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saritaaux · 3 years
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Essen Kenia
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Gegessen wir meistens mit den Händen und ja - das macht richtig Spaß. Das ist irgendwie ganz angenehm - man ist langsam, bearbeitet das Essen und hat ein ulkiges Zufriedenheitsgefühl wenn man es sich in den Mund schiebt. Nachdem ich auf der ersten Station meiner Reise im Oman den besten “Händeesserlehrer” Akram hatte sind viele meiner Kollegen beeindruckt wie gut ich das kann. Kurze Anleitung: man formt einen Ball in der Handfläche. Je nachdem ob es noch eine Beilage gibt die nicht direkt mit dem Reis/Ugali vermischt ist drückt man mit dem Daumen eine kleine Kule in das Bällchen und nutzt diese quasi als Schaufel. Und was macht man nun mit dem Bällchen/ Schaufelchen? Man schiebt sie auf die Fingerspitzen von kleinem, Ring- und Mittelfinger und schiebt es mit dem abgeknickten Daumen direkt in den Mund. Mhhhh, yummy!
Gegessen wird gefühlt und eigentlich immer das gleiche. Am besten erklärt man das Essverhalten - und damit Übergewicht vieler - an einem typischen Tagesablauf: In der Arbeit bekommen wir Frühstück mit 1-2 Eier und Toast, der Principal (nicht übergewichtig) trinkt Einen Liter Mangosmoothie. Gegen 11 kommt der Milchtee - Milch die mit Tee aufgekocht wird und normalerweise übersüß ist. Durch meine connections in die Küche bekomme ich einen ungezuckerten und eine Termoskanne heißes Wasser, so kann ich den Tee etwas verdünnen.
Normalerweise gibt es dazu Mandazi - eine Art Teig der ausgebacken wird, erinnert an unsere Ausgezogenen - ohne dass sie ausgezogen werden.
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Um 13.00 gibt’s Mittagsessen: zwei Beilagen -Reis, Chapati oder Ugali. Chapati ist mein Favorit, Pfannkuchen-ähnliches Brot, gefolgt von Ugali, angedickte Maisstärke, die einen super Batz ergibt mit dem man dann zB Managu essen kann.
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Kleiner Exkurs: Managu ist mega lecker, auf Deutsch heißt er Afrikanischer Nachtschatten, gibt’s bei uns aber nicht wirklich. Falsch zubereitet kann er leicht giftig sein. Es sieht so ähnlich wie Spinat aus nur mit mehreren Blättern an einem Stiehl. Die liebe Lydia kocht ihn mit mir: zunächst zupfen wir die Blätter ab und waschen/ drücken ihn richtig gut aus. Dann wird er ca 20 Minuten gekocht und dann das Wasser ausgedrückt. Eine Zwiebel anschwitzen, eine Tomate dazu und alles zusammen köcheln lassen. Etwas Salz dazugeben. Besonders gut schmeckt er wenn man ihn noch ein bisschen Milch oder Sahne verfeinert. Der Geschmack ist auch ähnlich zu Spinat nur etwas bitter und recht herb, was ich persönlich sehr mag.
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Chapati isst man vor allem mit Kitheri - ein Eintopf aus Bohnen, Kidney und Riesenbohnen zB und dem riesigen Mais oder Sukuma Wiki - einem Grünkohlgericht das ähnlich wie Managu zubereitet wird. Reis wird mit allem gegessen, ua Linseneintöpfen. Die leckere Yamswurzel (wenn es die denn war) ist neben Maniok oder Süßkartoffel etwas was ich nur in Nairobi oder nach etwas Suchen bekomme.
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Und jetzt fragt ihr euch vollkommen zu Recht: sag mal wo bleibt eigentlich Sarahs Kuchen?! Naja, hier werden ja wirklich sehr (!) viele Kohlenhydrate gegessen, ständig, überall, aber Kuchen musste ich erstmal suchen. Das hat verschiedene Gründe - einer ist, dass es zuhause oft keine Kühlung in Form von Kühlschränken gibt und dadurch Sahne oä wegfällt. Auch werden hier sehr trockene Sandkuchen gemacht und verkauft - die allerdings eher an Brot erinnern und teilweise auch einfach so heißen, Kokosbrot zB. Auch in der Schule zeigen sie mir wie der typische Kuchen gemacht wird:
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Mandazi kommt noch am ehesten an Gebäck heran wie wir es kennen. Wie an anderer Stelle beschrieben ist meine Rettung der Soko supermarket - hier gibt es nicht nur die verdammt leckere Ingwerlimo Stoney Tangawizi sondern auch eine neu eröffnete Bäckerei und die hat alles was mein Kuchenherz begehrt: Black Forrest Roll, Red Velvet Roll, Muffins, und so weiter und so fort. Asante!
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Achja und was man bei den ganzen Kohlenhydraten nicht vergessen darf: es gibt hier fantastisch schmeckendes Obst: suße Mangos oder welche die eher an Gemüse erinnern, Wassermelonen, Avocados, Bananen und was auch immer das Herz begehrt. Nurunser Standardobst Apfel muss beispielsweise importiert werden und ist entsprechend teuer. Aber bei den Mangos... ich würde sagen: verkraftbar!
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saritaaux · 4 years
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I don’t want to marry - Collective laughter
Neben Politik ist heiraten und Kinder bekommen eines der Hauptthemen über die Dimension mit mir sprechen. Wenn ich von mir gebe, dass ich absolut kein Interesse am heiraten habe ernte ich stets kollektives Gelächter. Viele fragen mich danach, wie viele Kinder ich habe. Das kenne ich bereits aus anderen Ländern. Ich entgegne meistens: ich habe genau ein Kind und das heißt Doktorarbeit. So lasse ich beispielsweise den Governor (äquivalent Ministerpräsident) verdutzt verstummen nachdem er mir erklärt hat ich müsste eigentlich schon mein drittes oder viertes Kind haben.
Es gibt sehr viele Männer, die ein großes Interesse dran hätten mich zu heiraten oder mir ihre Söhne anzubieten. Männer oder Väter, die auch direkt in Verhandlungen einsteigen würden. In Zeiten von Corona wird übrigens auch ein skype call mit meinen Eltern als für Verhandlungen angemessen betrachtet. Manchmal habe ich fast den Eindruck es herrscht die Meinung mann müsse nur meine Eltern überzeugen die würden mich dann schon zur Räson bringen. Gerade wenn ich unterwegs bin mit Offiziellen im Hinterland, sehen viele ihre Chance gekommen. Sie können in diesem Moment zwar nicht mit meinen Eltern verhandeln, aber versuchen es mit mir oder aber auch mit meinem Begleiter, der als eine Art Ersatzverhandler gesehen wird. Klar, da ich als Frau nicht fähig bin eigene Entscheidungen zu treffen.
Lasst mich euch erzählen, wie Ehen hier zu Stande kommen. Natürlich ist es mittlerweile insbesondere in den modernen Familien so, dass die Verhandlung über den Brautpreis hauptsächlich eine Tradition beziehungsweise Formalität ist. In den abgelegenen Gegenden hingegen ist es eine sehr ernste Angelegenheit. Die Eltern des zukünftigen Ehemanns und der Ehemann nehmen auf der einen Seite Platz, während die Eltern der zukünftigen Ehefrau auf der anderen Seite Platz nehmen. Die Glückliche selbst ist nicht anwesend.
Zunächst werden die Familienverhältnisse sondiert. D.h. es wird erstens die Familiengeschichte gescreent, ob es in der Vergangenheit Probleme zwischen den Familien zwischen den Clans gab. Clans und Stämme spielen nicht nur im Privaten sondern auch bei Geschäften oder politischen Entscheidungen eine große Rolle. Dann wird geschaut ob es einen Fluch gibt, der auf der anderen Familie liegt - Dies zeigt sich in schlechten Ereignissen, die die Familie betreffen das kann wirtschaftlicher Natur sein aber beispielsweise auch eine Behinderung, die nicht natürlich zu Stande gekommen ist. Dann spielen die Gene eine Rolle, noch lange bevor wir diese wissenschaftlich erkundet haben. Gab es bereits Verbindungen aus den beiden Familien und wie viele Söhne wurden in diesen Verbindungen gezeugt. Wenn alle diese sozialen Faktoren abgeklappert worden geht es dann an den Preis der Frauen. Wobei mir jeder erklärt, dass es hier nicht um eine Preis geht, sondern um eine Anerkennung. Niemand hat eine Erklärung dafür parat, warum die Frau dem Mann keine Anerkennung zeigen muss. Und daran zeigt sich für mich, dass es sich sehr wohl um einen Preis handelt. Den Preis, dass die Frau ab sofort Anerkennung zeigt für den Mann und zwar in ihrer Ehe. Sie zieht zu der Familie des Mannes und gibt ihre Individualität auf. Als ich einen Verwandten Symons des Fahrers rhetorisch geschickt in die Ecke dränge warum er als Mann meint das Recht zu haben mehr als eine Frau zu haben aber seine Frau nicht das Recht mehr als einen Mann sagt er zum Schluss was viele hier denken: „I payed a price, I own her.“
Einzig der Fahrer Symon kann mir eine Erklärung geben, auf die ich mich ansatzweise einlassen kann. Die nicht unlogisch ist gegeben der Realitäten hier. Ich bin schon wieder dabei die Erklärung abzuwehren und bemerke dabei wie er etwas beleidigt stoppt, ich würde ja eh nicht zuhören. Nachdem ich ihn dreimal bitte mir doch seine Sicht zu erklären willigt er nun doch ein. Er sagt, dass es für ihn eine Art ist Commitment zu zeigen. Er war zunächst mit seiner Frau zusammen und dann haben die beiden beschlossen zu heiraten. Das er so viel Geld bzw Ressourcen aufbringen muss zeigt den zukünftigen Schwiegereltern, dass er es ernst meint. Gerade wenn man sich die Gesetzeslage hier ansieht für Eheleute, die in hohem Maße diskriminierend ist, macht das aus Sicht der Schwiegereltern mit Blick auf die Sicherheit und Zukunft der Tochter durchaus Sinn. Über dieses Gesetz fucke - sorry für die Ausdrucksweise aber nichts anderes passt hier - ich mich in der Rubrik über Frauen und Männer ab.
Der Preis für eine durchschnittliche Frau beträgt 2-3 Kühe. In Nandi gibt es einen festgeschriebenen Preis, der aus zwei ausgewachsenen Kühen und drei jungen Kühen besteht wovon zwei Stiere sein müssen. Da eine Kuh mindestens 40000 Shilling kostet kann sich nicht jeder leisten zu heiraten (ihr erinnert euch: Durchschnittslohn 20-30000). Das führt dazu, dass teilweise sehr alte Männer sehr junge Mädchen heiraten, zB bei den Masai. Es gibt außerdem in vielen Teilen des Landes räuberische Auseinandersetzungen zwischen Stämmen, da die Männer Kühe von anderen klauen, um heiraten zu können. Daher wird manchmal auch ein Bogen symbolisch akzeptiert, welcher zeigt, dass der Mann auch in Zukunft für die Ehe und den Wohlstand kämpfen möchte. Ich bin übrigens laut ein paar Angeboten mindestens 20 Kühe wert.
Wenn sich dann auf einen Preis geeinigt wurde wird zusammen Milch getrunken, dies ist ein Zeichen der Einigkeit. Dann wird die Frau mit ihren Freundinnen Cousinen oder Schwestern herein geführt und der zukünftige Ehemann darf das erste Mal selbst sprechen und eben diese Frau aussuchen. Das hat schon was von Supermarkt Regal.
Nach der Eheschließung beobachte ich, dass Frauen sehr unterwürfig sind. Sie bedienen die Männer von vorne bis hinten waschen Ihnen die Hände, servieren Ihnen das Essen, die Männer erhalten den ersten Bissen, die Frauen den letzten Bissen. Sie sind häufig still, demütig und haben nichts zu melden. Die Frauen werden Teil der Familie des Ehemanns. Das höchste zu erreichende Ziel ist Ehefrau und Mutter und dem Mann dafür dankbar zu sein.
Wenn es gravierende Probleme in der Ehe gibt, dann und ausschließlich dann kommen die Familien noch einmal zusammen. D.h. die Frau flüchtet zu ihren Eltern und die Eltern des Ehemanns müssen mit dem Ehemann hinterher kommen. Dann darf die Frau sprechen und anklagen. Der Ehemann darf sich nicht verteidigen, sondern es muss sich entschuldigt werden. Dies ist eine sehr unangenehme Situation für beide Seiten und kommt nicht häufig vor. Mir wird allerdings erzählt das passiert bspw wenn der Ehemann gewalttätig ist oder ein Drogen- bzw Alkoholproblem etc. hat.
Es gibt natürlich solche und solche Männer, in Kenia wie überall auf der Welt auch. Aber die Gesellschaft und ihre Strukturen hier ist besonders grausam zu Frauen, die massiv diskriminiert und klein gehalten werden. Der Teil der Bevölkerung, der viel verlässlicher, verantwortungsbewusster, weniger korrupt und hart arbeitender als der Großteil der Männer ist. Ich kenne das aus anderen Kulturen - im mittleren Osten oder auch Lateinamerika - und immerwieder schmerzt es mich so eine Ungerechtigkeit zu sehen. Beispielsweise erzählt mir eine Ministerin sie hätte den Job nie bekommen wäre sie nicht verheiratet. Eine andere erklärt mir sie hat Jobs tatsächlich nicht bekommen weil sie nicht verheiratet ist und ihr damit charakterliche Eigenschaften fehlten. Es gibt viele Frauen, die wie ich einen Fake Ehering tragen. Männer heiraten, setzen Kinder in die Welt und übernehmen null Verantwortung. Frauen schweigen, obwohl um sie herum der größte Mist verzapft wird, weil das höchste Ziel einer Frau ist verheiratet zu sein und Kinder zu kriegen. Schweigen sie nicht sitzen in den entscheidenden Positionen natürlich Männer, die sie systematisch überstimmen, übergehen und wiederum klein halten. Und natürlich sehe ich die Ungläubigkeit in den Gesichtern wenn ich als Frau dann sage: „I don’t wanna marry.“ und diese Meinung auch bei keinem der Bewerber, die jeder für sich glauben eine Frau hätte nur auf sie gewartet, ändere. Im Gegenteil, sogar ausführe, dass ich doch wenn überhaupt nie in Kenia heiraten würde, weil das für mich bedeutet all meine Freiheit aufzugeben während der Mann exakt gar nichts aufgeben muss. Männer erklären mir dann gern, dass das das Problem in westlichen Gesellschaften wäre weshalb wir schrumpfen. Ich entgegne: das Problem liegt mitnichten an den Frauen die ihre oberste Priorität nicht mehr im Kinder kriegen sehen, sondern an den Männern, die bei Kindererziehung, Haushalt und Jobeinbußen ihre Verantwortung nicht wahrnehmen.
Das einzige was mir übrig bleibt ist Frauen zu bestärken und Verständnis bei den Männern zu schaffen, was ich furchtbar gerne tue und immerwieder in Gelächter endet, wenn die Chepchumba mal wieder was sagt, was sich sonst keiner auszusprechen traut. Mit einer Mischung aus Grenzüberschreitung, scherzhafter Direktheit und der Aufforderung sich in den anderen hineinzuversetzen schaffe ich Stück für Stück zumindest andere Normalitäten mal gedanklich zuzulassen und wenn die Damen dran bleiben hoffentlich irgendwann nicht mehr nur gedanklich.
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saritaaux · 4 years
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Hakuna madsch - I don’t have water
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Das größte Problem in Kenia, am College und in Kabarnet ist Wasser. Auf meinem Weg nach Lodwar sehe ich katastrophale Zustände, Kinder die aus einem halb ausgetrockneten Dreckloch versuchen Wasser zu schöpfen. Ganz so dramatisch ist es in Kabarnet bzw Kapsoo nicht, dass ich meine Kanister aufreihen kann und aus einer Leitung vor meiner Wohnung Wasser bekomme ist fast Luxus, denn auch hier beobachte ich Studenten und Leute beim Wasserholen - wofür die diese Zeit anders nutzen könnten... Auch bei uns vor der Schule gibt es zwei Wasserstellen - nach Regen sieht eine beispielsweise so aus, das ist für unsere Verhältnisse kein Zustand. Die andere ist die Klippe, mein absoluter Lieblingsort wo ich auch zum Alleinsein, Malen, Lesen und so weiter etwas abseits hingehe. Zumindest ist die Aussicht bei der zweiten Wasserstelle gigantisch - wer hat das schon in seinem Badezimmer?
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Ich beobachte, rede viel mit den Leuten, wenn ich durch die Gegend laufe, am Markt, im College, überall, es interessiert mich was sie denken, das hilft mir dann die richtigen Fragen zu stellen. Es gibt meist zwei Themen: Heiraten oder Politik (inkl Wasser). Dabei habe ich ein recht zuverlässiges Gespür dafür entwickelt wem ich glaube und wo ich nochmal genau hinschaue. Wo ich genau hinschaue höre ich erst Wasser ist knapp, es gibt keines, dann höre ich, dass ein Teil für die Verteilung kaputt sei, dann, dass das Pumpen und der Strom so teuer respektive kaputt sei, es gibt bereits ein kaputtes Bohrloch mit salinem Wasser, tausend verschiedene Aussagen. Dass Dr. Frosch mir bereits erklärt hat, dass er seit Monaten und trotz mehrmaliger Bitte bis heute auf die Pläne des Wasserwerkes wartet, macht die Sache nicht besser. Hier dauert alles länger, das ist normal, aber das handling mit der Wasserfirma ist tagesfüllend.
Ich gehe also auf Spurensuche. Erst zum Damm, wo mehr als genug Wasser vorhanden ist. Von vier Pumpen funktionieren 2/3, das Wasser wird gefiltert und dann nach Kabarnet gepumpt. Der Hauptspeicher sitzt wohl auf einem Berg, aber keiner weiß 100% wo, er ist für mich nicht auffindbar - vorerst. Dann besichtige ich einen Wassertank mitten in der Innenstadt, von dem Leute Wasser abfüllen können.
Ich stelle fest: Es gibt tatsächlich sogar einen Überfluss, einmal läuft ungefiltertes Wasser einfach weiter am Damm, einmal versickert gutes Wasser direkt in der Erde. Interessant auch: ein paar Findige füllen Wasser ab und liefern es gegen ein Entgelt an Haushalte ohne Wasser. Es scheint als wäre das Problem mitnichten die Menge, eher die Verteilung. Und da läuft was falsch. Es gibt so viel Wegducken, Halbwissen, Intransparenz, da stimmt was nicht. Den Ruf nach Solarpanels, um Elektrizität für die Pumpen zu erzeugen, kann ich nur belächeln. Nicht nur, weil die Teile schweineteuer sind, sondern auch, weil die Instandhaltung viel Know-how und Kontinuität (die ich hier nicht sehe) bedarf. Insbesondere, da sich das Management für diesen Teil der Firma wenig zu interessieren scheint: beide Male die ich dort bin sehe und spreche ich mit Angestellten oder Herumlungernden, die schlicht besoffen sind.
