt und darauf wartet, dass ich sie wahrnehme. Ich drehe mich auf die andere Seite , den Schlafenden mimend. Natürlich durchschaut sie das sofort, sie ist nicht auf den Kopf gefallen. Ein wenig ungeduldig wippt ihr stöckelbeschuhter Fuß auf und ab, klick und klack. Sie sehnt sich nach Aufmerksamkeit. Ich öffne die Augen und sehe in ihr von glatter Haut bespanntes, blasses Gesicht, über dessen hohen Wangenknochen zwei schwarze Pupillen aus zwei schwarzen Iriden aus zwei schwarzen Skleren hervorglitzern. Seitlich ragen straßenköterblonde Schulmädchenzöpfe von ihrem Kopf ab, die steif mitschwingen, wenn sie sich bewegt. Ihr dünnlippiges Lächeln – der Mund ist ebenso blass wie die Haut darum – öffnet sich kaum, als sie spricht. „Steh auf, du wirst zu spät kommen.“ flötet sie mich an. Das reicht schon aus. Ich wühle mich aus den kaltschweißnassen Laken und komme auf dem eisigen Fließenboden zum Stehen, die fettverklebten Haare wie ein Vorhang vor die Augen drapiert. Kaum des Denkens fähig, wate ich durch ein Meer aus schimmelndem Geschirr, plattgedrückten Pizzakartons und halbleeren Dr. Pepper-Dosen zur ranzigen Kaffeemaschine. Dass meine Jogginghose auf dem Weg Essensreste aufsammelt, stört mich dabei wenig. Das fällt unter all den Flecken gar nicht weiter auf. Fräulein A. erwartet mich schon ungeduldig neben der Kaffeemaschine. Sie ist schnell, morgens, und ich bin immer so langsam. „Soso, Kaffee, um das kaputte Herz ein wenig anzukurbeln und den Bluthochdruck anzufeuern. Vielleicht gehst du ja heute dran drauf.“ Ihr Lächeln bleibt. „Vielleicht ja heute.“ Ich sehe sie nicht an, kratze mich am Hinterkopf, nicke und mache mir trotzdem Kaffee. Schwarz und lecker. Und extrem heiß. Schöner Schwarzer. Heißer. Kaffee. Während der vor sich hinbrodelt und -zieht, denke ich über Frühstück nach. Fräulein A. – sie kennt mich gut – macht meinen Überlegungen einen fetten roten Strich durch die Rechnung. „Wolltest du nicht abnehmen? Ich dachte, dein Körper widert dich an? Wofür ich natürlich vollstes Verständnis habe. Weiß.. Teigig.. Das widert sicher auch alle anderen an. Was die wohl von dir halten..?“ Und sie hat ja recht. Dieses widerliche Doppelkinn, die aufgeschwemmten Pausbacken, der gewölbte Bauch, den ich mir – die Tasse in der anderen Hand – auf dem Weg zum Sofa kratze, während er vor sich her knurrt.. Es knackt ein wenig, als ich mich darauf fallen lasse. Das Sofa, meine ich. Der Gewohnheit gemäß wandert meine Rechte zur Irish Cream – damit schmeckt der Kaffee einfach besser. Und die Welt auch. Aus den sicher sechzig Flaschen picke ich eine derer heraus, die noch nicht ganz leer oder angeschimmelt ist und Fräulein A. nickt mir mit breitem Lächeln zu. „Jah..“ schnurrt sie zufrieden. „Mein Bär weiß doch, was gut für ihn ist, das weiß er.“ Ihre Straßenköterzöpfe baumeln ein wenig durch den Dunst meiner Wohnung. Gleichzeitig zünden wir uns eine Kippe an. Ich muss husten, wie immer bei der ersten Kippe des Tages. Sie nicht. Nur ein paar braune Klumpen. Das ist okay. „Noch nicht, mein Lieber.“ säuselt sie, Rauch ausstoßend. „Noch kein Blut.