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An einem anderen Wochenende kann ich dann mit dem operativen Leiter, der selbst schonmal in Japan zu Gast war, den örtlichen Wassertank mit 6 Mio Litern Kapazität sowie den Pumpen begutachten. Ich bin sehr direkt wenn ich ihm erkläre, dass es sich vielleicht im Kleinen um eine komplexe Aufgabe handelt, aber im Großen ist es aus meiner Sicht ganz einfach. Es gibt vier bestimmende Parameter: tatsächliche Wassermenge, benötigte Wassermenge, Speicherkapazität und Durchflussgeschwindigkeit (häufig ohne Pumpe, nur mit Schwerkraft) bzw -menge. Und das hat kaum was mit Ingenieurswissen sondern mehr mit Prozessmanagement zu tun. Er versucht mir meine Fragen zu beantworten, skizziert mir sogar einen Plan mit durchschnittlichem Verbrauch, Röhrengröße und ungefähren Abzweigungen der einzelnen Versorgungsleitungen. Den offiziellen Plan erhält Dr. Sarah - genauso wie Dr Frosch aus Deutschland - trotz mehrmaligen Bittens nicht. Solange dies der Fall ist wundert mich jeder Shilling der in dieses Unternehmen investiert wird.
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Außerdem: Interessanterweise gab es Diskussionen ob das College Uni werden soll - der Managing Director der Wasserfirma Kirandich, Mr. Chepsat, der Governor Mr Kiptis (äquivalent Ministerpräsident), und Senator Mr Moi (äquivalent Bundesratsmitglied), alle drei dem verstorbenen ehemaligen Präsidenten Moi familiär und dem derzeitigen, sich in der letzten Amtszeit befindenden Präsidenten Kenyatta (selbst damals Vizepräsident von Moi) verbunden, waren dagegen. Der derzeitige Vizepräsident Rutto bringt sich gerade für die Wahl in Stellung, war ursprünglich dafür, rudert nun aber zurück. Wirklich brisant ist das Thema tatsächlich nicht mehr. Das ist reine Spekulation, aber naja, ein Schelm wer Böses dabei denkt, dass das College nicht ausreichend mit Wasser versorgt wird. Der Managing Director wohnt jedenfalls selbst an unserer Wasserlinie und sollte eigentlich ein eigenes Interesse an der Versorgung haben - allerdings hab ich beim in die Stadt laufen viele sehr schöne Häuser mit tollen Blumengarten gesehen und einige davon holen oder pumpen wohl zusätzlich selbst vom Fluß Wasser herauf.
Ich persönlich sehe wie die Ältesten und der ehemalige Bildungsminister keine Notwendigkeit hier eine Uni zu haben, die Absolventen (ca 60% davon) finden sowieso keine Jobs. Techniker, Klempner, Elektriker etc können wenigstens was und werden immer gebraucht. Eine Technische Universität wäre eine Möglichkeit, aber das steht in den Sternen - der Principal geht jedenfalls in 5/6 Jahren in Rente und hat kein Interesse, war vermutlich auch kein Zufall.
Jedenfalls, zurück zum Wasser. Solange es keine verlässlichen Informationen und damit eine strukturierte Ursachenforschung und tatsächliche Bedarfsplanung gibt ist abzusehen, dass sämtliches Geld versumpft oder für überflüssiges Zeug ausgegeben wird. Tausend Gründe werden genannt, immer hat es angeblich was mit fehlendem Geld zu tun, es geht immer derselben Argumentation nach:
- zu wenig Wasser (stimmt nicht. Punkt.),
- zu wenig Pumpen/ Pumpen sind kaputt, eine geht angeblich just eine Woche nachdem ich sie besichtigt hab kaputt. Die schalten die Pumpen über Nacht ohne Erklärung für mich also nicht nachvollziehbar sogar aus. Solange hier nicht das bestehende Potential komplett ausgeschöpft wird bzw die Bereitschaft dazu da ist sehe ich keinen Bedarf. Als mir der breakdown erzählt wird schau ich mir das doch am gleichen Nachmittag wieder mal an und spreche mit verschiedenen Angestellten - Fazit: beide Pumpen laufen im Wechselbetrieb und ein Besoffener hat Aufsicht
- Elektrizität ist zu teuer (überdenkt mal euer Preismodell, dann könnt ihr die Rechnungen zahlen bzw sind Strom wie Wasser Regierungsinstitutionen und damit ultimativ dem governor unterstellt - der seinen Job hier nicht wirklich mit Arbeit sondern mehr mit Inaktivität füllt; es gibt unterschiedliche Aussagen 1/4-3/4 der Haushalte haben keinen Zähler, Wasser wird so gut wie nicht geliefert und trotzdem der Basispreis eingezogen, trotzdem (!) wollen die die Abnehmer vergrößern, irgendwer hat wohl mal was von economies of scale aufgeschnappt, Leute, das ist mein Fachgebiet da macht ihr mir nichts vor, das ist in der Konstellation genau eines: Quatsch),
- Die Rohre seien mit 3 bzw zum Schluss 2 inch zu klein. Auch das ist falsch, meine Recherche ergibt für unsere Mengen ist das selbst mit Gravitationskraft ausreichend
- Ventile seien kaputt, nachdem der Principal diese auf College Kosten austauscht werden die alten woanders wieder eingebaut.
Immer kann alles nur von jemand anderem, von mehr Geld und Ressourcen gelöst werden. Der Einfluss, das Zusammenspiel von Religion, Kolonialisierung und Traditionen.
Es gab wohl sogar schonmal ein Projekt von Regierung und einer NGO (Weltbank, UN oder so, weiß man nicht genau, ich meine es ist die italienische Regierung), welches dann in der zweiten Phase vermutlich aufgrund von Korruption abgeblasen bzw auf on hold gesetzt wurde. Phase zwei soll wohl nun mit der italienischen Regierung durchgeführt werden. Jetzt darf man dreimal fragen warum die wohl abgesprungen sind - ich erzähl euch mal eine Geschichte, die ich in der Aufzählung schon angetriggert habe:
Die Situation am College wird damit erklärt, dass zwei Schleusenventile kaputt seien. Der Principal kauft die beiden Schleusen kurzerhand. Dann sei der Durchmesser der Rohre zu klein - das lasse ich solange nicht gelten, solange ich keinen Plan der Wasserversorgung bekomme und nur sehr zähe Informationen über Durchfluss, Schleusenöffnungszeiten, Rationierungen und dergleichen erhalte. Überall ständig: ich brauche, ich brauche, ich brauche, es wäre, es wäre, es wäre besser... und ständig die Fragerei, ob ich nicht ihn oder sie oder am besten ganz Afrika mit nach Deutschland nehmen könnte. Dass man dort auch nichts geschenkt bekommt und viele mit der hiesigen Arbeitsweise dort viel brachialer scheitern würden können sie sich glaube ich schier nicht vorstellen. Kein Ansatz sich selbst zu helfen. Versteht mich bitte nicht falsch, ich akzeptiere wie die Dinge hier laufen, ich beurteile das nicht sondern beobachte nur und sehe die Konsequenzen. Ich liebe die Arbeit hier mit einer anderen Kultur und nutze eben meine eigene bestmöglich. Häufig wenn ich ernst werde oder ungemütlich oder in ein Aufsichtsratsmeeting spaziere und meine Musungigkeit nutze muss ich danach selbst grinsen.
Allzu einfach wäre es hier immer wieder Abhängigkeiten aufzubauen, die vielleicht mir gut tun, weil ich mir sagen kann ich täte Gutes, aber ihnen nicht, weil sie nie selbstständig würden. Die Auswirkungen von Entwicklungshilfe, ich hab wirklich einen anderen Blick darauf gewonnen.
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Diese kleine Austauschaktion der Ventile dauert zum Schluss zwei Wochen. Natürlich stehe ich immer auf der Matte und beobachte was die Arbeiter so machen, das benötigt Sitz- nein Stehfleisch aber gibt mir auch während der Gespräche interessante Einblicke. Dass sie am Anfang bspw nur eines ausgetauscht haben. Aber wenn sie dann irgendwann mal anfangen ziehen sie es auch durch - langsam zwar aber immerhin. Inklusive Kreativität: einmal wird zur Dichtung eine Toastverpackung umfunktioniert.
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Was mich dann aber richtig ärgert: ich sehe wie das zweite alte Schleusenteil einfach woanders wieder eingebaut wird. Seltsam, wo es doch angeblich so kaputt war. Genauso mit den Pumpen: jemand der den Report von Dr. Frosch gelesen hat, der einer Pumpe starke Schwäche attestiert, sieht wohl seine Chance. Uns wird erklärt jetzt wäre doch höchste Eisenbahn, die komplette Wasserversorgung Kabarnets stehe auf dem Spiel, man wollte über eine andere Firma bestellen, müsste nun doch ausschreiben, überlege sogar einen Kredit aufzunehmen, das alles würde Monate dauern. Da schaut dich jemand an und du hast nicht den Eindruck er lügt. Kurzerhand informiere ich niemanden und fahre nochmal zum Damm: dieser jemand rechnet nicht damit, dass jemand dieser offensichtlichen Lüge nachgeht. Beide Pumpen laufen im Wechselbetrieb, es hat sich seit meinem Besuch nichts verändert. Da soll man nicht misstrauisch werden. Joa, das haben sie aber schnell gerichtet. Ironie off. Sorry, not sorry - verarsc*en kann ich mich selbst.
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Manchmal bekommt man hier nämlich (in diesem Fall für alle Beteiligten aber generell vor allem als Msungu) das Gefühl dir wird eben erzählt was sie denken was du hören willst, tun dann aber das was sie denken was richtig wäre. Es ist sehr müßig, alles, immer jemand anderes Schuld, immer ist Geld die Lösung, immer werden Leute versetzt, häufig ein Machtgeplänkel. Man wird nicht als Teil von ihnen wahrgenommen. Das hat aus meiner Sicht mit Stammdenken und der bereits angesprochenen Konditionierung zu tun. Niemand will seine Würde verlieren. Ich arbeite Stück für Stück und Tag für Tag daran, dass man von Msungus nicht nur Geld sondern auch anständiges und vor allem angepasstes Verhalten sowie vielleicht dann auch eine positive Entwicklung insgesamt und nicht monetär erwarten kann. Nur dann kann ich das auch zurück erwarten.
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Der Ratschlag von Kandies Frau Joanne ist einer der wertvollsten die ich hier bekommen habe: lass etwas Raum für Enttäuschungen. Aus deutscher Perspektive wird man hier ständig enttäuscht. Jeden Tag überprüfe ich teilweise mehrmals das Meter - selbst wenn sie sagen das Wasser wäre gekommen. Ist es in den meisten Fällen - vom Bibelcollege nebenan die uns aushelfen. Was zum Geier wollen die abrechnen mit dem sicherlich tollen Mpesa System wenn sie verdammt nochmal nicht liefern? Es wird viel geredet, aber ich glaube nur das was ich sehe. Und dass tatsächlich was passiert nach dem Gerede und tausend stories (Rohre zu klein, wir hätten das Ventil zu gemacht - lächerlich, Wechsel des Personals von Hr Gilbert zu Hr Thomas, blablabla) ist höchst selten. Die komplette Befüllung aller Tanks wird mir in Woche 2/3 das erste Mal versprochen und ist bis zu meiner Abreise (Woche 6) immernoch nicht passiert. Vermutlich aufgrund eines Mixes aus Unorganisation, Korruption (ich habe darüber schon geschrieben) und schlicht Unfähigkeit. Mittlerweile kann ich sagen: das gilt insbesondere für die Männer hier - natürlich weil ausschließlich die in verantwortlichen Positionen sitzen aber auch weil die eben seit Geburt mit so einem Verhalten konsequenzlos leben. So kann man jedenfalls nicht arbeiten, vor allem nicht auf Augenhöhe.
Es bleibt vorerst dabei: Hakuna madsch - ich hab kein Wasser.
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saritaaux · 4 years
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I don’t want to marry - Collective laughter
Ein paar Einträge zu Kenia, seiner Kultur und meinem Leben dort fehlen noch - das hole ich in meiner Quarantäne jetzt nach. Neben Politik ist heiraten und Kinder bekommen eines der Hauptthemen über die die Menschen in Kenia mit mir sprechen. Wenn ich von mir gebe, dass ich absolut kein Interesse am Heiraten habe ernte ich stets kollektives Gelächter. Viele fragen mich danach und auch wie viele Kinder ich habe. Das kenne ich bereits aus anderen Ländern. Ich entgegne meistens: ich habe genau ein Kind und das heißt Doktorarbeit. So lasse ich beispielsweise den Governor (äquivalent Ministerpräsident) verdutzt verstummen nachdem er mir erklärt hat ich müsste eigentlich schon mein drittes oder viertes Kind haben.
Es gibt sehr viele Männer, die ein großes Interesse dran hätten mich zu heiraten oder mir ihre Söhne anzubieten. Männer oder Väter, die auch direkt im Verhandlungen einsteigen würden. In Zeiten von Corona wird übrigens auch ein skype call mit meinen Eltern als für Verhandlungen angemessen betrachtet. Manchmal habe ich fast den Eindruck es herrscht die Meinung mann müsse nur meine Eltern überzeugen die würden dann schon dafür sorgen mich zur Räson zu bringen. Gerade wenn ich unterwegs bin mit offiziellen im Hinterland, sehen viele ihre Chance gekommen. Sie können zwar nicht mit meinen Eltern verhandeln in diesem Moment, aber versuchen es mit mir oder aber auch mit meinem Begleiter, der als eine Art Ersatzverhandler gesehen wird. Natürlich da ich als Frau nicht fähig bin eigene Entscheidungen zu treffen.
Lasst mich euch erzählen, wie Ehen hier zu Stande kommen. Natürlich ist es mittlerweile insbesondere in den modernen Familien so, dass die Verhandlung über den Brautpreis hauptsächlich eine Tradition beziehungsweise Formalität ist. In den abgelegenen Gegenden hingegen ist es eine sehr ernste Angelegenheit. Die Eltern des zukünftigen Ehemanns und der Ehemann nehmen auf der einen Seite, während die Eltern der zukünftigen Ehefrau auf der anderen Seite Platz nehmen. Die Glückliche selbst ist nicht anwesend.
Zunächst werden die Familienverhältnisse sondiert. D.h. es wird erstens die Familiengeschichte gescreent, ob es in der Vergangenheit Probleme zwischen den Familien zwischen den Clans gab. Clans und Stämme spielen nicht nur im Privaten sondern auch bei Geschäften oder politischen Entscheidungen eine große Rolle. Manchmal vergleiche ich das mit Bundesländern oder Regionen wie Schwaben, aber der Vergleich ist wirklich nicht treffend, Stämme sind wesentlich stärker vorurteilsbehaftet und verhaltenssteuernd- und das sag ich sls schwäbische Bayerin. Dann wird geschaut ob es einen Fluch gibt, der auf der anderen Familie liegt - Dies zeigt sich in schlechten Ereignissen, die die Familie betreffen, das kann wirtschaftlicher Natur sein aber beispielsweise auch eine Behinderung, die nicht natürlich zu Stande gekommen ist. Dann spielen die Gene eine Rolle, das ist Tradition, wurde also in Betracht gezogen noch lange bevor wir diese wissenschaftlich erkundet haben. Gab es bereits Verbindungen aus den beiden Familien und wie viele Söhne wurden in diesen Verbindungen gezeugt? Wenn alle diese sozialen Faktoren abgeklappert worden geht es dann an den Preis der Frauen. Wobei mir jeder erklärt, dass es hier nicht um eine Preis geht, sondern um eine Anerkennung. Niemand hat eine Erklärung dafür parat, warum die Frauen dem Mann keine Anerkennung zeigen müssen. Und daran zeigt sich für mich, dass es sich sehr wohl um einen Preis handelt. Den Preis, dass die Frau ab sofort Anerkennung zeigt für den Mann und zwar in ihrer Ehe. Sie zieht zu der Familie des Mannes und gibt ihre Individualität auf. Als ich einen Verwandten Symons des Fahrers rhetorisch geschickt in die Ecke dränge warum er als Mann meint das Recht zu haben mehr als eine Frau zu haben aber seine Frau nicht das Recht mehr als einen Mann sagt er zum Schluss was viele hier denken: „I payed a price, I own her.“
Einzig der Fahrer Symon kann mir eine Erklärung geben, auf die ich mich ansatzweise einlassen kann. Die nicht unlogisch ist gegeben der Realitäten hier. Ich bin schon wieder dabei die Erklärung abzuwehren und bemerke dabei wie er etwas beleidigt stoppt, ich würde ja eh nicht zuhören. Da hat er recht. Nachdem ich ihn dreimal bitte mir doch seine Sicht zu erklären willigt er nun doch ein. Er sagt, dass es für ihn eine Art ist Commitment zu zeigen. Er war zunächst mit seiner Frau zusammen und dann haben die beiden beschlossen zu heiraten. Das er so viel Geld bzw Ressourcen aufbringen muss zeigt den zukünftigen Schwiegereltern, dass er es ernst meint. Gerade wenn man sich die Gesetzeslage für Eheleute hier ansieht, die in hohem Maße diskriminierend ist, macht das für Schwiegereltern mit Blick auf die Sicherheit und Zukunft der Tochter durchaus Sinn. Über dieses Gesetz fucke - sorry für die Ausdrucksweise aber nichts anderes passt hier - ich mich in der Rubrik über Frauen und Männer ab.
Der Preis für eine durchschnittliche Frau beträgt 2-3 Kühe. Die Stämme spielen wie gesagt eine große Rolle im gesellschaftlichen Leben. In Nandi gibt es beispielsweise einen festgeschriebenen Preis, der aus zwei ausgewachsenen Kühen und drei jungen Kühen besteht wovon zwei Stiere sein müssen. Da eine Kuh mindestens 40000 Shilling kostet kann sich nicht jeder leisten zu heiraten (ihr erinnert euch: Durchschnittslohn 20-30000 pro Monat). Das führt dazu, dass teilweise sehr alte Männer sehr junge Mädchen heiraten, zB bei den Masai. Es gibt außerdem in vielen Teilen des Landes räuberische Auseinandersetzungen zwischen Stämmen, da die Männer Kühe von anderen klauen, um heiraten zu können. Daher wird manchmal auch ein Bogen symbolisch akzeptiert, da dieser zeigt, dass der Mann auch in Zukunft für die Ehe und den Wohlstand kämpfen möchte. Ich bin übrigens mindestens 20 Kühe wert, wurde mir angeboten - wenn ich das anschneide werden viele Interessenten schnell stumm. Insbesondere weil ich das - ich will nicht heiraten - ausgeschlagen hab. Dann lache ich, manchmal gibt es kollektives Gelächter.
Wenn sich dann auf einen Preis geeinigt wurde wird zusammen Milch getrunken, dies ist ein Zeichen der Einigkeit. Dann wird die Frau mit ihren Freundinnen Cousinen oder Schwestern herein geführt und der zukünftige Ehemann darf das erste Mal selbst sprechen und eben diese Frau aussuchen. Das hat schon was von Supermarktregal.
Nach der Eheschließung beobachte ich, dass Frauen sehr unterwürfig sind. Sie bedienen die Männer von vorne bis hinten waschen Ihnen die Hände, servieren Ihnen das Essen, die Männer erhalten den ersten Bissen, die Frauen den letzten Bissen. Sie sind häufig still, demütig und haben wenig bis nichts zu melden. Die Frauen werden Teil der Familie des Ehemanns. Das höchste zu erreichende Ziel ist Ehefrau und Mutter und dem Mann dafür dankbar zu sein. Auch hier muss man natürlich den Bildungsgrad und Wohnsitz betrachten, manchmal ist es strikter, manchmal westlicher, aber die Tendenz bleibt gleich.