“ Ich schalte die Glotze an und lasse mich von der Nichtigkeit der Welt berieseln, um Fräulein A. ein wenig den Saft abzudrehen. Sie hält die Klappe und streichelt mit ihren kalten Spinnenfingern meinen Bauch. Fast fühlt es sich gut an. Geascht wird auf den Boden; der ist so oder so nicht mehr zu retten. Ist mir auch egal. Die Kippe dann im löchrigen Sofa ausgedrückt, damit sich zum allgemeinen Dunst der Gestank verbrannten Polyesthers gesellt. Und dann die nächste anzünden. „Das fängt bestimmt an zu brennen.“ lacht sie. „Nein.“ „Doch.“ „Ooh..“ Und tatsächlich züngeln kleine Flämmchen um das Nikoteerloch, die ich jedoch mit der griffbereiten Tageszeitung von vor drei Jahren ersticke. Schön. Alles unter bester Kontrolle. Die Zeiger des Weckers sind unterdessen ein gutes Stück auf der Zeit geritten und zwingen mich dem Alltag entgegen. Duschen? Meine Haare kleben, ich klebe, meine Wohnung klebt. Duschen. „Erinnerst du dich noch an die riesige Nachzahlung an die Wasserwerke vor einem halben Jahr?“ Diese verfluchte Gedankenleserin „Willst du das nochmal?“ Also nicht duschen. Scheiß drauf, ein Tag geht noch ohne. Mein Vorrat an Deo würde einer durchschnittlichen Großfamilie über Generationen reichen. Im Bad sprühe ich mich ein, ziehe frisch gewaschene Kleidung an – darauf lege ich viel Wert – und stülpe eine Mütze über meine Haare, die innen genau so fettig wie selbige ist. Wir verlassen die Wohnung und machen uns auf den Weg zur Bushaltestelle. „Irgendjemand wird merken, dass du es bist, der so stinkt. Der sauber gekleidete Herr mit der Mütze, unter der er die Talgsträhnen versteckt.“ Ich quittiere ihre Bemerkung mit einem Schulterzucken. Dabei ist mir, was sie sagt, alles andere als egal und ich weiß, dass sie recht hat. Ich bekomme schwitzige Hände. Ob der Mock meiner Wohnung wirklich an mir zu riechen ist? An der Haltestelle wartet die übliche Gruppe Menschen, einander anonym und schweigend, jeden Tag die selben. Ich sehe sie nur aus dem Augenwinkel an und überlege, ob ich grüßen soll. „Sie würden nicht zurückgrüßen; dich für einen komischen Vogel halten. Lass es bleiben. Schau einfach ein bisschen freundlich durch die Luft und bring‘ es hinter dich.“ Meine Hände werden kalt. Ich stecke sie in die Hosentaschen. Der Stoff saugt den klammen Schweiß ein wenig auf. Möglichst unbeteiligt blicke ich die Straße auf und ab, warte auf den Bus und knete den Stoff meiner Hosentaschen. Als mir einfällt, dass ich wieder einmal vergessen habe, mir die Zähne zu putzen, werfe ich einen Kaugummi ein. „Macht nichts. Es gibt sowieso keine Zahnpasta, die es schaffen würde, deine Fahne zu übertünchen.“ flüstert Fräulein A. mir zu. Ihre Hand packt meine Schulter. „Du warst schon lange nicht mehr beim Zahnarzt. Tut schon was weh? Ja? Nein? Vielleicht? Dann geh‘ lieber nicht. Das werden höllische Kosten. Und höllische Schmerzen. Und das wollen wir doch nicht.“ Ja, denke ich, besser ich gehe nicht, es tut nicht weh. Vielleicht muss ich ja nie wieder. Hoffentlich nie wieder. Zahnärzte haben mir schon immer eine Höllenangst eingejagt. Man hat da einfach das Gefühl, jegliche Kontrolle abzugeben und der Willkür von jemandem ausgeliefert zu sein, der Zahnarzt für einen in irgendeiner Weise erstrebenswerten Beruf hält. Endlich sehe ich den Bus nahen. Schon aus der Ferne ist zu erkennen, dass – wie immer – die meisten Plätze schon belegt sind. Die freien werden für die Wartenden nicht ausreichen. Wie immer. Fräulein A. hakt sich bei mir unter und macht große Augen. „Was sollen die Leute denn denken, wenn wir uns vordrängeln? Außerdem würden sie uns ja gar nicht lassen. Wir waren doch viel später an der Haltestelle, später als sie. Lass uns lieber warten und als letzte einsteigen. Das ist viel sicherer.“ Sie spricht sehr leise. Ich stehe während der Fahrt ohnehin lieber. Da kann man irgendwie ungestörter aus dem Fenster schauen. Und gesünder, als sich den Arsch weiter plattzudrücken, ist es bestimmt auch. Wir steigen also als letzte ein und stellen uns in die Mitte des Busses. Wie immer. Ich halte mich an einer Stange aus Edelstahl fest. Immer wenn der Bus über Unebenheiten fährt, verrutscht meine Hand ein wenig. Sie ist schmierig vom Schweiß, der sich auf das Metall legt. „Die werden deinen ekligen Abdruck sehen, wenn du loslässt.“ liest sie meine Gedanken. „Warte lieber, bis die meisten ausgestiegen sind. Halt‘ dich gut fest.“ Bodenwelle. Ich halte mich an ihren teuren Rat. Ist besser so. Fast kann ich die Leute schmunzeln sehen. Ich schäme mich für meine Schäbigkeit. Die Fahrt dauert nur wenige Minuten. Während des Aussteigens versuche ich unauffällig, mit dem Ärmel meines Pullovers den Schweiß von der Haltestange abzuwischen. „Und jetzt Kopf runter. Wenn dich jemand erkennt und anquatscht, riecht der sofort deine Fahne und deinen Alki-Schweiß. Ieh, Wie unangenehm.“ Sie hat sich wieder bei mir eingehakt. Gesenkten Hauptes lurche ich über den Campus, während sie neben mir her stolziert und in die Welt grinst mit ihren schwarzen Augen und ihren süßen Zöpfchen. Wir rauchen. Ich blase den Rauch nach unten, sie gen Himmel. Gelegentlich tätschelt sie lobend meinen Arm. Ich ziehe die Kapuze über meine Mütze. Doppelt hält besser. Vor dem Hörsaal noch ein letzter Zug und dann rein. Wie immer sitzen wir nebeneinander irgendwo in der Mitte; links und rechts von uns niemand. Kaum Block und Füller auf den Tisch geschmissen, marschiert auch schon der Dozent nach vorne und legt los. Großartig. „Zieh‘ mal deine Hose hoch.“ zischt Fräulein A. Okay. „Okay.“ „Okay.“ Fräulein A. hat kein Schreibzeug dabei. Hat sie nie. Immer sitzt sie da und hört mit leicht geneigtem Kopf zu. Wenn sie will, hat sie ja jederzeit Zugang zu meinen Aufschrieben. Aber die interessieren sie nicht. Auch die Vorlesung interessiert sie im Grunde nicht. Ohne mich wäre sie gar nicht.. wäre sie gar nicht hier. Professor Brecher leiert eine knappe Zusammenfassung der letzten Vorlesung herunter und schießt dann ohne Zögern nach vorne. „..die Robustheit..garantiert..Phase..Rotation..Lenkrad, hehe, Sie verstehen?“ Nur einzelne Worte seines Vortrages bleiben in meinem Kopf zurück, aber was an der Tafel steht, schreibe ich gewissenhaft mit; ohne es natürlich geistig irgendwie zu verarbeiten. Fräulein A. macht sich unterdessen einen Spaß daraus, mich mit ihren kalten Nägeln in den Arm zu zwicken und mit ihrem Ellbogen in die Rippen zu stoßen. Meine kläglichen Versuche, sie abzuwimmeln, verlaufen im Sand. „Das kannst du dir gar nicht alles merken. Und die Hälfte verstehst du überhaupt nicht, ich kann‘s in deinem verschwitzten Gesicht sehen.