Wenn es gravierende Probleme in der Ehe gibt, dann und ausschließlich dann kommen die Familien noch einmal zusammen. D.h. die Frau flüchtet zu ihren Eltern und die Eltern des Ehemanns müssen mit dem Ehemann hinterher kommen. Das sei sehr demütigend. Dann darf die Frau sprechen und anklagen. Der Ehemann darf sich nicht verteidigen, sondern es muss sich entschuldigt werden. Dies ist eine sehr unangenehme Situation für beide Seiten und kommt nicht häufig vor, das passiert bspw wenn der Ehemann gewalttätig ist oder ein Drogen- bzw Alkoholproblem etc. hat.
Es gibt natürlich solche und solche Männer in Kenia wie überall auf der Welt auch. Aber die Gesellschaft und ihre Strukturen hier sind besonders grausam zu Frauen, die massiv diskriminiert und klein gehalten werden. Der Teil der Bevölkerung, der viel verlässlicher, verantwortungsbewusster, weniger korrupt und oft härter arbeitender als der Großteil der Männer ist. Ich kenne das aus anderen Kulturen - im mittleren Osten oder auch Lateinamerika - und immerwieder schmerzt es mich so eine Ungerechtigkeit zu sehen. Beispielsweise erzählt mir eine Ministerin sie hätte den Job nie bekommen wäre sie nicht verheiratet. Eine andere erklärt mir sie hat Jobs tatsächlich nicht bekommen weil sie nicht verheiratet ist und ihr damit charakterliche Eigenschaften fehlten. Es gibt viele Frauen, die wie ich einen Fake Ehering tragen. Männer heiraten, setzen Kinder in die Welt und übernehmen null Verantwortung. Frauen schweigen, obwohl um sie herum der größte Mist verzapft wird, weil das höchste Ziel einer Frau ist verheiratet zu sein und Kinder zu kriegen. Schweigen sie nicht sitzen in den entscheidenden Positionen natürlich Männer, die meinen sie stünden über den Frauen und diese dann systematisch überstimmen, übergehen und wiederum klein halten. Oft ist den Männern das gar nicht so explizit bewusst. Und natürlich sehe ich die Ungläubigkeit in den Gesichtern wenn ich als Frau dann sage: „I don’t wanna marry.“ und diese Meinung auch bei keinem der Bewerber, die jeder für sich glauben eine Frau hätte nur auf sie gewartet, ändere. Im Gegenteil, sogar ausführe, dass ich doch, wenn überhaupt, nie in Kenia heiraten würde, weil das für mich bedeutet all meine Freiheit aufzugeben während der Mann exakt gar nichts aufgeben muss. Männer erklären mir dann gern, dass das das Problem in westlichen Gesellschaften wäre weshalb wir schrumpfen. Ich entgegne: das Problem liegt mitnichten an den Frauen die ihre oberste Priorität nicht mehr im Kinder kriegen sehen, sondern an den Männern, die bei Kindererziehung, Haushalt und Jobeinbußen ihre Verantwortung nicht wahrnehmen.
Das einzige was mir übrig bleibt ist Frauen zu bestärken und Verständnis bei den Männern zu schaffen, was ich furchtbar gerne tue und immerwieder in Gelächter endet, wenn die Chepchumba mal wieder was sagt, was sich sonst keiner auszusprechen traut. Mit einer Mischung aus Grenzüberschreitung, scherzhaften Charme und der Aufforderung sich in den anderen hineinzuversetzen schaffe ich Stück für Stück zumindest andere Normalitäten mal gedanklich zuzulassen und wenn die Damen dran bleiben hoffentlich irgendwann nicht mehr nur gedanklich.
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saritaaux · 4 years
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Escape from freedom
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Die Situation mit Corona spitzt sich zu. In einer Pressekonferenz teilt der Präsident Kenyatta mit, dass ab Mittwoch, 25.03.20, Mitternacht die Grenzen dicht gemacht werden, Einstellung des kompletten kommerziellen Flugverkehrs, Ausgangssperre für alle die kürzer als zwei Wochen im Land sind, Schließung der Schulen und Universitäten (inkl Massenbewegung der Studis) und von nicht unbedingt benötigten Geschäften inklusive der Empfehlung zuhause zu bleiben. Ich werde nicht müde den Kenianern zu erklären, dass ich selbst auch bereits seit 5/6 Wochen da bin und damit dasselbe „Problem“ wie die habe. Die Botschaft hebt nun am Krisentelefon tatsächlich sehr zuverlässig ab. Ich werde informiert, es gab vor Mittwoch bereits zwei Flüge ab Mombasa und wird voraussichtlich einen dritten Ende der Woche geben. Ich hab meinen Flug für Mittwoch um 23.59 Uhr, eine Minute bevor hier die Schotten dicht gemacht werden und versuche natürlich diesen zu nehmen. Die Maxime bei der Buchung, Tage bevor Corona hier überhaupt offiziell angekommen ist: so günstig wie möglich.
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Kandie organisiert mir wieder einen Fahrer, ich bin froh nicht mit dem Matatu und vielen potentiellen Überträgern nach Nairobi fahren zu müssen. Die zwei Nächte vor Abflug darf ich bei der Mutter und Schwester des Herzchirurgen Peter übernachten. Dieser hat uA ein paar Jahre in Augsburg gewohnt und ich hab ihn bei meiner Tollen Impfaktion kennengelernt. Ist mir sehr recht, nicht bei den Msungu im Hotel. Das Essen ist sowohl bei ihnen als auch bei Kandie kenianisch und absolut fantastisch. Der Einblick in die Gesellschaft der gehobenen Mittelschicht und auch die Frauen darin ist toll. Ich hab das erste Mal seit 5 Wochen wieder fließendes Wasser - stellt euch vor fließendes, warmes, ziemlich sauberes Wasser! Verlässliche Elektrizität, keine Kerzen die bereit stehen! WLAN! Sauberkeit, keine Kakerlaken oder Käfer oder Spinnen, die man mit nem Hundehalsband Gassi führen könnte.
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Montags wird dann von der Botschaft Werbung für einen Flug von Kenyan Airways gemacht, 2960 USD für einen economy Flug nach Amsterdam,
3800 USD business class. Ruhe bewahren, ich hab nen Flug. Am Flughafen angekommen zeigt sich: Der andere Flug mit Kenyan Airlines (Partner von KLM) wurde gecancelt. Ich hören Briten schimpfen das sei der dritte abgesagte Flug. Joa, da wollte wohl jemand die Bilanzen schmücken, es gibt nämlich im Fall eines Ausfalls - das hab ich bei meiner Buchung natürlich überprüft - einen Gutschein und keine Erstattung. Platz 138 von 180 im Korruptionsindex ist halt kein Zufall.
Ich hatte insgesamt echt riesiges Glück, ich wusste bei der Buchung ja nicht wie schnell sich die Situation ändern würde. Mein Flug von KLM geht normalerweise täglich - bis auf meinen werden allerdings alle vorherigen gecancelt. Meine Maxime beim buchen war: bissl Luft einplanen und so günstig wie möglich, wer weiß schon was passiert. Und mit 281€+64€ ICE hab ich selbst für normale Verhältnisse einen günstigen bekommen. Leute und ich beim buchen noch so: “Soll ich echt 10€ mehr zahlen, dass es die europäische Airline KLM ist. Na gut, das ist aber das einzige was ich in Sicherheit investiere, weil ich bei KLM auch europäische Flüge find im Fall, dass ich ne Gutschrift krieg und mit der Regierung zurück muss. Außerdem flieg ich eh schon Mittwoch statt Donnerstag weils da 30€ günstiger ist.”
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Die Situation am Flughafen ist dann super angespannt. Seit langem sehe ich wieder so viele Msungu auf einem Haufen. Viele scheinen verängstigt, haben Masken auf, versuchen eine Platz im letzten Flieger zu ergattern. Ich glaube erst, dass ich zurück nach Europa kommen kann als ich auf meinem Platz im Flugzeug sitze, nebenbei bemerkt neben einem Huster. Wenn ich auf die Anzeigetafeln in Nairobi und Amsterdam schaue sehe ich extrem viele Flüge die ausfallen. Man sieht Gestalten bei denen ich echt nicht an mich halten kann und losprusten muss. Mein absolutes Highlight des Tages: Mülltüte mit Taucherbrille. Ich hab Glück, meine Verbindungen gehen fast ohne Verspätung, es läuft für viele was schief, für mich aber alles wie am Schnürchen. Die Selbstquarantäne ruft mich!
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Was für eine Ironie: ich komme von meinem Jahr voller Freiheit zurück und sperre mich selbst ein. Ich bin der Überzeugung, dass Corona in Kenia bereits überall ist, wenn der Test 16 Tsd Shilling kostet und ein durchschnittlicher Monatslohn bei 20-30 Tsd Shilling liegt weiß man auch warum darauf vermutlich nicht getestet wird und es eine Mittel- und Oberschichtskrankheit ist. Spätestens am Flughafen mit den Msungus läuft Corona mir über den Weg. Insgesamt ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass ich mich anstecke und die lange Inkubationszeit ist ja das größte Problem des Virus, deswegen geh ich zwei Wochen in Selbstquarantäne. Das wird ne Prüfung sag ich euch. Wobei ich das eigentlich auch ganz gut find, meistens nerven mich ja die Menschen um mich herum. Ich hab auch schon überlegt, einfach selbst ein 10-Tage Vipassana zu machen. Oder alle Teile des Blogs zu Kenia fertigzustellen. Oder Puzzle. Oder Research Policy Paper schreiben. Oder Job suchen oder oder oder. Also zwei Wochen im Gartenhäuschen mit Teich, ich bin zuversichtlich.
Und man, es war immer was los: kurz am dritten Weltkrieg im Iran vorbeigeschrammt, Waldbrände im Amazonas, Regierungsumsturz in Bolivien hautnah miterlebt, Währungsverfall in Argentinien und nun eben eine weltweite Pandemie inklusive Rückholungen. Was für ein Jahr.
„Live life with no excuses, travel with no regrets.“ (Oscar Wilde)
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saritaaux · 4 years
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Korruption in Kenia: Platz 137 von 180
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Transparency International: “Korruption ist der Missbrauch anvertrauter Macht zum privaten Nutzen oder Vorteil.”
Laut Schätzungen besticht jeder Kenianer ca 16 Mal pro Monat - den Polizisten, Mitarbeiter einer Firma, Vorgesetzte, Kollegen. Häufig ist der erste Schritt ein unschuldiges Mittagessen und ist man einmal gefangen,... Über 700€ persönliche Vorteilsnahme für die unser ehemalige Bundespräsident Wulff verurteilt wurde können sie wirklich nur sehr laut lachen. Das Schenken und auch die Ohnmacht gegenüber Autoritäten gehören hier sehr stark zur Kultur der Anerkennung des Gegenübers. Ich selbst schramme ja nur haarscharf an einer Bestechung vorbei als wir im Nakuru Park vom Weg abkommen. Nur mit viel Glück und gespielter Naivität kommen wir um größere Probleme oder eine Zahlung herum.
Faktisch belegt Kenia den Platz 138 von 180 Ländern bei Transparency international (CPI 2019). Sie haben einen Score von 28 (0 völlig korrupt - 100 gar nicht korrupt). Deutschland liegt übrigens auf Platz 9 mit 80 Punkten. Den höchsten Score erreicht Neuseeland mit 88 Punkten, den niedrigsten Somalia mit 9. Der globale Durchschnitt liegt bei 43, für die sub-Saharische Zone bei 32. In Ostafrika ist Ruanda der Spitzenreiter während der Südsudan am korruptesten ist.
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Ich bin die einzige Weiße hier, Msungu, und viele ahnen, dass ich über den Parlamentsabgeordneten Joshua Kandie hier nach Kabarnet gekommen bin. Ich habe auch ihn ein bisschen beobachtet, mein subjektiver Eindruck: er lebt größtenteils schlicht, die Straße zu seinem Haus kann man noch nicht mal Straße nennen und er braucht nicht viel zum Glücklichsein. Er braucht die Bühne nicht, auf den Trubel um seine Person könnte er auch verzichten - im Gegensatz zum Governor. Er hat den Vor- und Nachteil, dass er seinen Platz im Parlament nicht über eine hiesige Partei hat, sondern durch die aus einer anderen Gegend. Die hiesigen wollten ihn nicht aufnehmen. Das hat den Vorteil, dass es keine zu erwidernden Gefallen, keine allzu üblichen toxischen Abhängigkeiten zu anderen Politikern gibt. Der Nachteil: er kämpft oft allein für die Schwachen. Er wendet teilweise einfache Mechanismen an, die die Menschen eben von einem Politiker erwarten und nutzt seine Stellung nicht für seinen persönlichen Luxus. Ich bin sehr beeindruckt von seiner Frau Joan, sie Rechtsanwältin, dreifache Mutter und stemmt die enormen Erwartungen, die hier an Frauen gestellt werden. Obwohl ich sie weniger häufig als ich wünschte und nie allein treffe - sie ist ein inspirierender Mensch.
Ich glaube aufgrund dieser Verbindung wählen viele ihre Worte mit Bedacht. Würde ich auch tun. Aber er steht wohl vor der Wiederwahl, die Menschen sehen, dass er hart für sie arbeitet. Auch wenn er nicht so viel Geld auf der Straße verschenkt wie andere. Ein Eindruck, den ich auf Basis unserer Interaktionen bestätigen kann.
Ich habe gesehen, dass hier immerwieder Geld verteilt wird, Anerkennung wird das hier genannt. Für uns kaum nachzuvollziehen ohne Gegenleistung oder triftigen Grund (zB Geburtstag) Geld zu erhalten, wird hier aber wirklich erwartet und ist verbreitet, überall. Mir wird von einer Kollegin auch mal Geld für ein Mittagessen als “appreciation” angeboten - ich lehne ab und sage, dass die Interaktionen mit ihr und ihre freundliche Art 1000mal mehr wert ist als Geld oder Geschenke. Will sagen, auch Kandie ist natürlich Politiker und daher zu einem gewissen Grad von den lokalen Gegebenheiten abhängig, aber, und das ist wichtig, er fährt das auf ein Minimum runter. Und das ist zum Schluss ja auch wie gesellschaftlicher Wandel stattfinden kann: festzustellen, dass sich im Großen was zum Guten bewegt, wenn man kurzfristig auf einen persönlichen Vorteil verzichtet.
Paradox finde ich nämlich auch: wenn ich mit Kandie oder auch alleine unterwegs bin hält jeder gern die Hand auf, fragt unverfroren um Geld oder Reisetickets oder nimmt Geschenke an - aber im Großen im Fernsehen auf der Straße, überall wird sich über Korruption beschwert. Ist das nicht dasselbe in anderen Gewändern? Es ist genau dasselbe!
Durch die Busfahrt statt einen wesentlich bequemeren Flug nach und von Lodwar bin ich näher an den Menschen. Und bei der Rückfahrt ist einer dabei, der schon die ganze Zeit aufgeregt meine Nähe gesucht hat und sehr viel redet. Als ich in ihrem Swahili Gespräch Msungu aufschnappe und mich umdrehe lachen alle. Aber er fängt an mich auf Englisch über das riesige Problem Korruption aufzuklären. Wir msungu wären ja nicht so, wir würden das Geld nicht zu unserem Vorteil nutzen. Naja denkste, aber verglichen mit hiesigen Verhältnissen hat er wohl recht.
Politiker nähmen das Geld der Bevölkerung. 30% Lohnsteuer und 16% Mehrwertsteuer würden so großteils in privatem Luxus verschwinden. Auch Hilfsprojekte, die der Bevölkerung wirklich zugute kämen wie ein Staudamm oder die Verbesserung der Wasserversorgung würden genutzt, um Hilfsgelder abzugreifen und die Projekte dann doch nicht zu realisieren. Die Gelder “versanden”. Ein paar Geldgeschenke - von der Bevölkerung eigenem Geld - würden an die Bevölkerung verteilt. Einerseits nehmen die das Geld gerne, andererseits hält es Kritiker ruhig. Auf die Frage ob es dokumentierte Fälle gibt bejaht er, aber die Polizei sei der korrupteste Teil der Gesellschaft und würde Beweise vor einem Gerichtsverfahren verschwinden lassen. Sein Ranking der korrupten Gruppen: Justiz, Polizei, Bildung (Weltbank, Stand 2015 % Bildungsausgaben an BiP, Kenia: 5,3%, Welt: 4,9%, Deutschland: 4,9%). Dort findet man das Geld, dort sitzen die, die sich selbst am nächsten sind.
Ich versuche ihm zu verstehen zu geben, dass ich der Meinung bin so ein Wandel müsse von unten nach oben geschehen, denn oben sitzen immer die gleichen Persönlichkeiten. Jeder Politiker aber auch jeder Polizist, jeder Bürger hat in jedem Moment die Möglichkeit nein zu Geldgeschenken zu sagen. Selbst nicht korrupt zu sein und denen damit ihre Machtgrundlage zu entziehen. Anreize zu schaffen nicht geldgierige Narzissten sondern halt nur Narzissten und die wenigen Rebellen in Ämter zu bringen. Solange dies nicht passiert sind die Leute so korrupt wie ihre Führer nur im Kleinen. Das bedeutet aber halt auch für jeden Einzelnen einen Nachteil im Hier und Jetzt.
Ich verstehe sehr gut wenn ich kriminell oder korrupt werde, weil ich nicht weiß wie ich die Gesundheit oder Sicherheit meiner Familie sicherstellen kann. Alles andere kann ich nicht verstehen. Jeder möchte mir hier ständig Dinge schenken, eine Muschelkette, eine Mütze, den Flug nach Lodwar, all sowas, was ich eigentlich weder brauche noch will, sondern mir selber kaufe wenn ich es denn so dringend brauche. Auch wenn stets beteuert wird es würde keine Gegenleistung erwartet glaube ich das passiert in der Hoffnung Verbindlichkeiten aufzubauen, mich in die Gesellschaft aufzunehmen oder es in irgendeiner Form zurück zu bekommen. Zum Schluss bin ich der Überzeugung, dass die durch das hin und hergeschenke nicht mehr und nicht weniger in der Tasche haben als sie sowieso hätten. Aber sie werden eben abhängig vom Gutwill anderer und das nimmt Selbstverantwortung.
Auch beim Wasser stolpere ich über Korruption im Großen und Kleinen. Im Großen gibt es hier Probleme mit der Wasserversorgung - dazu ausführlich mehr im nächsten Blog. Die erste Phase für das Staudammprojekt in Zusammenarbeit mit der italienischen Regierung ist abgeschlossen aber da haben sich hohe Funktionäre inkl dem Finanzminister wohl ordentlich selbst bedient. Das Problem: in den seltensten Fällen führt die Aufdeckung auch tatsächlich zu einer Verurteilung. Und solange die italienischen Unternehmen nicht bezahlt werden machen die nun auch nichts mehr. Wundert mich auch nicht, dass ausgerechnet Italiener darin verwickelt sind. Die zweite Phase, um eine neue Pumpe zu beschaffen ist daher aber vorerst auf unbestimmte Zeit auf Eis gelegt. Mal wieder: es liegt mitnichten am Geld, sondern an der Organisation. Mittlerweile nach Aufdeckung des Anglo Leasing Skandals ist Korruption auch nicht mehr derart offensichtlich. Das Geld wird nicht mehr einfach illegal genommen sondern im Rahmen legaler Verträge die gekauften Gegenstände/Dienstleistungen zum Beispiel einfach viel zu hoch bewertet, das wiederum nachzuweisen ist mehr als schwierig. Und es werden eher die Verfolger verurteilt als die Korrupten selbst. Das wird denen von ihren eigenen Leuten angetan.