“ Ihr Gewisper ist kälter als ihre Haut. Ich konzentriere mich so gut ich kann und wippe nervös mit dem Fuß. „..Seitenwind..Nullstelle..Ruhelage..sicher nicht linear!“ Alles Relevante wird aufgeschrieben und vergessen. Fräulein A. gibt mir aus dem Nichts einen festen Hieb auf den Rücken, sodass ich keuchend Luft ausstoße. „Ja, da stauenen Sie, was? Aber so einfach ist das. Das muss man halt wissen! Aber wer weiß das?“ Prof. Brecher freut sich. Mal wieder keiner weiß das. Fräulein A. kichert verzückt ob der Wirkung ihres Hiebes. Ich beuge mich errötend über meinen Block und bemühe mich, ein Husten zu unterdrücken. Fräulein A. kichert beschwingt weiter. Sie hat ihren Spaß und den hat sie gerne. Brecher hat zwischenzeitlich wieder in seinen Vortrag hineingefunden. Meine Atmung ist wieder ruhig, mein Puls nicht. Ich schreibe konzentriert und versuche, die Störungen weitestgehend zu ignorieren, die von Fräulein A. ausgehen. Sie kratzt mich am Nacken, ganz leicht nur, doch immer an der gleichen Stelle, unablässig, ganz leicht nur kratz kratz kratz und hört und hört einfach nicht auf. Nicht dran denken! An der Tafel spielt die Kratzmusik. Am Anfang habe ich es kaum gespürt. Jetzt durchzuckt mich jedes Mal der Schmerz, wenn ihre scharfen Fingernägel meine ausgepumpten Nervenenden reizen. Fast fühlt es sich an, als wäre da schon gar keine Haut mehr, als kratze sie über mein blankes Fleisch, dann über den bloßen Knochen den Weg ins Rückenmark frei. Ein Tropfen Blut kriecht meinen Hals entlang. Während ich ihn eilig abwische, hält Fräulein A. in ihrem Tun inne und lächelt mich an. Die kalten Augen strafen die Grübchen neben dem Mund Lügen. „..die unscharfe Menge..crisp set..Relationen genau definiert.“ Brecher bricht mit den Axiomen der klassischen Mengenlehre. „Das ausgeschlossene Dritte? Ausgeschlossen! Vergessen Sie‘s!“ Ich zittere und ein Schweißfilm verglänzt meine Haut, aber ich schreibe unter konzentrierter Anstrengung weiter. Der Seitenblick auf die Wanduhr verrät mir, dass zwei Drittel der Vorlesung überstanden sind. „Machst du dir keinen Sorgen, dass jemand sieht, wie ich mit dir umspringe? Dein Genick blutet ja..“ „Ach was?“ knurre ich zurück, schreibend. Plötzlich fährt ihr Kopf nach vorne und sie verbeißt sich in meinen rechten Unterarm. Im Bemühen, einen lauten Aufschrei zu unterdrücken, keuche ich auf. Sie beißt fester zu. Und fester. Myriaden heißkalter Nadeln schieben sich mir durch die Haut und ich krümme mich auf meinem Platz zusammen. „Das können sie sehen.“ nuschelt sie, noch immer in meinen Arm verbissen. „Das können sie alle sehen.“ Noch einmal verstärkt sie den Druck, bevor sie den Kopf zurück und mir damit ein Stück Fleisch aus dem Arm reißt. Das Blut fließt wie blöde, die Schmerzen treiben mir die Tränen in die Augen und Fräulein A. sitzt daneben und kaut mich zufrieden. Es ist genug. Unter Krämpfen stopfe ich die Schreibsachen in meinen Rucksack. Kurz schaue ich mich um, blicke aber nur in unbeteiligte Mienen. Niemand scheint etwas zu bemerken. Diese arschgefickten Heuchler. Es bemerkt ja nie jemand etwas. Bis es zu spät ist. „Sie bemerken es schon. Du bist ihnen einfach nur so viel scheißegaler, als dir selbst.“ lacht sie glockenhell und eisig. „Du bist einfach einfach ein Stück Dreck.“ Glänzendes Résumé. Meine Tasche an mich gedrückt, haste ich unter den vorwurfsvollen Augen Brechers „..instabil, oder doch zumindest grenzstabil..“ aus dem Hörsaal und halte dabei meinen rechten Arm fest umklammert, eine Blutspur auf den schmutzigen Teppich legend. Fräulein A. hüpft beschwingt hinter mir her. Sie ist ganz in ihrem Element. Draußen zünde ich mir erst mal eine Kippe an. Die brauche ich jetzt. Sie raucht wie immer mit, bläst mir den Rauch ins Gesicht. Ich sollte ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen, denke ich schon lange. Ich sollte vieles. Ich tu‘ es nicht. Ich sollte wegrennen. Schnell und weit. An der frischen Luft atme ich durch und beruhige mich langsam. Auch Fräulein A. scheint sich zu beruhigen und ein wenig Pause mit ihren Sticheleien zu machen. Vielleicht sollte ich wieder rein gehen. „Solltest du, wenn du nicht wieder wie letztes Semester abschmieren willst. Dein Schnitt hat sich schon wieder verschlechtert. Erbääärmlich.“ singt sie. Sie hat recht. Nur noch 1,6. Das ist allenfalls noch Mittelmaß. Und für jemanden, der in jedem anderen Bereich des Lebens dermaßen kläglich versagt, ist es einfach nur schlecht und peinlich. Mein Arm blutet kaum noch. Ich trete die Kippe aus und in Richtung Hörsaal. Ich will nicht noch weiter abschmieren. Als ich gerade die äußeren Türen öffne, drückt Fräulein A. ihre Kippe in meiner offenen Armwunde aus. Alles wird schrecklich. Alles wird grell und ich klappe zusammen. Ich glaube, ich schreie, aber ich bin mir nicht sicher. Ich halte meinen Arm. Das Schmerzlicht nimmt nur langsam ab. Fräulein A. tritt mir schwungvoll und unschuldig lachend in den Bauch und das Licht geht wieder an. Ich krümme mich auf dem Boden zusammen. Mir kommen die Tränen. Ich will, dass es aufhört. Ich will doch nur zur Vorlesung. Fräulein A. tritt nach. Wie in einem Kinderlied singt sie „Kannst nicht rein, kannst nicht rein..“, hüpft dabei und tritt. Ich bekomme kaum noch Luft, kann nicht mehr klar denken, mein Gehirn zerschmilzt und sprudelt. Der nächste Tritt reißt mich aus meiner eigenen Umklammerung. Ich raffe mich blitzartig auf und renne, ich weiß nicht wohin. Überall hin, nirgends ist es schöner als überall, lache ich. Lache ich? Oder lache ich nicht? Hat Fräulein A. zu entscheiden, ob ich lache? Sie lacht. Leichtfüßig rennt sie mir hinterher, die Zöpfe baumeln im Wind. Mein Arm zieht eine leuchtend rote Spur hinter mir. Rote Brotkrumen aus Erythrozyten, Leukozythn, Thrombozyten und sonst noch was. Ca. 20.5% Sauerstoffgehalt, 98.5% davon an Hämoglobin gebunden, der Rest frei gelöst, heilige Diffusion. Die Brotkrumen dienen nicht mir, sondern der bösen Hexe, weil Märchen die Wirklichkeit nicht wieder- sondern widerspiegeln. Ich renne schneller als sie; sie schläft nicht, schläft nie. Ich will eine Flasche Wein und danach noch ein Dutzend, bis ich sie nicht mehr spüre. Die Treppen hoch, hoch, siebter Stock und Schweiß überfließt Blut, das Herz schmiedehämmert Hölle um Hölle zusammen, heiliger Sinusknoten mein, gerate nicht aus dem Takt, Stockwerk acht, dann achtzehn, dann weiterkeuchen. Fräulein A. wird böse, sie kann nicht so schnell. „Warte!