Das war Korruption im Großen, nun zum Kleinen: Mir wird zu verstehen gegeben, dass wir ja Wasser haben könnten wenn wir vielleicht mal eine private Zahlung ausprobieren würden. Ich war auf sowas vorbereitet, tatsächlich hab ich mich gefragt, wann mir das über den Weg läuft und habe dafür nur ein müdes Lächeln übrig. Ich erzähle das umgehend dem Managing Director und, dass ich nicht bereit dazu bin solche Leistungen zu zahlen. Die Probleme: es gibt erstens viele illegale Leitungen ohne Meter (der Anschluss kostet ca 30€) die Wasser bekommen und zweitens, die Leute haben eine Wasserrechnung von sagen wir 10€ die sie nicht zahlen können und weshalb ihnen der Hahn abgedreht werden soll was nur mit erneuten ca 30€ rückgängig gemacht werden kann. Also zahlen sie lieber die 1-3€ an den der abklemmen soll - was natürlich keineswegs die Rechnung reduziert, sondern allein in die Tasche des zuständigen Angestellten geht. Dieser wiederum bekommt zwar theoretisch einen guten Lohn - allerdings wird der teilweise viel viel viel zu spät bezahlt und der muss auch sehen wie er über die Runden kommt. Da richtig zu handeln ist natürlich schwierig und einmal drin ist es auch schwer da wieder rauszukommen. Und wenn mir dann erklärt wird das größte Problem sei die Rechnungsstellung, halleluja, ihr schafft es ja noch nicht mal zuverlässig die Wasserversorgung sicherzustellen, solange das nicht passiert habt ihr auch kein Recht Geld einzuziehen meine lieben Freunde. Ihr seht, alles hat einen Grund und all das erfahre ich nur auf der Straße, in mühsamer Kleinarbeit und vielen Gesprächen. Weder beurteile ich noch klage ich an, ich stelle wichtige Fragen. Und jetzt frag ich mich natürlich schon: Leute zahlen ihre Rechnung obwohl kein Wasser geliefert wird, die bezahlte Leistung wird also nicht erbracht und Angestellte bekommen ihren Lohn aber nicht (rechtzeitig): wohin wandert das Geld der eigenen Leute?
Meine Meinung bleibt: es müssen Wege aus der Illegalität aufgezeigt werden, Transparenz und Verlässlichkeit (durch ein funktionierendes Produkt) geschaffen werden und der Wandel weg von Korruption muss im Kleinen anfangen. Und wollen, das ist das Wichtigste, wollen, ihren Weg finden und letztendlich schaffen müssen sie das alleine. Wir aus dem Westen zerstören mit unserem Geld oft mehr als wir Gutes tun. Ich erhalte oft Bewunderung, wenn ich Dinge ausschlage die ich nicht brauche oder aus meiner Sicht nicht verdient habe. Vor Ort vorleben, alternative Verhaltensmuster anbieten, Vorbilder wie Kandie, erklären und Chancen der Selbstverwirklichung offen halten - das wäre der Schlüssel, aber wer hat dafür schon Zeit/Geld außer Mutter Theresa.
Ein weiterer interessanter Artikel zum Thema Korruption und Schlüsselfiguren in Kenia: https://www.google.de/amp/s/www.nzz.ch/amp/international/kenya-korruption-ist-gewissermassen-im-staatsbudget-enthalten-ld.1506844
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saritaaux · 4 years
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Tuonany Chepchumba - Goodbye girl that came from the white people
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Nach dem Affenbiss bin ich eigentlich gechillt, hab ja die Impfung erhalten und nach der unkomplizierten Organisation durch Dave auch das Immunoglobulin. Das war kein Spaß Freunde. Insgesamt 17 Einstiche, um jede offene Stelle ca. 5 Mal, einmal intramuskulär und die Impfung natürlich. Alter Verwalter, ich war kurz vor nem Lachanfall vor lauter scheiße tut das weh. Nicht nur die Stiche als solche an echt unangenehmen Stellen - am Handgelenk mit seinen Knochen und am Oberarm Innenseite - auch das Zeug selbst brennt wie Hölle. Habs überlebt und bleib jetzt hoffentlich von Tollwut verschont. Das Risiko des Lebens spüren. Und auch: keine Angst zu haben, nicht vor Nadeln, nicht vor Schmerz und seltsamerweise auch nicht vor dem Tod (was etwas anderes als der Prozess des Sterbens ist, davor hab ich Angst). Das nächste Thema, welches ich bisher nur aus der Ferne mitbekommen hab, jetzt gibt’s aber auch Fälle hier in Kenia: Corona. Erst dachte ich ich schreib einen meiner abfuck Berichte. Tatsächlich war der schon so gut wie fertig. Heute haben sie angekündigt alle Flüge bis Mittwoch Mitternacht einzustellen, mein Flieger sollte 23.59 abheben. Dann hab ich mich für weniger abfuck entschieden.
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Was soll ich sagen: ich würde hier bleiben unter den Umständen. Es ist warm, ich erwarte keine komplizierten Krankheitsverlauf und die Leute sind einfach gechillt. Die Aufregung um Corona ist hier aus der Ferne kaum nachzuvollziehen.
Einerseits, was offensichtlich wird: wie sehr wir uns vor allem im Westen gewöhnt haben, abhängig gemacht haben von Dinge, Verfügbarkeiten, Bequemlichkeit. Klar ist es katastrophal, wenn ich Bergamo sehe, mit den Menschen von dort spreche und was da abgeht: Tote, absolut unzureichende Pflegekapazitäten, Militär. Jetzt muss man das schon etwas in den Kontext setzen, wenn Menschen von Mortalitätsraten bis zu 20% sprechen. Probleme der Messung, Altersstruktur und auch der Organisation - wer wird behandelt, wie wird behandelt, wo wird behandelt.
Ich würde von einem begründeten Aufruf zur Vorsicht, Umsicht, sprechen der sich mittlerweile in eine irrationale Angst verwandelt hat. Angst, die als Gefühl real ist und einen unfähig macht rational zu handeln. Für Deutschland und die German Angst bedeutet das zum ersten Mal: jeder darf Panik haben, wo AfD oder extreme Linke zu ideologisch und politisch sind, ist Corona universal und perfektes Projektionsziel für kollektive Neurosen. Wenn Europäer, insb die Deutschen, die Kontrolle auch nur ansatzweise verlieren fühlen sie sich vollkommen hilflos und ausgeliefert. Das Gefühl von Sicherheit, Kontrolle erhält man indem jede einzelne Handlung am Virus ausgelegt wird. Das Klopapier ist aus? Ein Zeichen für den absoluten Notstand. Es werden vielleicht nützliche aber nicht unbedingt nötige Utensilien gekauft: Atemmaske zB, die man für schwache Menschen braucht, etc. Ich, ich, ich, für mich nur das Beste, ich bin ja ein guter Mensch und da ist grad eine, also nehm ich die, schaden tuts ja nicht, juckt mich nicht was mit anderen ist solange ich: besitze! Ernsthaft Leute, ernsthaft?
Hier in Kenia und anderswo auf der Welt ist Mangel ein Dauerzustand und was machen die Menschen? Richtig: überleben! Die finden andere Wege sich zu helfen, werden teilweise sehr kreativ. Es wird geteilt, nicht erst nachdem man für sich das größte, beste Stückchen abgeschnitten hat.
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Das ist die eine Seite. Andererseits, worum ich dankbar bin ist, dass das Auswärtige Amt sehr schnell und effizient Rückholungen plant. Nun ist Kenia vorerst nicht berücksichtigt worden - die Botschaft tagelang selbst unter der angeblichen Notrufnummer nicht erreichbar. Nachdem meine Oma, die schwer erkrankt ist, sagt sie würde mich gerne in die Arme schließen und mir klar ist, dass ich selbst nach Rückkehr wahrscheinlich erstmal zwei Wochen in Quarantäne muss, mache ich kurzen Prozess und buche den günstigsten Flug den ich finden kann. Mittlerweile sind die teilweise bei über 2000€, ich hab einen günstigen (281€ nach Frankfurt + ICE 64€) gefunden. Strand, Elefanten, das muss jetzt eben mal warten. Abgesehen davon dass das nun auch nicht mehr möglich ist. Gerade mit der heutigen Nachricht wird das am Mittwoch spannend!
Ich will keineswegs verharmlosen oder sagen, dass man sich nicht an die Auflagen halten soll. Bisher ist mir zwar noch keine wirkliche Erklärung über den Weg gelaufen, was genau jetzt so anders an Corona als an der Vogelgrippe zum Beispiel war. Aber trotzdem: solange die Gesundheitssysteme Gefahr laufen überlastet zu sein bin ich gern dabei. Aber diese Panik, dieses jede Aktion und Entscheidung und Handlung an den Maßstäben der Krankheit auszulegen finde ich naja. Vorsicht ja, aber ich werd meinen Lebensfokus sicher nicht auf Corona lenken, warum auch.
Eigentlich auch witzig, mittlerweile hab ich drei kenianische Namen, die Kinder schreien wenn sie mich zum Beispiel im Auto vorbeifahren sehen: Msungu beschreibt einfach jemanden heller Hautfarbe auf Suaheli, Chepchumba wurde ich von meinen Arbeitskollegen getauft, das Mädchen das von den Weißen kommt und nun hab ich einen dritten: Coronaaaaa tönt es immer öfter. Ja, ich bemerke wieviel Angst die Leute nun vor mir haben. Die wissen ja nicht, dass ich bereits seit 5 Wochen hier bin. Im Krankenhaus werde ich angestarrt und unterdrücke einen Hustenreiz aufgrund der trockenen Luft. Im vehicle (eine Art Sammeltaxi), wo eine Frau erst einsteigt nachdem ich erklärt hab, dass ich schon seit 5 Wochen da bin. Und natürlich der Abstand den die Menschen nun halten, wenige kommen noch auf mich zu und wollen mit mir sprechen. Ich glaube sowieso Corona ist hier bereits überall, wird nur nicht getestet. Ich konnte in den letzten 1,5 Wochen richtig beobachten, wie immer Menschen zu husten angefangen haben.
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Der Abschied ist aufgrund der kurzfristigen Buchung auch recht schnell. Dachte ich. Ich wollte zwei der leckeren Wassermelonen kaufen und mit meinen Kollegen zum Abschied essen, denn: ”Life is full, when you are full of watermelon!” Was sich anschließt ist eine Zeremonie um mich Wertzuschätzen wie sie sagen. Die Frauen fangen an auf Kalenjin zu singen und zu tanzen. Ich werde eingekleidet in ein selbstgemachtes traditionelles Masai-Outfit, geschmückt mit einer Kette, einem Armkettchen, Ohrringen, Schlüsselanhängern und einem Behälter der Accessoire ist aber ursprünglich für die Milchaufbewahrung genutzt wurde. Wird Milch zusammen getrunken ist dies hier ein Zeichen der Verbundenheit. Danach hält der Principal eine Lobrede auf mich - natürlich inklusive Erneuerung des Angebots seines Sohnes. Ich entgegne, dass ich ja nun weiß, dass diese Entscheidung nicht bei mir sondern meinen Eltern liegt und das in Zeiten von Corona leider schwierig wird. Seinen Vorschlag Skype lasse ich im Raum stehen, ich will halt nicht heiraten. Und dann schließen sich nach und nach meine Kollegen an und sagen nette Dinge über mich, was sie von mir gelernt haben und wie toll ich bin. Lydia, die Chefsekretärin, Lana, die Köchin, Patricia, die Studentenverantwortliche, Nelly aus der Logistik, Rebecca aus dem Accounting, Ruben vom Roboter, Ben aus dem Accounting, sogar Robert aus dem Einkauf mit dem ich mehrmals aneinander geraten bin. Bei uns gilt: Nicht geschimpft ist gelobt genug. Hier das komplette Gegenteil. Ich werd fast rot bei so viel Lob. Danke, dass ich als Gast kommen durfte, als Teil der Familie begrüßt wurde und als Teil von euch gehe. Ich hab so viele wichtige Erfahrungen machen dürfen, so viele liebe Leute kennengelernt und wurde in all meinen Facetten akzeptiert.
Ich geh nochmal zu meinem Lieblingsort - die Klippe. Und esse diesen fantastischen Kuchen der Bäckerei im Soko Supermarket. Der örtliche Markt auf dem ich so gerne das Treiben und allerlei theoretische ökonomische Konzepte vor Ort beobachtet habe ist wegen Corona leergefegt. Auf dem Weg zurück springen nicht mal mehr die Honigfrauen halb ins Auto.
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Asante sana - Danke vielmals - guys und Tuonany Kabarnet - auf Wiedersehen Kabarnet!
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saritaaux · 4 years
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Die Affen rasen durch den Wald - oder Autofenster
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Am Wochenende erhalte ich wieder die Deluxe VIP Behandlung. So wenig ich das verdient habe, so sehr genieße ich es trotzdem, um ehrlich zu sein. Joshua hat den Fahrer organisiert und ich darf zum Lake Nakuru, wo es wieder auf Safari geht. Hier sind wieder viele Musungos unterwegs - die Preise entsprechend gesalzen.
Auf dem Hinweg am Haupteingang warten bereits ein paar Affen. Ich kurble das Fenster ein bisschen herunter, es ist halb offen und schieße ein paar Fotos. Plötzlich springt ein besonders großes Exemplar etwa 80 cm auf die Motorhaube. Wir erschrecken und ich begreife im ersten Moment gar nicht was jetzt gerade passiert. Er klettert doch tatsächlich durch das halb offene Fenster ins Auto. Alles geht ganz schnell. Er springt flink auf die Rückbank, durchsucht alles, findet nichts und springt zurück auf den Vordersitz zu mir. Ich wende mich ab, mach mich klein, schütze nur noch mein Gesicht mit meinen Armen. Der Affe rastet total aus. Er sucht vermutlich nach etwas Essbarem und wird nicht fündig beziehungsweise möchte meine Tasche klauen. Ich schütze mein Gesicht mit den Händen. Er wird ob meiner Abwehr sauer, beißt mich ins Armgelenk, boxt brutal auf meine Schulter und kratzt mich am Oberarm. Irgendwann gelingt es dem Fahrer ihn von mir abzulassen und er flüchtet wieder durch das halb geöffnete Fenster.
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Shit. Das hatte ich nicht erwartet. Was bleibt ist eine sehr kleine aber offene Bisswunde beziehungsweise sein Gebissabdruck auf meinem Handgelenk und ein paar kleine, offene Stellen vom Kratzen sowie eine sehr schmerzhafte Schulter, die ich kaum benutzen kann. Klar bin ich kurz geschockt aber mei, passiert ist passiert, ich nehms mit Humor.
Die Ranger am Eingang meinen dann, dass es besser sei ins Krankenhaus zu fahren und eine Tetanusimpfung zu bekommen. Auf dem Weg dahin googele ich kurz und mir ist bereits da bewusst, dass Tollwut zumindest in Betracht gezogen werden muss. Die Erfahrung in einem kenianischem Krankenhaus ist auch sehr interessant. Der Arzt scheint nicht wirklich viel Ahnung zu haben. Tollwut erwägt er erst gar nicht, obwohl ich sicher nicht die einzige bin, die von einem Affen des Parks gebissen wird. Einerseits vermutlich, da die Affen kein Tollwut zu haben scheinen andererseits schreibt er mir zwar die Impfung auf, vergisst aber da ich keine vorangegangene Impfung hab, das von der WHO empfohlene Immunoglobulin- das sind Antikörper. Letzteres ist notwendig, um das fortschreiten des Virus bis ins Hirn zu verlangsamen, bis der Körper mit der gleichzeitig zu verabreichenden Impfung selbst Antikörper aufgebaut hat. Naja, bis mein lieber Körper letztere produziert will ich dann lieber erstmal doch noch die Safari machen weshalb wir überhaupt zum Lake Nakuru gekommen sind.
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Die Safari um den See ist klasse. Ich sehe Gazellen, Wasserbüffel, Zebras, Pelikane. Löwen und Leoparden kann ich an dem Tag leider nicht entdecken. Aber ich bin sowieso nach Kenia gekommen, un Elefanten zu sehen, die heute nicht auf dem Plan stehen. Dafür gehen wir auf die Suche nach den Nashörnern - das Finden ist auch wieder eine Story für sich.
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Hier mal einen Schwenk aus dem kenianischen Leben - es ist eben doch nicht Deutschland. Dass ich tags zuvor eine Unterhaltung mit dem örtlichen Berater des Wasserwerks, einem Italiener, hatte und dieser mir erzählt hat, dass es anders als in Kabarnet auch alles andere als sicher in Kenia sein kann, insbesondere für Frauen, beeinträchtigt, wie ich die folgende Situation wahrgenommen habe. Wir folgen also einer Karte und das schwierig zu befahrende Gelände ist irgendwann nicht mehr wirklich eine Straße. Nach ein paar Minuten bemerkt der Fahrer, dass wir jemanden haben der uns folgt. Das Auto kommt immer näher. Ich sehe zwei Ranger darin sitzen, einer davon hält sein Handy offensichtlich nach oben und filmt uns.
Sie steigen aus und es wird auf Suaheli gesprochen. Die beiden haben Waffen bei sich. Ich bekomme nur mit, dass es darum geht, dass wir mit dem Regierungsauto von Baringo unterwegs seien und, dass wir uns irgendwie nicht an die Parkregeln gehalten haben. Der große Ranger scheint ganz nett zu sein und gibt mir die Hand zur Begrüßung, tauscht ein paar Worte auf Suaheli mit mir aus. Der andere, kleine Ranger macht einen etwas beängstigenden Eindruck auf mich - war auch der, der gefilmt hat. Er ist nicht daran interessiert freundlich mit mir zu sprechen, hat in der Tat kein Interesse und das ist selten. Ich sehe an der Anspannung des Fahrers, an der Ausdrucksweise des kleinen Rangers und an der gesamten Atmosphäre, dass hier etwas komisch ist.
Ich überlege was sie wollen und was meine Optionen sind. Ich glaube nicht, dass sie gewalttätig sind, das würde deren Lebensgrundlage zerstören, vermutlich geht es um Bestechung. Natürlich werde ich also meinen unwiderstehlichen Charme benutzen, jeden Fetzen Suaheli auspacken, Scherze machen, die Sonnenbrille abnehmen um direkten Augenkontakt zu haben, Mittellosigkeit zeigen, Dummerchen spielen, Reize verdecken, seelenruhig und naiv Zeit verplembern sowas eben. Und drauf bauen, dass sie in der Regel Frauen nicht nach Geld fragen. Die letzte Option ist Kandie, also Joshua, anzurufen oder William den Chefranger.