“ Nein. „So warte doch!“ Nein. „Doch!“ Oh. Stockwerk fünfundzwanzig, trappelnde Schritte unter mir, Dach zu meinen Füßen. Rennt, meine Nikes, tragt mich an den Rand von der Schlucht! Und darüber hinaus lasst mich fliegen, aufschlagen und sie an mir zerbrechen, schneller, bevor Fräulein A. uns einholt, fast höre ich sie schon lachen, irre hübsch, irre heiß, fern jeder Skala. Und da steht sie auch schon, am Rand, über dem Rand, da wo ich hin wollte. „Aus dem Weg!“ schreie ich. „Ich nehm‘ dich mit, das weißt du!“ schreie ich, doch bleibe stehen. Sie lächelt. Lächelt fast süß. „Das weiß ich.“ Und dann mit einer Stimme, butterweich wie die einer Liebenden, fast flehend zärtlich „Tu das nicht.“ Und ich tu das nicht.
Pause.
Heute sitzen wir noch manchmal gemeinsam bei einer Flasche Rotwein auf dem Dach und reden. Sie zieht mir dann fürsorglich die Haut vom Fleisch, bevor sie sich durchwühlt, um zärtlich meine Knochen zu brechen. Mein Herz drückt sie dann so liebevoll an sich, dass es vor Freude platzt. Dabei züngelt sie fiebrig mein Gehirn gegen die Schädeldecke, massiert es in beschauliche Stücke, mit denen leichter leben ist. Was wäre ich nur ohne Fräulein A.?
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Die Rede der Diktatoren
Flimpikter entrubiert Konslechows Banst, kloch abtra bunter enviert des Klufters Nerch. Alkamplavier verluviert im zerproluten Ioschrappter, Murlech splentert anprolut. Selb, Nunpojunkter abbaresiert? Sumbalutesk! Benralu knerpsingter erleyrion. Schlaupp vektralter enhoch vengleischt sibius. Alporch kolopptet abun. Belammte fendereite Plocks zenfernen divante Hulpicks.
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Flacht
Flammen flechten fechtend sich ineinander; Fieberträume noch ein wenig, Kleiner Geist aus Schnee und Eis, Ein kleines Bisschen fieberträumen. Und dann weben und flechten Und Fastenzeit sich anfressen Auf Gedeih und Verderb. Nein, hoch die Gläser erst, Auf Gedeih und Verderb! Und runter die Gläser Und in das Flammenfieber Die schneeweichen Geister. Eingetaucht! Mögen sie noch lange flechten, So sie nicht ertrunken sind. So sie nicht erfunden sind.
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Elektrowolf
Der Elektrowolf ist zornig; er vermisst die Kälber, die durch seine Drähte reiten. Seine Augen sprühen blaue Hassliebe, die Augen sprühen und die Luft knistert. Seine Zähne sind aus Metall, er trinkt kein Öl, er korrodiert nicht, er ist älter als das Universum, doch machtlos. Er weiß nicht, woher er kommt, nicht, wohin er geht. Rastlos ist er, zornig und glücklich. Er wird noch sein, wenn nichts mehr ist.
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Elektrowolf
Der Elektrowolf ist zornig; er vermisst die Kälber, die durch seine Drähte reiten. Seine Augen sprühen blaue Hassliebe, die Augen sprühen und die Luft knistert. Seine Zähne sind aus Metall, er trinkt kein Öl, er korrodiert nicht, er ist älter als das Universum, doch machtlos. Er weiß nicht, woher er kommt, nicht, wohin er geht. Rastlos ist er, zornig und glücklich. Er wird noch sein, wenn nichts mehr ist.
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