Ich steige aus und unterhalte mich also zunächst mit dem netteren Ranger. Ja, ich Dummerchen, dass wir so einen Fehler gemacht haben, wir fahren sofort zurück auf die Straße. Nein, wir sind natürlich keine (Menschen-)schmuggler oder Wilderer. Wir haben uns verfahren, weil die Karte das angezeigt hat (stimmt auch, zeige ich ihm). Ich melde das umgehend der Kartenfirma. Ein Glück, dass sie uns gefunden haben ich wäre ja verloren ohne diese starken Männer. Irgendwann kommt raus, dass er aus dem Gebiet ist wo ich erst diese Woche einen Wassertank für Prokapsogo übergeben habe - mal wieder die erste Weiße seit Unabhängigkeit. Was für eine wunderschöne Gegend - das kann ich vollkommen ohne zu übertreiben sagen. Wir scherzen wieviel Angst die Kinder hatten, die weiße Menschen ja nur aus dem Fernseher kennen, ich zeige die Fotos und die Situation ändert sich.
Jetzt sind wir die Freunde des netten Rangers. Er fragt ob wir zwei leere Tonnen auf dem Rückweg bei seiner Frau abliefern können. Ich bin nicht ganz sicher wie gut die Idee ist nachdem sie uns vorher irgendwelcher Schmuggelaktivitäten verdächtigt haben. Ein Blick zum Fahrer und als wir kurz alleine sind die Frage ob das wirklich kein Problem ist. Er verneint und wir verladen die Tonnen. Die Flasche Wein die der andere gern hätte - das nächste Mal, will sagen adios amigo! Der Ranger steigt ins Auto, bietet an uns die Nashörner zu zeigen und verkündet er beschützt uns nun. Dass ich William kenne schindet Eindruck - ich habe so ausgenommen viel Glück mit Prokapsogo und Kandie hier zu sein.
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Als ich abends zu Hause bin, fühle ich mich müde und nicht besonders gut. Tollwut ist quasi unheilbar. Die Krankheit bricht teils erst nach Jahren, meist nach 15-90 Tagen aus. Nach den ersten Symptomen wie Verwirrtheit, Lähmungen und Krämpfen hat man 2-10 Tage in Isolation bevor man an der Gehirnhautentzündung stirbt. Zwar schätze ich die Wahrscheinlichkeit, dass ich infiziert wurde sehr gering ein, aber es lässt einen doch etwas unruhig werden. Das mag vielleicht etwas theatralisch anmuten, aber natürlich überlegt man sich was wäre denn wenn es in zwei Wochen vorbei wäre. Das ist eine viel realere Angst für mich gerade als Corona, wo es nun den ersten bestätigten Fall in Kenia gibt - inkl. Quarantäne für Leute die weniger als 2 Wochen im Land sind, Schließung aller Schulen, evtl Aussetzung aller Flüge ab Mittwoch, etc..
Dass sich sämtliche Organisation der Medikation mehr als schwierig gestaltet und der deutsche Arzt mir am Montag zeitkritisch zu den Immunoglobulin rät, die man zur Tollwutimpfung nehmen soll und die wenn überhaupt nur in zwei Kliniken in Nairobi erhältlich sind, macht die Sache für mich nicht besser. Das Ganze lehrt mir zwei Dinge: wenns wirklich drauf ankommt ist man eben auf sich allein gestellt und zum Schluss kommt’s wies kommt.
Ich wollte Kandie und den anderen eigentlich nicht mehr Arbeit machen als ich es ohnehin schon tue, aber ich komme beim Krankenhaus/der Apotheke und auch mit der Versicherung in Deutschland einfach nicht weiter. Und ich hab Schmerzen, mir ist übel und schwindelig, wahrscheinlich wegen der Impfungen und ich fühle mich nach einer schlafarmen Nacht wirklich ungewöhnlich schwach. Ich rufe seinen Mitarbeiter an und bitte ihn um Hilfe, welcher umgehend alles in die Wege leitet. Bereits morgen zur nächsten Impfung inkl Immunoglobulin wird mich ein Fahrer ins Krankenhaus nach Nairobi bringen.
Jedenfalls, was ich an diesem Abend und über die darauffolgenden Tage denke lässt mich sehr zufrieden sein: Ich würde nichts anders machen, ich hab eine tolle stabile Basis und ich hatte die Zeit meines Lebens im vergangenen Jahr. Wärs vorbei, ich hab das Beste daraus gemacht.
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saritaaux · 4 years
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Sari auf Safari
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Von Kabernet das auf 2100hm liegt gings heute vorbei an Honigfrauen die dir halb ins Auto springen auf knapp 1000hm.
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Am Baringo lake sehe ich das erste Mal dann wieder einige Weiße und mache eine Boots Safari. Der 130 km2 große See ist ungewöhnlich voll mit seinem braunen Wasser. Es gibt sieben Inseln, unter anderem die Liebesinsel auf der ein Mann mit 5 Frauen und 27 Kindern wohnt - mein Kapitän ist eines davon. Er ist jeden Tag 20 Min hin und zurück zur größten Insel in die Schule geschwommen. Die Teufelsinsel hingegen ist nicht bewohnt - hier soll es ungut sein.
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Besonders bekannt ist die Gegend für birdwatching. Die Nester werden bei einer Art vom
Männchen gebaut und gehütet während das Weibchen es bei Nichtgefallen einfach kurzerhand zerstört. Es ist alles bis auf das Wasser wirklich schön. Ich sehe außerdem Krokodile und auch eines der schüchternen wie gefährlichen Flusspferde - Hippos. Bei der Fütterung des Schreiseeadlers schieße ich ein super Foto.
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Die Giraffen sind super cool. Ich kann es kaum glauben wie nah die Tiere sind, die einfach frei rumlaufen auf der Insel. Die Musterung ist schön und die Art wie sie sich bewegen ist ein bisschen wie ein komisches Pferd. Insgesamt erinnern sie mich mit ihrem langen beweglichen Hals an Dinosaurier- littlefoot! Geräusche geben sie keine von sich und nur mal für alle die mir nicht geglaubt haben, wenn ich eine Giraffe nachgemacht hab:
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In dem Gebiet das früher über einen Landweg verbunden war, gab es früher wohl auch kriegerische Auseinandersetzungen die mittlerweile eingestellt wurden. Leiden können sie sich trotzdem nicht wirklich.
Einzig ich bemerke mal wieder die Gesichter des Tourismus. Überall auf der Welt habe ich gesehen wie Attraktionen dazu führen, dass Menschen ihre Würde verlieren und alles nur noch für Geld tun. Man fängt zwangsläufig an sich zu vergleichen. Es ist natürlich einfach zu sagen hör auf damit, aber wenn die Touristen nunmal das Geld bringen. Was passiert ist, dass die Menschen die mit Tourismus in Berührung kommen unglücklicher zu sein scheinen als die Menschen, die ein normales Leben weiterführen. Ich werde hier überall als die musungu gesehen, und bei vielen sehe ich die Dollarzeichen in den Augen blitzen sobald ich irgendwo auftauche. In den abgelegenen Gegenden, in denen so gut wie keine weiße unterwegs sind, werde ich zwar sehr direkt darauf angesprochen, auch auf Spenden, aber trotzdem habe ich den Eindruck die Menschen sind zufrieden mit Ihrem Leben. Hier komme ich an und die erste Stadt sind heiße Quellen die ich besuche und wo Kunsthandwerk angeboten wird. Jetzt kann man sagen gut 2-3€ Euro für eine Kette mit kleinen Glasperlchen ist nicht zu viel verlangt. Allerdings weiß ich wie viel diese Kette im Einkauf kostet, da ich diese mit meinen Freunden vom Technical College gekauft habe. Wir reden da von nicht mehr als 15 Cent. Ich ernte interessante Blicke, als ich erzähle, dass ich eine solche Kette für statt 300 circa 50 KSH verstanden habe. Ich habe den Eindruck sie halten mich für geizig. Wenn allerdings eine Nacht auf der Insel 40.000 kostet und eine Nacht am Festland 9.200 bzw 12.400 für das Doppelzimmer, dann kann man sich vorstellen was das mit den Menschen macht die sich damit vergleichen. Die Menschen die damit in Berührung kommen. Der Durchschnittslohn eines „normalen“ Menschen in Kenia liegt bei 10-20.000 im Monat. Damit kann man wunderbar leben. Ich gebe hier nicht mehr aus als 500-800 am Tag maximal. Und ich habe ein gutes Leben und verzichte auf nichts - allerdings habe ich auch keine Mietkosten.
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Man muss sich allerdings auch anschauen wer hier vor allem ist. Das sind alte weiße Männer mit ihren Frauen, die in Badehose an der Hotelbar stehen und Softdrinks bestellen die so viel kosten, dass ein normaler Kenianer damit einen Tag mal über die Runden kommt. Softdrinks. Und das ist eben vor allem das was hier ankommt. Keine Bescheidenheit, sondern Menschen, die viel Geld haben und das auch gern ausgeben und damit auch die Kultur dementsprechend verändern. Die Menschen Konditionieren ständig zu bitten anstatt selbst verantwortlich zu handeln. Das Hotel tut selbst auch etwas für die Region, zB ein Mädcheninternat aufbauen - natürlich mit dem Geld anderer.
Fazit: ein super schöner Tag am Baringo Lake als Touri.
Abends kann ich dann doch nicht wie gedacht zu Kandie Abendessen und der Strom fällt auch aus. Als ich auf dem Weg zum Restaurant bin fängt es in Strömen zu regnen an. Der Sicherheitsmann begleitet mich und ich bin - genau - mal wieder die Attraktion für Studis und den Restaurantbesitzer der sich schwer tut mit Englisch. Die Schüler unterhalten sich was msungus wohl essen, mir wird eine Kerze gebracht - welche Frau träumt nicht von candle light dinner - die Jacke für den Heimweg angeboten und der Sicherheitsmann wehrt einen betrunkenen ab, der hallo sagen will wie alle anderen auch. Dafür gibt’s Kitheri - ein Mantsch aus roten Bohnen, Mais, Erbsen und Kartoffeln sowie Chapati und den typischen Ugali (Maismehl hartgekocht) - letzterer ist allerdings eigentlich eher mit Managu zu verzehren. Darf man fast nicht sagen aber das ist sogar besser als das Essen im Hotel. Und ihr wisst ja: „Life is full when you are full of watermelon!“ Mjam!!!
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saritaaux · 4 years
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Leap into fame
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Frühmorgens geht’s los. Dachte ich. Mal wieder. Natürlich warte ich wieder knapp eine halbe Stunde. Wenigstens mit Ansage nachdem ich natürlich nachgefragt hab. Der Einzige hier der mir Bescheid gibt ohne, dass ich drum fragen muss ist Kandie selbst, das schätze ich sehr. Als ich kurz davor bin meine Pläne wieder zu ändern kreuzen die Pappenheimer dann doch auf. Es geht darum die Zusage für ein Naturschutzgebiet für Chefranger William zu erhalten und mit der kenianischen Chefin des Roten Kreuzes die Wasserleitung zu eröffnen. Von einem Erdrutsch vor zwei Jahren wurde die ursprüngliche nämlich zerstört.
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Dann geht’s in eine sehr abgelegene Region, Ravine, das Enddörfchen Eituin. Mit dabei ist außerdem der Governor Stanley Kiptis (äquivalent zum Ministerpräsidenten) von dem ich von Leuten gehört habe den wollen sie nicht wiederwählen sowie zwei seiner Minister und die ganze Entourage. Das letzte Mal, dass hier ein Weißer war, erzählen sie mir, war vor der Unabhängigkeit (1963). Die Straße dahin ist krass, ich glaube so holprig bin ich nicht mal in Nepal durch die Gegend gefahren. Ich bin erstaunt, dass der Governor das mitmacht - ist allerdings auch das erste Mal, dass er dahin kommt.
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Gut geschüttelt nicht gerührt kommen wir dann am Endpunkt an. Es ist nichts außergewöhnliches, bis auf, dass ich fernab jeglicher mir bekannter Zivilisation bin. Die Berge sind teils mit Gras überzogen, welches sehr resistent ist und für die Dächer genutzt wird, teils mit Bäumen, die Äste haben die schnurgerade nach oben wachsen und auch für den Hausbau verwendet werden. Vereinzelt sieht man die Hütten und Wellblechhütten wo die Menschen wohnen. Da man sich hauptsächlich außerhalb aufhält und der Transport teuer und unpraktisch ist sind die Häuser generell sehr einfach gehalten. Das einzige flache Gelände ist eine Schule, ansonsten sind überall sehr steile Hänge.
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Dann passiert etwas, dass ich mir nicht hätte träumen lassen. Zwei nationale Sender sind mit dabei und auch der lokale Fernsehsender. Ich werde interviewt und auch auf den Veranstaltungen die danach kommen werde ich regelmäßig gebeten etwas zu sagen. Ich bin wie immer ständiges Fotomotiv für Mitreisende wie Ansässige. Egal wo ich bin, egal wen ich treffe die Kinder, die Erwachsenen alle schauen mich an und ich bin absolut im Mittelpunkt. Unter anderem werde ich gebeten bei einem ältesten Rat zu sprechen beziehungsweise bei der Zusammenkunft einer Dorfgemeinschaft, der Marketingministet dolmetscht. Frauen und Männer sitzen getrennt unter den Bäumen und in der Mitte steht derjenige der spricht.
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Interessante Veranstaltung, hat etwas von Hof halten. Es wird gebeten um eine Geburtshilfe, Bälle für die Kinder, und generell Ressourcen. Ich beobachte wie Geld zum Ältesten wandert und dann die angebauten Kürbisse verschenkt beziehungsweise „gekauft“ wurden. Danach wird die Wasserleitung eröffnet mit anschließender Veranstaltung im Gemeindezentrum.
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Danach geht’s zu einer Brücke die eröffnet wird wo viele Leute gestorben sind insbesondere in der Regenzeit da der Fluss Kinder und Erwachsene mitgerissen hat. Als Mir der wichtigste Mann in unserem Auto erklärt, dass mehr Geld benötigt wird, um Brücken zu bauen weil das alles so gefährlich sei, entgegne ich Brücken könnte man auch mit Holz bauen. Do it yourself. Er schaut etwas ungläubig, aber meint dann aus Stahl wäre besser. Ich sage nur, dass wir das früher auch nicht anders gemacht haben und wenn es wirklich wichtig ist, dann macht man es einfach. Ungläubig.
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Auch witzig ist, seit ich hier angekommen bin können die Menschen nicht glauben, dass ich nicht verheiratet bin und keine Kinder habe. Insbesondere die Aussage erweckt rege Heiterkeit, dass ich auch überhaupt nicht auf der Suche bin. Und das trotz meines fortgeschrittenen Alters. Jedenfalls interessiert sich der Kameramann des LokalFernsehens, ein Fahrer und einige andere sehr für mich. Die Männer meinen sie müssten die Frauen nur lange genug bezirzen, dann würden sie schon nachgeben. Es werden sogar Kühe für mich geboten. Ab einem Angebot von fünf Kühen kann man von einem seriösen Angebot sprechen. Da nicht mit mir, sondern entweder mit meinen Eltern oder in diesem Fall mit dem Ranger, der auf mich aufpasst, verhandelt wird erfahre ich erst später, dass ein konkretes Angebot von 20 Kühen gemacht wurde. Dass meine Eltern der Meinung sind, dass sie mich zu einer selbstständigen Frau erzogen haben und ich damit selbst Entscheidung die mein Leben betreffen treffen kann, glauben wenige. Auch, dass ich nicht als Produkt gehandelt werden möchte, wird generell anscheinend nicht so akzeptiert. Es handle sich um eine Art der Anerkennung. Ich lasse das natürlich nicht gelten und drehe den Spieß um: wenn dem so sei, dass es um Anerkennung geht, könne ich auf gar keinen Fall jemanden heiraten, den ich nicht meinerseits anerkenne - für den ich also einen Preis zahle. Den Mann würde ich sonst ja gar nicht wirklich wollen, er wäre mir nichts wert. Nimm deren Argumente und nutze sie um die teilweise Absurdität aufzuzeigen - unsere Denkweise kommt aus einem anderen Kulturkreis, die funktioniert selten. Es ist müßig immer wieder darauf hinzuweisen, dass hier bzgl Frauenrechte einiges noch im Argen ist. Und dann braucht man auch Fingerspitzengefühl, es nicht zu übertreiben.
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Und alles nur, weil ich weiß bin. Verrückt, verrückt. Ich hab nichts dafür getan. Gar nichts. Krasser Tag mit ziemlich viel Aufmerksamkeit, die mir manchmal unheimlich ist. Ich bevorzuge tatsächlich die simple Arbeit am College wo zwar auch viele Augen auf mich gerichtet sind, aber ich im Kleinen mit den konkreten Menschen und Problemen arbeiten kann und nicht nur Reden schwinge. Hakuna Matata!
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saritaaux · 4 years
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I’m not going anywhere
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Hier mal ein kleiner Schwenk aus meine kenianischen Leben. Nachdem vorgestern die Selbstbeweihräucherung des Prinzipals stattgefunden hat, sehr interessante Veranstaltung, war gestern ein typischer Sonntag für mich.
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In der Früh bin ich erst mit zur Studentenmesse gegangen wo Studenten selbst den Gottesdienst organisieren und durchführen mit Hilfe eines Kaplans. Das war sehr schön, vor allem am Anfang der Gesang des Gospels. Bekanntermaßen kann ich dem nicht viel abgewinnen, dass mir irgendwer Predigten hält, aber darüber später mehr. Aber auch ohne selbst Zugang dazu zu haben, finde ich es immer interessant zu sehen, wie Religion gelebt wird. Ich forsche eben gern.
Danach war der Plan, dass Joseph mich zwischen 10 und 11 abholt, was sich - für mich erwartbar -später zu 11 verwandelte, und wir dann zusammen entweder nach Iten oder - darauf habe ich mich besonders gefreut - zu wilden Elefanten fahren. Blöd war nur, dass der liebe Joseph einfach nicht aufgetaucht ist. Ich bin tatsächlich über-pünktlich fertig gewesen. Und als ich um 11.06 meinte „ready when you are“ kam ein „almost on the way“ zurück. Gut 45 Minuten später, ich bin mittlerweile zum Tor gelaufen, habe voicemails verschickt, zu malen angefangen, mich kurz gelangweilt, schreibe ich ihm, dass ich nicht weiß ob er mitbekommen hat, dass ich warte. Ich weiß, dass es pünktliche und extrem unpünktliche (wir reden dann von mindestens 1-3 Stunden oder gar nicht auftauchen ohne jegliche Bemühung den anderen zu informieren) Kenianer gibt, dass Joseph eigentlich pünktlich ist und ich weiß, dass Männer hier Frauen gerne in einer unterwürfigen Position sehen.
Funkstille. Eine gute Viertelstunde (also je nach Zeitrechnung nach über einer bzw zwei Stunden warten) später ist mir das Ganze zu doof. Über 1 Stunde warten ohne jegliche Info? Da bin ich dagegen! Deswegen habe ich dann beschlossen, dass ich nirgendwo mehr hin gehe. Ich kann mich auch alleine unterhalten und es geht mir gut auch ohne, dass sich jemand um mich kümmert. Nachdem ich Joseph über die Änderung meiner Pläne informiert habe, ist er kurz darauf da. Da hat der gute Josef ganz schön blöd aus der Wäsche geschaut. Zunächst dachte er glaube ich, dass ich Witze mache, ich kann Mimik recht gut interpretieren und sehe ein schelmisches „ich weiß, dass was falsch gelaufen ist, aber die krieg ich schon rum“. Als ihm allerdings klar wurde, dass ich das ernst meine und mich nicht wie die meisten afrikanischen Frauen auf Bitten und betteln und „I’m sorry, I apologize“ bzw „es war nicht meine Schuld, der Fahrer hat mich warten lassen“ überreden lasse, nein nein heißt, da hat er dann doof geguckt.
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Lydia kommt irgendwann hinzu. Sie hat mich über die Eigenheiten kenianischer Männer aufgeklärt. Klar, auch das gehört eben dazu: ich bin eine Frau und sollte damit eigentlich kuschen. Ich kann zum Glück ohne Konsequenzen selbst konsequent sein. Ich verliere nichts.
Es geht mir nämlich überhaupt nicht drum, dass ich warten muss, diese Aktivität macht mir im Zweifel sogar Spaß, oder, dass irgendwas nicht funktioniert, ich weiß wie die Dinge hier laufen, aber wenn jemand so mit mir umgeht und sich Null in mich hinein versetzt, keine Anstalten macht mich zu informieren, dann kann ich das auch. Tit for tat. Ich bin nicht bereit symbolisch, für Fotos und dass er gut vor seinen Leuten dasteht mitzukommen. Heute geh ich nirgendwo mehr hin. Soll er halt alleine nach Iten fahren und das Benzin verballern, das sein größtes Problem zu sein scheint. Man, wie Deutsch bin ich, manchmal erschreckend. Vielleicht der einzige Unterschied: Über solche Situationen bin ich nicht bitter, ist halt so, ich lebe im Moment. Wenn ich Elefanten sehen soll, dann wird das schon irgendwann passieren.
Nachdem er sonst jede Möglichkeit nutzt mich abzuchecken höre ich erst abends wieder von Joseph. Dafür hatte ich einen wunderschönen Tag! Erst helfe ich eine Stunde der Administration: es steht eine Akkreditierung an und sie müssen die letzten 5 Jahre digitalisieren - so ist das eben, wenn man ewig schläft und dann plötzlich feststellt: ups, da meint das jemand ernst. Ich bin schneller beim Eintippen der Rechnungen als die anderen und darüber freuen sie sich. Wenigstens hab ich mal irgendwas nützliches getan. Dann laufe ich wieder nach Kabarnet - drei Studentinnen die ich aus Lodwar kenne begleiten mich ein Stück, den Principal und seine Frau treffe ich zufällig beim zurücklaufen und die Leute am Weg kennen mich mittlerweile. Ich schau mir das örtliche Spitzenhotel an - sehr nobel, gehe in den Soko Supermarkt wo ich wie jeden Tag meinen Kuchen erstehe und ein Stück für Lana die Küchenchefin mitnehme, treffe „zufällig“ Josephs Vater und seinen Cousin, kaufe auf dem Markt Managu und einen gegrillten Maiskolben. Mit einem Boda boda (Motorrad), das mir eine Studentin ruft, fahre ich zurück ins College, tippe nochmal Rechnungen, habe einen schönen Schnack mit Lydia und schlummere selig ein.
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saritaaux · 4 years
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Who is who
In Kabarnet und meiner Schule gibt es viele verschiedene Persönlichkeiten und jeder ist ein Typ für sich. Es ist sehr witzig, da es einfach egal wo auf der Welt immer ähnliche Gruppenkonstellationen und Persönlichkeiten gibt und dann ist doch jeder einzig. Lasst mich euch einen kurzen Überblick zu den wichtigsten Sozialkontakten geben die ich grad so hab.
Klaus Schwenk ist der Ausgangspunkt für mich gewesen. Er ist der Vater von Anne, die die Ergotherapeutin meines Cousins Steffen ist. Vor über zehn Jahren, nachdem er in Rente gegangen ist, hat er zusammen mit Joshua Kandie Prokapsogo gegründet, um in dessen Heimatörtchen nahe Kabarnet eine Blindenschule zu eröffnen. Das war für die Parlamentskandidatur Kandies von großer Bedeutung. Bis dahin wurde eine Behinderung hier vor allem als Gottes Strafe angesehen - zur Rolle von Religion in einer anderen Sektion mehr. Über die Jahre wurden eine weitere Grundschule eröffnet, die Klaus Schwenk Grundschule, und auch weitere Projekte umgesetzt. Ich habe ja schon über Wohltätigkeit geschrieben und glaube, dass der Ansatz im kleinen helfen zu wollen wahrscheinlich das einzige ist was ansatzweise tatsächlich unterstützen kann. Sie kümmern sich vor allem um Bildung und Wasser. Nachdem ich entschieden habe meine soziale Verantwortung selbst zu verteilen, war Prokapsogo beispielsweise eine der Stellen an die ich am liebsten gespendet hab. Dank ihm habe ich jedenfalls die Chance hier mitzuarbeiten, denn als ich die Idee hatte und nachgefragt habe hat er sofort zugestimmt und den Kontakt hergestellt. Danke an dieser Stelle.
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Joshua Kandie ist der Parlamentsabgeordnete des Bundeslandes hier, des Countys. Damit ist er eine extrem wichtige Persönlichkeit. Er hat drei Söhne mit seiner Frau Joan. Ich finde ihn sympathisch, er ist natürlich auch sehr viel beschäftigt. Trotzdem erkundigt er sich immer wieder, wie es mir geht. Oder er schickt seine Mitarbeiter und lässt diese Fragen wie es mir geht. Ich fühle mich auf jeden Fall sehr gut aufgehoben, denn ich weiß genau, wenn irgendetwas überhaupt nicht passen sollte, dann habe ich eine Anlaufstelle, die auch versteht wie es mir geht, da er selbst 20 Jahre in Deutschland gewohnt hat.
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Dave, Alex und Joseph sind die Mitarbeiter von Kandie. Sie werden häufig abgestellt, um mich irgendwo hin zu fahren, mich zu beschäftigen, mich zu bespaßen oder was auch immer. Da ich sowieso die einzige Msungu aus Deutschland bin, habe ich auch den Eindruck, dass alle mehr als bereit sind sich auch emotional auf mich einzulassen. Dass ich überhaupt nicht auf der Suche nach einer emotionalen Bindung bin belustigt sowieso viele und stört dabei eigentlich niemanden. Also, weil sowas so weit entfernt von deren Vorstellungen ist. Jedenfalls immer witzig mit ihnen rum zu hängen und ein paar männliche Stimmungsbilder Kenias zu bekommen - dazu mehr in der Rubrik Mann/Frau.
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Seitens des Colleges möchte ich mit Lydia anfangen, sie habe ich auch als eine der ersten hier kennen gelernt. Sie ist die gute Seele des College. Egal worum es geht, sie ist sehr gewissenhaft, pünktlich, immer freundlich, und kümmert sich einfach um alles. Und das ohne, dass man sie danach fragen muss. Sie hat einen Ehemann, der sich aber wie so viele kenianische Ehemänner eine zweite Frau genommen hat. Mit diesem Ehemann hat sie drei Söhne. Scheiden lassen kann sie sich nicht, da ohne Ehemann, wenn die Söhne 17/18 Jahre alt sind das Beschneidungsritual nicht stattfinden kann. Sie erinnert mich an Namen, die ich ständig vergesse, zeigt mir wie man Ugali und Managu kocht und gibt mir einen sehr offenen Einblick in das typische Leben einer Kenianerin. Manchmal frage ich mich auch, was ich auf ihre Fragen (und auch die der anderen) entgegnen soll, welche Ratschläge ich gebe insbesondere das Privatleben betreffend - hier spielt Religion nunmal eine sehr große Rolle.
Als weiße und so junge Frau Dr genieße ich hier hohes Ansehen. Während es mir ganz fantastisch damit geht nicht auf irgendwelche alten Männer hören zu müssen, die denken sie hätten per Gottesdekret mehr Rechte als ich, weiß ich, dass es eben auch anders sein kann - in Kenia genauso wie in Italien oder Deutschland. Ein Lebensstil wie ich ihn pflege wird unter Umständen als Sünde angesehen. Kein Wunder, dass man gar nicht mehr weiß was man glauben soll, wenn jemand so viel Glück im Leben hat wie ich, aber nicht jeden Sonntag in die Kirche rennt. Rose hat mir auch schon gesagt ich würde in die Hölle kommen, wenn ich nicht an Gott glaube. Das wollen wir ja mal sehen. Jedenfalls, wenn was gut läuft war es nicht die eigene Anstrengung, sondern Gott dem man dankbar sein muss. Wenn dann was langfristig nicht funktioniert oder enttäuscht, dann ist das die eigene Schuld und wieder Gottes Strafe - anstatt die Schuld von dem, der sich wie ein Depp verhält. Was rät man jemandem der daran glaubt und aber doch gegen (aus meiner Sicht erfundene) Regeln verstoßen müsste, um glücklich zu sein?
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Rose ist die Haushälterin, sie hat auch drei Kinder, drei Töchter. Sie herrscht über das Wasser und sämtliche Einrichtungen die den Haushalt betreffen hier im College. Darunter auch das Studentenwohnheim. Sie ist manchmal etwas anstrengend, da sie sehr viel Aufmerksamkeit fordert. Außerdem ist sie glaube ich etwas opportunistisch. Dennoch ist sie mehr als neugierig und muss sehr oft lachen, wenn ich meine unkonventionellen Ansichten und Meinungen zum Besten gebe. Ihre Tochter Michelle ist elf Jahre alt und sehr freundlich, sie kommt jeden Abend vorbei sagt hallo und erzählt mir von ihrem Tag in der Schule.
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Isaac Bwambok (links im Bild) ist der Principal hier an der Schule und damit der wichtigste Mann vor Ort. Er ist seit ungefähr einem Jahr im Amt und hat hier wohl sehr viel zum Guten bewegt. Ich bin tatsächlich erstaunt wie sauber das Schulgelände ist, das hatte ich anders erwartet. Er sieht die Dinge und er versucht auch vieles zu zum Positiven zu verändern. Insbesondere ist er auch mitverantwortlich für den rasanten Anstieg der Studentenzahlen, was das Institut zu einem größeren macht und damit mehr Bedeutung verleiht. Er will natürlich auch gerne für seine Erfolge gefeiert werden, aber das ist auch normal. Er macht einen guten Job finde ich.
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Der zweite Isaac ist auch einer meiner Lieblingsleute hier, er ist der Fahrer. Er ist genau wie Lydia einfach eine super gute Seele und macht ohne, dass man ihn kontrollieren muss oder irgendetwas sagen muss, einfach das Richtige. Er hat zwei Söhne und eine Ehefrau. Die Söhne leben mit ihm, die Ehefrau wohnt dort wo sie arbeitet und sich um ihren kranken Vater kümmert. Mit ihm unterhalte ich mich viel, da ich ja immer den Platz vorne im Fahrzeug bekomme. Er ist sehr aufmerksam und wie gesagt eine gute Seele. Er ist außerdem ein richtiger Unternehmer: er hat eine Kuh deren Milch er verkauft wovon er die teure Privatschule seiner Söhne bezahlt, außerdem hat er - cleverle - die Bibelschule für sich entdeckt, er hat nen 1000l Tank und einen Truck, kauft deren Wasser für 250 KSH ein und verkauft sie für 1000 KSH. Mit ihm teile ich immer gerne meinen Cake of the Day.
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Valerie war meine Aufpasserin in Turkana und ist auch super. Ich liebe ihr verschmitztes Lachen. Mit ihr spaziere ich gern über den Campus. Sie ist mein Alter und weiß viel über Land, Leute, Geschichte. Mit ihr gehen mir auch selten die Gesprächsthemen aus.
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Naomi ist meine Nachbarin und die Hauswirtschaftslehrerin, die einen fantastischen Arrowroot Cake macht. Sie wird mich nächste Woche mit in den Unterricht nehmen und dann sehe ich wie hier Kuchen gebacken wird.
Und Lona, die resolute Küchenchefin darf ich nicht vergessen. Sie hats drauf und den größten Teepot den ich je gesehen hab.
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Die Robotergruppe versuche ich in strukturierter Problemlösung zu trimmen. Gar nicht so einfach und es gibt immerwieder Rückschläge. Die konzentrieren sich einfach nicht auf das Wesentliche und doktorn an irgendeinem Ende rum anstatt mal von Anfang an, step by step. Und dann darf ich ja immer auch nicht vergessen: die müssen das wollen, sonst hilft das alles nix. So warte ich nachdem sie anfangs tatsächlich pünktlich waren und dann ein konkreter Arbeitsauftrag im Raum stand zweimal vergeblich eine halbe Stunde und keiner taucht auf, niemand gibt Bescheid. Als ich die Kumpanen treffe sehe ich ihnen an dass es ihnen unangenehm ist. Ich kümmer mich dann selbst darum, weil ich hab Lust auf das Roboterprojekt.
Robert (ganz neu, Administration) und Eunice (Akademie) sind die Stellvertreter des Principals. Sie sind beide auch super nett und klären mich ua über ihre Sicht der Wassersituation auf und sind erstaunt als ich einige beliebte Argumente durch meine vorherigen Besichtigungen aushebeln kann. Und dann gibt es noch so viele andere - jeder hätte gern ein Stück von mir. Ich laufe gern über den Campus, dabei finde ich immerwieder was, das salzige Bohrloch oder auch direkt vor der Studentenunterkunft ein Plakat das Plagiate anbietet - die Vizerektorin hatte da schon was läuten hören aber wohl nicht so geforscht wie ich. Abends sind jeden Tag 1,5h Themengruppen - es wird Theater gespielt, getanzt, Volleyball, alles mögliche. Jeden Tag. Ich laufe immer mal umher und beobachte das Treiben. Friedlich.
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saritaaux · 4 years
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Kultur Kenia
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Die Bestandteile die ich nach einer Woche hier herauskristallisiert habe und die daher weit entfernt von komplett sind, sind: Wohltätigkeit, Korruption, Geschlechterverhältnisse, Verbund und Hoffnung (inkl. Religion), Bildung und Aufstiegschancen, Essen. Diese werde ich nach und nach in den nächsten Wochen etwas näher beleuchten. Lasst mich heute mit Wohltätigkeit beginnen, auch einer der Gründe weshalb ich hierher gekommen bin.
Wohltätigkeit
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Diese ganze Wohltätigkeit hat in Afrika eine sehr eigenartige Kultur hinterlassen: wenn etwas nichts mehr kostet sind es Wünsche die in Erfüllung gehen aber nicht mehr unbedingt das, was die Menschen wirklich wollen. Oft brauchen andere gesellschaftliche Strukturen andere Lösungen, aber wenn eben schonmal was (zur Alternative nichts) einfach zu haben ist - warum nicht gleich mitnehmen? Das erste Mal, dass ich die Property Rights und Agency Theory tatsächlich hautnah erlebe. Dadurch werden die Leute so konditioniert, dass sie einerseits die Verantwortung und damit ihre Selbstständigkeit und Stolz abgeben und andererseits anstatt ihre eigenen Ziele zu verwirklichen ihre Energie darauf lenken den Wünscheerfüllern zu gefallen. Das passiert in der ständigen Angst etwas falsch zu machen ohne zu wissen was eigentlich - ist nunmal eine andre Normalität. Kreativität, Hartnäckigkeit und der Glaube an die eigene Wirksamkeit werden dadurch quasi eliminiert. Genauso wie das Verständnis dafür, was man eigentlich selbst will von dem zu unterscheiden was andere denken, was das Beste für einen ist.
Wenn man damit arbeiten möchte muss man selbst sehr diszipliniert sein. Es wäre so einfach als msungu alle Hebel in Bewegung zu setzen für sich selbst, Geschenke anzunehmen, etc. Das heißt, kein Wort und keine Geste der Beschwerde, außgenommen es dient meinem Zweck hier etwas im ganz Kleinen zu verändern. Keine Annehmlichkeiten oder Geschenke, ich bin nicht käuflich. Ich passe mich an, darin bin ich gut und drehe ein paar kleine Stellschrauben anders. Hier wird sowieso viel zu viel geredet und viel zu wenig gemacht.
Deswegen erzähle ich dem Principal nichts vom nicht fließenden Wasser in meiner Wohnung: der weiß, dass das Wasser knapp ist und ich will, dass das für alle langfristig funktioniert und nicht nur für mich mal punktuell. Vorausgesetzt, dass sie das wollen natürlich. Und das ist wieder so eine Sache...
Rose ist die Königin des Wassers. Als Verantwortliche für den Bereich Hauswirtschaft entscheidet sie, wann geöffnet wird - es werden für ca 1900 Studenten, 150 Personal rund 175 Tsd Liter pro Woche benötigt. 123 Liter werden pro Kopf pro Tag in Deutschland Wasser verbraucht (Vergleich Kenia 81 l). Allein eine Spülung mit der Toilette sind bspw ca 3-9 Liter - reinste Trinkwasserqualität! Dagegen steht der Verbrauch hier in der Schule: Im Optimalfall wären es 12.5 Liter (exkl Trinkwasser, zumindest für mich) bzw mit dem vorhandenen Wasser (im Moment 100 Liter) 7 Liter - pro Person pro Tag.
Das merke ich an mir: Obwohl ich so sparsam wie möglich bin und zum Beispiel das Wasser vom Händewaschen auffange, um meinen Luxus der Toilette im Haus nutzen zu können verbrauche ich immernoch ca 11 Liter. Für meine bucket shower brauche ich ca 4/5 Liter, 2/3 Liter Trinken, 2 Liter Toilette und 1 Liter sonstiges. Dabei ist der Verbrauch zum Kochen meines Mittagsessens nicht einberechnet. Das Wasser läuft soweit ich das erlebt habe 1-2 Mal pro Woche, dann reihen - bevorzugt nachts - alle ihre Kanister auf.
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Selbst dann ist es aufgrund nicht vorhandener Pumpen teilweise nicht möglich das Wasser bis zu uns zu transportieren. Ich glaube ich muss nicht erwähnen, dass es keine Waschmaschinen gibt - ich kann jetzt meine Hände in eine Waschmaschine umfunktionieren, aber dazu in einer anderen Sektion mehr.
Ich nehme dafür gerne die bucket shower in Kauf auch wenn das unpraktisch und etwas unangenehm ist. Nachdem Lydia an Tag 2 mir den heißen Tipp gegeben hat das Wasser mit dem Wasserkocher zu erwärmen kann diese sogar - tadaaa - warm sein. Das gabs im Dschungel in Guatemala nicht und in Peru (Choquequirao) war das fließende Wasser auch arschkalt. Ja zugegeben, hätte ich auch selbst drauf kommen können.
Annehmlichkeiten wie den Vordersitz im Van finde ich kann ich mir dafür gönnen, das ist nichts was deren Leben langfristig betrifft. Ginge auch anders, aber die Toilette in meiner Wohnung auch - dafür geh ich in der Arbeit aufs Normalo Toiletten-Häuschen.
Wasser ist das am meisten benötigte hier - in den Studentenunterkünften kann noch nicht mal die Toilette gespült werden. Ich kann wenigstens händisch nachspülen.
Als ich auf die Suche nach Wasser gehe merke ich wohl, dass es ihnen so überhaupt nicht recht ist, dass ich mit der Bibelschule von nebenan rede undherausfinde, dass nach ein paar Kalkulationen mehr als genug Wasser vorhanden wäre. Auch als ich andeute die Schüler könnten ja mithelfen ein Loch für mehr Speicher zu graben wird mir von Rose eindringlich gesagt man müsse ihnen Geld dafür geben. Ich insistiere dafür doch tatsächlich kein Geld zu geben mit der Begründung, dass das doch ihnen selbst zugunsten wäre und sie es ansonsten wohl nicht so dringend bräuchten. Das erntet sowas wie Fassungslosigkeit. Ich vermute: schließlich hat man ihnen anscheinend ihr Bohrloch längst versprochen und die Zeit bis dahin hält man auch irgendwie aus. Klar, dass Selbstlosigkeit da nicht ins Konzept passt. Die Kirche ist das übrigens auch nicht: die lassen ihre Nachbarn natürlich ordentlich zahlen für das Wasser oder lieber im Mist versinken.
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Am allermeisten erstaunt bin ich, als ich dann den Staudamm, die Pumpen und Tanks Kabarnets besichtige. Ich dachte einfach mal vorbeischauen zeigt mir mehr als die Tausend verschiedenen Meinungen. Und was soll ich sagen: Derzeit herrscht sogar Wasserüberfluss - und das in der Trockenzeit. Der Mitarbeiter sagt er habe keine Ahnung von diesen Dingen, was die Verteilung angeht. So wie das jemand sagt, der Angst um seinen Arbeitsplatz hat. Korruption - wir kommen wann anders dazu. Met, ein Kanadier und Kenianer, der sich mit Pumpen etc auskennt, vorher in meiner Wohnung gewohnt hat und mir alles zeigt erklärt mir bei Rose gäbe es in der Wohnung fließendes Wasser. Irgendwas stimmt hier nicht. Und dabei rede ich nicht nur von einer Sache, ich bleibe dran und werde berichten.
Und als ich in einer der ärmsten Regionen Kenias unterwegs bin begreife ich, dass Wohltätigkeit, 100 Jahre oder mehr Entwicklungshilfe vor allem eines ist: verdammt egoistisch.
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Jede Süßigkeit, die ich und jeder andere verteilen ist: dazu da mir mein schlechtes Gewissen beim Anblick dieser Armut zu nehmen. Das Gefühl zu haben ich hätte was getan. Es ändert nämlich nichts, außer den Blick der Verzweiflung für die Sekunden, die ich ihn sehe in einen Blick der Freude zu verwandeln. Jetzt kann man sagen unterm Strich wäre dadurch etwas besser für dieses Individuum geworden. Ist es aber nicht, solange nicht ein gewisser Schwellwert von Existenz überschritten wurde.
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Diese Kinder wissen natürlich nicht wie es noch sein kann, wie es anders sein kann, dass es möglich ist nicht zu hungern. Es muss auch ziemlich schwer sein als Nomade aufzuwachsen und dann in einer Schule an einem Ort bleiben zu müssen. Das ist deren Normalität. Und wie so häufig sind die, die am lautesten schreien nicht unbedingt die, die es aus unserer Sicht am Nötigsten bräuchten. Oder eben genau die.
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Genau gleich verhält es sich mit Geldgeschenken nur auf abstrakterer Ebene. Oh, das mit der Kolonialisierung fandet ihr nicht so doll? Ja, hm, was machen wir da. War nicht ok, seh mer ein. Wie wärs mit Geld, welches dann in Apparaten versinkt die bei euch nicht funktionieren, weil, stimmt, dazu haben wir euch ja auch gezwungen. Aber wir können wenigstens sagen wir hätten unser Allerbestes gegeben - unser Geld. Übrigens grad wieder auch von Deutschland passiert um die Heuschreckenplage zu bekämpfen.
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Durch das Verhalten der msungu werden die hier derart konditioniert zu springen, zu bitteln und betteln, dass ich dazu eigentlich keinen Teil beitragen möchte. Alle msungus haben Geld und wollen Gutes tun, Sachen verschenken (was die hier ja zugegebenermaßen auch selber so machen). Ständig wird hin- und hergeschenkt. Das einzustellen, dazu gehört auch Enttäuschungen auszusprechen und durch Verhalten zu zeigen. Aber genau dieses Geben wird in einer kollektiven Gesellschaft erwartet. Solange man hat, gibt man, wenn jemand weniger hat. Wenn jemand weniger hat, nimmt er, solange jemand anders mehr hat. Eigentlich gehört sowieso allen alles. Und es fällt mir hier das erste Mal unglaublich schwer, nichts zu geben, hart zu bleiben, ich schaffe es zum Schluss auch nicht, denn das Elend, das ich um Lodwar herum sehe und höre ist unerträglich. Unerträglich. Unerträglich.
Was kann man tun? Was können Institutionen tun? Was kann ich tun? Diese Fragen sind ständig in meinem Kopf. Was ist die Lösung? Gibt es eine Lösung? Muss es überhaupt eine geben?
Ende.
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saritaaux · 4 years
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Vom Hinterland ins Hinterland
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Mitten in der Nacht 2.30 pünktlich Abfahrt nach Lodwar. Ich krieg den Platz des principals, Msungu Bonus... Bus diskutiert erstmal über Politik und die Straße wird irgendwann zu einem einzigen Schlagloch.
In Kitale warten wir auf die anderen Busse. Ich schnappe immer nur mal was von Escort auf wegen der Sicherheitslage und das macht mich schon etwas nachdenklich. In einem Blog hab ich gelesen, dass es auf der Strecke Raubüberfälle gibt. Auch bewaffnete Milizen sind keine Seltenheit. Turkana County und seine Hauptstadt Lodwar sind eine der ärmsten Gegenden Kenias und liegen in einem semi-ariden Gebiet, sprich Halbwüste und so sehen die Straßen auch aus. Die hat sich gebildet als Zufluchtsort für Nomaden, wenn absolute Trockenzeit herrscht.
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Es geht vorbei an Turkana Frauen, die den ganzen Hals voll mit gewebten Ketten haben, riesigen Termitenbauten, manyata Nomadenhäuschen und Kamelen die angeblich keine sind ab in die Steppe. Als weiße - Msungu - falle ich überall auf: Auf der ganzen Strecke bleiben Menschen stehen winken mir zu und freuen sich nen Ast wenn ich zurück winke. Während in Kabarnet immer noch viele durch die Kohlenhydratreiche Nahrung - Ugali, Reis oder Chapati in Mengen die für eine Mahlzeit unseren Wochenbedarf reicht - relativ dick sind und ich auch schon dachte, dass die hungernden Kinder in Afrika eine Legende wären, fällt mir auf dieser Fahrt auf, dass dem nicht so ist. Das ist das Schlimmste hier: Ich sehe Kinder die verwahrlost sind, Kinder die einen Wasserbauch haben, Kinder die nackt auf mein Auto zu rennen voller Hoffnung und denen ich nicht helfen kann in diesem Moment. Klar könnte ich jedem Geld in die Hand drücken oder eine kleine Süßigkeit, aber ändern würde das nichts. Es ist das Eine sowas in Zeitungen, im Internet, im Fernsehen zu sehen, es ist das Andere, wenn dich solche Augen tatsächlich anschauen und du dir wünscht, dass die Welt gerechter wäre.
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In Lodwar selbst ist es einfach nur heiß und nach so früh aufstehen und über 14h Fahrt bin ich durch. Aber: Life is full when you are full of watermelon. Und die gibt’s hier und da gönnen Valerie und ich uns eine.
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Am nächsten Tag geht es auf zu der Ausstellung. In der Früh entscheide ich mich mit den Studenten zusammen die Prozession durch die Stadt zu machen. Das ist super witzig und richtig toll inmitten von allen Studenten dabei zu sein. Sie haben so viel Energie, dass ich selbst total erstaunt bin dass sie diese 5 km komplett durchhalten anzuheizen, zu singen und zu tanzen und einfach gute Laune zu verbreiten. Ich bin bei der Hitze beeindruckt, mir läuft nämlich das Wasser in Strömen hinunter. Am Ende des Tages hab ich ca 5 Liter intus und war ein einziges Mal auf der Toilette. Jedenfalls, zum Schluss der Prozession hin kommen auch ein paar Kinder wieder zu uns, nein zu mir und wollen etwas von mir. In dem Moment ist es auch etwas schmerzlich zu begreifen, dass ich durch meine weiße Hautfarbe in einigen Augen wohl die Dollar Zeichen funkeln lasse und in anderen einfach pure Verzweiflung. Jeder erwartet von mir, dass ich etwas gebe. Und ich fühle mich selbst schlecht wenn ichs nicht tue. Auf meinen Reisen bisher, habe ich immer darauf geachtet kein Geld und keine Süßigkeiten an die Kinder zu verschenken. Ich wollte sie nicht dazu animieren betteln als Lebenszweck zu begreifen, sie nicht davon abzuhalten zur Schule zu gehen.
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Ich habe ein paar kleine Süßigkeiten dabei. Ich entscheide mich in diesem Moment, dass ich ein paar weitere Süßigkeiten kaufen werde. Dass das nur mein Gewissen erleichtert und mir hilft diese Spannung abzubauen ist mir klar. Ich weiß, dass es nicht hilft. Und wenn sie aufgebraucht sind, sind sie aufgebraucht. Ich habe Tränen in den Augen, als die anderen die Kinder weg scheuchen um mich nicht weiter zu belagern. Einerseits wegen dem scheuchen, aber andererseits auch wegen dieser Aussichtslosigkeit. Immerwieder dieser Satz in meinem Kopf: ich kann nicht allen helfen. Die Erkenntnis, noch nicht mal einem einzigen.
Einer der chairmen hat dazu eine sehr schöne Rede, er selbst kam aus dem county in dem ich gerade bin, hat sich zum phd hoch gearbeitet und unter anderem in Amerika gelehrt. Er sagt diesen Satz, dass Armut kein Zertifikat, keine Errungenschaft ist. Dass kein Arbeitgeber jemanden einstellt mit dem Profil arm zu sein. Das Wichtigste ist, dass die Kinder zur Schule gehen. Dass sie einen Abschluss machen. Und damit eine Chance auf ein besseres Leben haben, wie er.
Als mir später am Tag jemand sagt „das ist eine Frucht die hier vorkommt, sie ist sehr gesund, sie hilft beim abnehmen“ und ich begegne „ja, wer will das denn eigentlich nicht“, bereue ich diesen Satz sofort wieder beim Gedanken an die Kinder.
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Ich fülle meine Rolle als Prestigeweiße aus - sonst hat keiner eine Msungu dabei. Es sind echt auch tolle Ideen bei den Innovationen dabei, die Roboter dürfen sogar am nationalen Wettbewerb teilnehmen. Ich schüttle überall Hände, halte Reden, übergebe Zertifikate und kann mir die 1000 Namen überhaupt nicht merken. Die Gesichter sehen irgendwann alle gleich aus. Jeder möchte mit mir sprechen jeder möchte mich mal berühren jeder möchte Zeit mit mir verbringen. Ständig zücken Leute ihr Handy und machen Selfies von und mit mir, alle Augen sind auf mich gerichtet sobald ich in der Nähe bin, mir wird jeder Wunsch von den Augen abgelesen. Ich treffe den Bildungsminister des Turkana Counties, viele andere Principals, darf den Turkana Lake mit wichtigen Leuten besichtigen, mich in Besucherbücher eintragen, ... Ich fühle mich ein bisschen wie ein Superstar oder Royal oder so. Das einzige Mal, dass ich alleine unterwegs seinkann ist als ich einen Hut gegen die sehr starke und heiße Sonne hier erstehe. Ich glaube niemand käme hier auf die Idee mir auch nur einmal zu widersprechen oder anderer Meinung zu sein, was echt problematisch ist. Naja gut, bis auf einen etwas älteren Herren, der meint man hätte als guter Ehemann einzig die Verpflichtung viel Geld an die Familie der zukünftigen Frau zu zahlen. Mittlerweile verstehe ich übrigens auch die Merkelraute - was mach ich bloß mit meinen Händen nicht nur hier sondern bei all den öffentlichen Auftritten bei diesen nie enden wollenden Fotos? Das ist echt seltsam, aber auch witzig.
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Nachmittags geht es dann auf eine Art wissenschaftliche Konferenz. Da kommt mal wieder die Motivations-Sarah aus dem Eck, denn Patricia bittet mich ein paar einleitende Worte zu sagen. Ich werde als „very important person in this room“ vorgestellt. Dann spreche ich über Forschung, über Leidenschaft und Neugier die notwendig dazu sind Forschung zu betreiben. Neugier, um die richtigen Fragen zu stellen, warum Dinge sind wie sie sind und Leidenschaft, um die Ausdauer aufbringen zu können dies dann auch gewissenhaft und gründlich zu durchleuchten. Ich frage viel nach und genieße es die Beiträge der anderen zu sehen.
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Später höre ich, dass sie es sogar toll gefunden hätten, wenn ich eine Keynote gesprochen hätte. Nachdem ich die Präsentationen gesehen habe, halte ich das für eine sehr schmeichelhafte, aber dennoch nicht gute Idee. Ich weiß, dass ich weit entfernt von perfekter Forschung bin, aber es sie sich schlecht fühlen lassen würde, wenn sie sehen was ich so getan hab.
Abends bin ich einfach nur verdammt müde. Da lädt sich der principle einer anderen Schule zu Valerie, die nun meine Betreuerin ist für das Wochenende, und mir an den Tisch ein. Ich habe echt keine Lust auf Konversation mit jemand offiziellem. Und insbesondere nicht mit dieser Einstellung, er sagt was ich zu tun habe, zum Beispiel Valerie nach Deutschland zu holen. Das kann ich machen wenn ich das möchte, aber das ist allein meine Entscheidung. Und ich werde mich auch nicht dafür rechtfertigen, dass ich eben nicht das Flugticket für jemanden übernehme. Ich möchte kein Wort mehr sprechen, wimmle in der Hotellobby einen weiteren Interessenten ab und schreibe lieber meinen Blog. Und auf der Rückfahrt, nur mal so, gibt’s super leckere, frische Mangos - da ist Dr. Sarah happy!
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saritaaux · 4 years
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My Window to Kenya
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Sehr spannend alles. Zwar gibt es in Kabarnet zwei wohltätige Organisationen, aber ich bin die erste die hier im Hinterland für längere Zeit ist und arbeite in einer Technikerschule mit - dem Technical College Baringo County. Mit 1800 Schülern nicht ganz klein, vor allem wenn man bedenkt, dass sie erst 5 Jahre alt ist. Wie gesagt ist meine Unterkunft mehr als überdurchschnittlich für den Kenianern. Es ist alles sehr cool hier und die sind auch alle ok und machen einen guten Job, soweit ich das nach einem Tag beurteilen kann. Die Woche darf ich zB auch gleich mit zu so nem Innovationswettbewerb nach Lodwar, das liegt im Wüstengebiet an den Grenzen zum Südsudan/Uganda. Lydia, die Sekretärin ist auch besonders hervorzuheben, sie ist wahnsinnig gewissenhaft.
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Größte Baustellen aus meiner Sicht nach Priorität: eigentlich läuft im Großen und Ganzen alles - bis auf das Wasser, verlässliches reporting (hilft Einkauf und Marketing), Bestellprozesse, um Abläufe zu verfeinern, zusätzliche Unterrichtsräume. Das Problem beim Wasser: sobald es ans Eingemachte geht, sobald man etwas mehr wissen möchte stößt man auf taube Ohren, Hinhaltetaktik, Unverständnis. Das mit dem Wasser ist so eine Sache, das läuft nicht. Fließend Wasser gibt’s nicht, ich hab mit bucket shower kein Problem aber grad in den Studentenunterkünften ist das zB nicht toll wenn die Gemeinschaftstoilette nicht spülen kann. Die Nebenschule ist so eine Bibelschule, die hat ein Bohrloch und schöpft die Kapazität wohl nicht ganz aus.
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Also bin ich gleich mal rübergedackelt. Einen kurzen Schwatz später vertagen wir dieses Thema auf später am Tag. Leider ist Rose, die diesmal für mich abgestellt wurde nicht besonders zuverlässig von daher sind wir natürlich zu spät dran und der Bibel Principal ist zuverlässig und dann eben weg. Dafür treffen wir einen Schüler, der uns die Pumpe zeigt und erklärt wie groß die Kapazität sei. Nachdem ich kurz nachrechne sage ich ihm, dass das so entweder nicht stimmen kann oder sie uns bisher immer einen zu hohen Betrag in Rechnung stellen. Angeblich sei die Ausbringungsmenge dann doch noch viel höher. Wenn dies der Fall ist hätte das technical College überhaupt gar keine Probleme mit der Wasserversorgung mehr. Das einzige was benötigt würde wäre ein Messgerät. Ich habe aber den Eindruck das war dem Principal des Techniker Colleges nicht so recht, dass ich nach Alternativen zum Bohrloch gesucht hab.
Nicht nur die Bibelschule ist ihnen ein Dorn im Auge. Als ich zB meinte die Schüler könnten ja helfen ein Loch zu buddeln für mehr Speicherkapazität zB von Regenwasser hieß es nachdrücklich von Rose das machen die nur wenns Geld gibt. Dann meinte ich irgendwann, dass die Situation dann ja nicht so schlimm sein kann für die, wenn sie dann nicht freiwillig mithelfen die Missstände zu beheben. Das wurde mit einem scharfen Blick quittiert und misstrauisch aufgenommen. Ich verstehe natürlich nicht was sie auf Swahili reden. Aber der Technik principle hat mit dem Bibel Principal bzw dann dem örtlichen Wasserkraftwerk dann am Telefon darüber gesprochen, was er mir jetzt sagen solle. Jedenfalls, jetzt versucht der principal die städtische Versorgung zu reparieren und anzuzapfen, weil das das günstigere Wasser sei. Angeblich würde nur ein Teil fehlen, dass circa 200 € kostet um den Wasser Strom zu leiten zu können dass das College vollumfänglich versorgt wird. Dauert wohl eine Woche. Darauf erstmal nen Mixed Tea aus der größten Teekanne die ich je gesehen hab.
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Vielleicht muss ich mir das noch etwas länger anschauen. Denn wie gesagt: eigentlich habe ich schon den Eindruck, dass die an der Schule einen sehr guten Job machen.
Die anderen Prozesse sind einfach in der Umsetzung und das Problem ist, dass die bereits gute Regeln und Prozesse haben, aber man sich nicht unbedingt dran hält. Auch die Regierung selbst nicht. Oder nur solange wie jemand zuschaut. Und wenn man dann ans Eingemachte geht und frägt wer verantwortlich ist, mit wem man sprechen muss, gibt’s viel ausweichen und dann kommen Sachen raus wo sie auch was verbummelt haben oder sie das gar nicht mehr unbedingt brauchen etc pp.
Vor allem fange ich an die Probleme von Entwicklungshilfe zu verstehen. Sehr müßig, gar nicht weil so viel zu tun ist, eigentlich läuft alles - bis auf Wasser, sondern weil man erstmal durch deren kulturellen Mechanismen die durch Entwicklungshilfe und Sklaverei Weißen ggü geschaffen wurden durchkommen muss. Ich habe den Eindruck es herrscht ganz viel Angst, etwas falsch zu machen, und noch nicht einmal zu wissen was es genau war. Außerdem gibt es eine sehr dienende, devote Haltung und es wird versucht einem jeden Wunsch von den Augen abzulesen um den anderen nicht zu verärgern, insbesondere die Geldgeber nicht. Das ist das Problem, wenn man nur erfüllt was sich jemand wünscht und nicht was jemand wirklich will. Was jemand braucht entscheidet dieser jemand nämlich selbst und zum wollen gehört auch Kosten zu tragen - dazu aber mehr in einem separaten Beitrag über die Kultur Kenias. Jedenfalls bin ich nicht hier „um ihnen was zu erklären“ sondern um mit ihnen zu arbeiten.
Ich will beispielsweise gerne durch meine Taten beurteilt werden, anstatt durch mein weiß sein. Aber ich glaube durch alleine 5km in die Stadt laufen (was hat die Msungu gemacht? Ja hat sie!), jeden Tag stempeln wie alle anderen, allgemeine Toilette (=Loch) benutzen und die Vermeidung unangenehmer Situationen durch sich nicht Beschweren bin ich auf einem guten Weg.
Das ist schon so ungefähr was ich erwartet hab und auch aus anderen Kulturen kenne. Ich finde das tatsächlich sehr spannend damit zu arbeiten. Und zum Schluss bin ich ja auch nicht hier um Ihnen mehr Arbeit zu machen oder noch größere Prozesse aufzusetzen sondern um zu sehen ob es Möglichkeiten gibt Ihnen das Leben zu vielleicht zu erleichtern. Daher setze ich mich an Tag zwei einfach in mein Büro und warte was auf mich zukommt. Ob die Leute die gesagt haben sie tun etwas das auch tatsächlich tun (natürlich größtenteils nicht) und führe ein sehr gutes Gespräch mit dem kaufmännischen Chef. Bereits um 8 geht’s ab ins Land der Träume, denn um 2 klingelt schon der Wecker.
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saritaaux · 4 years
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Jambo Kenia
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Nachdem mein Schwesterherzchen mich am Flughafen abgeliefert hat und wir noch eine schöne Tasse Kaffee zusammen getrunken haben kann ich es kaum glauben, als ich wieder im Flieger sitze. Es geht über Kairo nach Nairobi in Kenia. Ich weiß, dass ich die nächsten Tage gerädert sein werde, da ich über Nacht in der Holzklasse fliege und umsteigen muss. Übrigens: als Frau Doktor bin ich tatsächlich einfach auf einen mega Platz umgesetzt worden, hat sich die Plagerei schon gelohnt. Spätestens als im Flieger nach Nairobi eine Spanierin sitzt die als Hippie in Taganga (Kolumbien) unterwegs war, war dann auch klar dass es nur ein paar Stündchen Schlaf gibt. Wenigstens ist der Transport und mein Hostel organisiert. Backpacking als solches ist in Kenia nämlich tatsächlich anscheinend nicht so angesagt - in ganz Nairobi gibt es zwei hostels auf hostelworld.
Naja. Kenianisch organisiert. Um 4 in der Früh landen wir, 40€ für das Visum, ein kritischer Blick und ein etwas sagen wir zügig ausgefülltes Visum später bin ich zackig eingereist. Dafür stehe ich dann draußen über eine Stunde, bin verdammt müde und warte auf den Fahrer. Als der gerade ankommt als ich mir ein uber organisieren will, hat der angeblich die falsche Uhrzeit genannt bekommen. Genau, Freundchen, du mich auch. Nachdem die Hostelmami mich aus der Dusche mit Badehaube und Zahnbürste im Mund empfangen hat, erstmal schlafen.
Das Hostel Manyatta Backpackers ist mit 13€ inkl Frühstück und echt richtig schäbiger Ausstattung ziemlich teuer. Dafür trifft sich hier die überschaubare Backpacker community. Da die Kenianer sich dann gern einfach mal nicht melden, obwohl ausgemacht war, dass wir ins Parlament gehen, hab ich keine Lust ewig zu warten und so geh ich tags drauf auch gleich mit Mariella zum Kuona Art centre wo lokale Künstler künstlern und was ein ziemlich relaxeder Ort ist. Dass ich alleine in dieser Gegend unterwegs bin ist Dave, der eigentlich alles organisiert dann etwas unheimlich. Erst will er mich abholen, lässt mich eine knappe Dreiviertelstunde warten und dann ist plötzlich sooo viel traffic, dass ich doch wieder ein uber nehmen soll. Witzig. Ich gewöhn mich dran.
Das Parlament als solches tagt leider nicht mehr, da tags zuvor der ehemalige zweite Präsident (1978-2002) Daniel arap Moi in meinem Zielort Kabarnet beerdigt worden ist. Dieser ist umstritten - die einen sagen er hätte das Land mit starker Hand sehr gut regiert, vorangebracht, andere er wäre zu lange an der Macht geblieben und hätte Menschenrechtsverletzungen wie Korruption im Land unterstützt.
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Auch leer ist es sehr interessant alles anzuschauen. Der Plenarsaal ist aufgebaut wie das britische - die Sprecher der Regierung und Opposition treffen sich gegenüberstehend an einem Tisch in der Mitte, der Präsident thront über allem. Alles ist in den Nationalfarben Kenias gehalten: rot, grün, schwarz. Als ich dann Joshua Kandie wiedertreffe, den Parlamentsabgeordneten, der auch Mitbegründer von Prokapsogo ist, laufen wir durch die Speisesäle und trinken im Garten einen Tee. Dazu gibt’s Mais, Süßkartoffel und mega leckere rote Kartoffel (arrowroot). Es ist sehr interessant zu beobachten wie einerseits auf der Straße sehr ärmliche Menschen unterwegs sind - die nichtsdestotrotz meist sehr gepflegte Klamotten anhaben - und dann hier zu sein inmitten von Anzug- und Kostümträgern. Egal wo in Kenia, mein Backpackerstyle ist nicht nur ungewöhnlich, sondern auch underdressed. Aber wenn ich was gelernt hab dann, dass es wahrscheinlich meistens gar nicht so verkehrt ist nicht zu reich auszusehen.
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Am nächsten Tag geht’s dann auf nach Kabarnet wo ich die nächsten Wochen verbringen will. Kabarnet bedeutet Ka - Swahili für Haus und Barnatt - war ein ehemaliger Missionar. Hier wohnen die Samors, eine Untergruppe der kleinen Ethnie (ca. 350000) der Tugen oder Tuken, ein Unterstamm der Kalenjin, besonders bekannt für Viehhirten und Imkerei im Baringo county und dem Rift Valley.
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Bereits auf der Hinfahrt fahren wir vorbei an Affen die einfach so neben der Autobahn sitzen, genauso wie Kamele die rumstehen oder Zebras. So schöne Tiere aber auch. Kurz vor Dunkelheit eingetroffen bin ich fast überwältigt von meiner Bleibe: ein Wohnzimmer, Küche, Bad, Balkon, Schlafzimmer und drittes Zimmer für mich ganz alleine. Wenn ich da an San Lucas und Marias Bleibe zurückdenke ist das reinster Luxus. Der Blick aus dem Fenster richtig schön und mit Lydia - und all den anderen Bewohnern - unfassbar liebe und sich kümmernde Leute um mich herum. Das hab ich mir noch gar nicht verdient, um ehrlich zu sein.
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Am nächsten Tag soll ich mit auf Tournee mit Kandie gehen und auch selbst eine motivierende Ansprache halten. Leider gestaltet sich hier auch die Organisation schwierig: der Fahrer ist zwar über 1,5h zu spät dann tatsächlich da und sagt hallo, aber nicht, dass er mit Kandie da ist und sie mich mitnehmen wollen. Das Schöne am warten: es kommt immer was anderes cooles, zB der schulische Musik- und Dramawettbewerb.
Also laufen mein „Betreuer“ Joseph und ich in die Stadt und schauen uns ein bisschen um. Viele Leute grüßen mich oder starren mich an, ich bin weit und breit die einzige Weiße und falle noch mehr auf als überall sonst wo ich bisher so war. Alleine zu sein ist hier fremd, das wird mir schnell klar, ich muss für meinen Freiraum selbst sorgen und nehme mir vor am nächsten Tag alleine nach Kabarnet zu laufen. Abends besuchen wir dann die Veranstaltung der lokalen Friseurinnen auf der auch ich eine Motivationsrede improvisiere - Leitspruch ist der meiner Uri: Alles was du selbst kannst brauchst du niemanden drum bitten.
Das Verrückte ist auch, dass sie mir einfach alles recht machen wollen, dabei will ich doch einfach normal sein, keine Extrawurst, vielleicht auch Anerkennung verdienen und nicht als gottgegeben, weil weiß, hinnehmen. Das ist eine schöne Vipassana Übung: alles wäre so einfach und nah und doch drauf zu verzichten. Ich will ja auch, dass die Menschen sich in der Interaktion mit mir gut fühlen. Und ich will auch nicht als Geldgeber gesehen werden, dem man schön tun muss. Dazu gehört eben auch nicht auf Privilegien zu bestehen, die man sich noch nicht erarbeitet hat und genausowenig unsere typisch deutsche Anspruchshaltung. Ich sehe große Dankbarkeit, als ich die bucket shower selbstverständlich hinnehme weil das Wasser nicht funktioniert oder den Gürtel um 80Cent kaufe, den ich beim Anprobieren kaputt gemacht hab.
Es ist ein komisches Gefühl hier helfen zu wollen, denn irgendwie hat das sowas von „ihr seid arm und ich bin gnädig“. Dabei gibt es hier bereits toll ausgestattete Häuser, viele Schulen und freundliche Gesichter. Tatsächlich bin ich kein Heilsbringer, sondern muss was auch immer mit ihnen zusammen erarbeiten. Zum Schluss ist es so: wenn die Leute nichts in Kauf nehmen ist es wohl auch nicht so wichtig. Ich kann nur Steigbügelhalter sein - diese Herangehensweise ist im Rahmen vieler Entwicklungshilfen aber recht sagen wir inkonsequent angewandt worden.
Am nächsten Tag schlafe ich aus, meditiere und wehre sämtliche Versuche ab alleine die 5km nach Kabarnet zu laufen. Ich fühle mich nicht einen Moment unsicher. Auf dem Weg werde ich von vielen gegrüßt, ernte ungläubige Blicke, Kinder winken mir zu, eines frägt nach Geld die meisten grinsen einfach nur und sind neugierig.
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Angekommen erstehe ich mit Joseph meinen CAKE OF THE DAY - ein Vanillekuchen, ein Kokosbrot und weils im Supermarkt überraschenderweise auch einen sehr gut aussehenden gibt auch einen Red Velvet. Letzterer und das Kokosbrot sind absolut köstlich.
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Dann möchte mir Joseph sein zuhause zeigen. Wir laufen ca 45 Minuten mit einem seiner gefühlt 1000 Cousins weg von jeglicher Stadt. Es ist total schön ruhig und idyllisch. Ich probiere unbekannte Früchte vom Baum, die sich als Guaven herausstellen, Bananen- und Mangobäume sind da, Ziegen, ein Zebraähnlicher Esel, Kühe, Hühner und Hunde laufen rum, der Blick ins Rift Valley, ziemliche Weiten. Wie gut Joseph das tut seine Hunde zu sehen, die wohlerzogen und sehr auf ihn fokussiert sind. Nach einem süßen Tee machen wir uns auf den Rückweg vorbei am natürlichen Staudamm, bald mit dem Motorrad zurück in die Zivilisation. Dass eine Weiße diese Strecken gelaufen ist erhält Bewunderung, Joseph erzählt das auch gleich jedem. Dabei brauch ich die doch gar nicht wenn ich Dinge tue, die für jeden Einheimischen selbstverständlich sind.
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Nach einem leckeren Abendessen bei Kandies Familie noch ein lokales Bier - Tusker - und dann ab in die Falle: Morgen erster Arbeitstag, darauf bin ich gespannt!
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saritaaux · 4 years
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Die Deutschen: Das steht mir zu!
Ich habe viel über andere Kulturen geschrieben, nun mal ein deutscher Blick auf meine eigene Kultur. Worum sich hier vieles dreht ist der Wunsch nach Sicherheit und daraus resultierendes Anspruchsdenken. Daraus erwachsen viele gute und schöne Dinge aber eben auch einige, die ich einfach echt nicht abkann.
Ob aufgrund der geographischen Lage, damit zusammenhängendem Wetter und notwendiger Planung als Überlebensstrategie oder historischen Ereignissen - die deutschen sind risikoavers. Bitte keine unerwarteten Vorkommnisse, kein aus der Reihe tanzen und bitte: ganz viel Komfortzone. Das ist es worauf alles nachfolgende aufbaut: Effizienz, Ansprüche, Vergleich, Distanzlosigkeit, gleichzeitig private Distanz bis hin zu Kälte und Materialismus.
Effizienz
Ja ganz ehrlich, es läuft doch. Alles hat seinen gewohnten Gang, denn wenn man sich einmal ordentlich Gedanken macht spart man sich viel Zeit, Ärger, Nerven, die man für anderes nutzen kann. Man kann sich ziemlich darauf verlassen, was abgemacht wird, zeitlich sowie materiell. Verglichen mit anderen Ländern schaffen die Deutschen einfach ziemlich viel in geringer Zeit und dabei qualitativ hochwertig. Was hier als Wartezeit klassifiziert wird ist woanders nicht erwähnenswert. Diese Effizienzfokussierung hat den Vorteil, dass Ordnung herrscht, regelgebundene Verlässlichkeit, die Straßen sind sauber, die Menschen sind in aller Regel pünktlich und tun das was sie sollen - aber auch nur das.
Deswegen funktioniert gerade in Bayern - wo die Entwicklung immer etwas hinterher ist eine monotheistische Religion und gleichzeitig wird wieder und wieder mittel- bis dunkelbraun gewählt: Gib ihnen Gebote hinter die man einen Haken machen kann, wenn man sie erfüllt und sich selbst ein gedankliches Zertifikat “Musterkatholik” ausstellen kann. Steht schließlich in keiner Bibel der Welt, dass man nicht CSU oder AfD wählen soll. Persilschein für den Himmel gesichert. Diese Regelverliebtheit zieht sich weiter in Aussagen wie:“Juristisch hat man sich nichts vorzuwerfen, alles demokratisch.“ Nein, natürlich nicht, aber du hast halt auch ne persönliche Verantwortung. Und wenn du die nicht wahrnimmst ist mir persönlich vollkommen egal ob das juristisch lupenrein ist oder nicht: jeder Mensch weiß was gut und schlecht ist und verhältst du dich wie n Depp bist du halt n Depp. Punkt.
Klar, ich liebe es wenn alles Hand in Hand geht, wenn Technik den Menschen unterstützt und unnötige Duplikationen abgeschafft werden. Das schafft einem Zeit für die schönen Dinge des Lebens. People watching zum Beispiel. Oder Tanzen. Oder Zeichnen. Oder oder oder,... aber: Abläufe benötigen natürlich Regeln und die Befolgung selbiger. Der generelle Wunsch Abläufe so reibungslos zu gestalten ist solange cool bis es in eine ungesunde Verbissenheit ausartet. Ich, früher selbst ein Meister in Effizienzologie, möchte mittlerweile manchmal einfach nur laut rufen:“Lass doch mal 5 grade sein, chill, go with the flow, is halt jetzt so und auch ok...“ ich mein zum Schluss: wenn ich das Tanzen und Zeichnen und People Watching perfektioniert und damit weil zum Überleben unnötig abgeschafft habe - was macht man denn mit der Zeit die man sich spart? Sich langweilen?
Hierzu ein Auszug aus der unendlichen Weisheit des kleinen Prinzen:“»Guten Tag«, sagte der kleine Prinz. »Guten Tag«, sagte der Händler. Er handelte mit hochwirksamen Pillen, die den Durst stillen. Man schluckt sie einmal in der Woche und verspürt kein Bedürfnis mehr, zu trinken. »Warum verkaufst du das?«, sagte der kleine Prinz. »Das spart viel Zeit«, sagte der Händler. »Die Experten haben Berechnungen gemacht. Man spart dreiundfünfzig Minuten pro Woche.« »Und was macht man mit diesen dreiundfünfzig Minuten?« »Man macht damit, was man will ...« »Wenn ich dreiundfünfzig Minuten übrig hätte«, sagte der kleine Prinz, »würde ich ganz gemütlich zu einem Brunnen laufen ...«“
Anspruch
Wenn ich selbst meinen Teil richtig mache, mich auf Regeln verlasse und mein Weiterkommen dadurch ja auch vom anderen abhängig mache, dann hat das natürlich zur Folge, dass ich Erwartungen habe. Und diese Erwartungen über Ansprüche formuliere. Nie hab ich woanders irgendwo den Satz:“Das ist mein gutes Recht!“ gehört. Woanders sind Prozesse auch verzahnt, nur erwarten die Menschen nicht so furchtbar viel von allen um sie rum. Wenn halt was nicht funktioniert ist das halt so, wird der andere schon seinen Teil gemacht haben und selbst wenn nicht. Mei. Isser halt n Depp, mach ichs selber. Irgendwie komm ich schon ans Ziel. Kein Hauch von „Das steht mir zu.“ Keine Prise von: „Ich will das aus Prinzip!“
Dieser Anspruch hat auch ganz seltsame Auswüchse. Wir haben eines der besten Sozial- und Gesundheitssysteme der Welt, trotzdem wird sich ständig beschwert. Ich hab ziemlich alte Männer und Frauen lachend auf dem Feld stehen sehen, schwer arbeiten sehen, Rente ist kein in Stein gemeißeltes Recht. „Aber ich hab doch einbezahlt!“ Schreit es aus den Deutschen da doch sofort. Ja, life is a bitch. Is halt so, das Leben ist nicht fair.
Distanzlosigkeit
Beschwerden scheinen auch des Deutschen liebste Aktivität: hört man beim people watching auf der Straße mal kurz zu geht es überall um das schlechte Wetter, die schlechten Straßen, Baustellen, was weiß ich was nicht alles falsch läuft. Das kann auch ganz schön übergriffig werden: zB wenn ich entscheide halt einfach mal NICHT nach den Regeln zu tanzen, vollen Bewusstseins rechts abzubiegen wo ich nicht darf und mir eine Trulla ins Auto brüllt: „Man darf da nicht abbiegen!!!!!!“ ignoriert man das wird derselbe Satz in immer höheren und lauteren Tonlagen von sich gegeben. Hier geht’s nicht nur um ne rote Fußgängerampel, die überquert massiv böse Blicke erntet. Nein, das ist Terror. Die Welt ist kurz vorm untergehen. Als ob mich das interessiert. Ich bin natürlich rechts abgebogen.
Oder die Dame, die mich im alten Stadtbad beim Warten und Karotte essen anspricht:
„Essen Sie da eine Karotte?“
„Öhm ja“
„Das ist ziemlich ungesund!“
Ich kann mich kaum halten und halte das für einen Scherz
„Ja, Sie lachen vielleicht, aber das ist das Gemüse mit dem höchsten Zuckeranteil.... Blablabla Gesundheitsgedöns... Blabla“
Ernsthaft? Mind your own business - kümmer dich um dein Zeug und lass mich einfach.
Fokus liebe Leute Fokus, Perspektive ist das einzige was zählt und die kann ich auf Positives oder Negatives lenken.
Vergleich
Dieses Abspruchsdenken kommt vor allem zum Vorschein wenn es jemand anderen gibt, der etwas hat was man selber nicht hat. Der soziale Vergleich ist des Deutschen bester Freund: aus Prinzip will man dann dies oder jenes und zwar mindestens, der andere hat das schließlich auch. Selbst wenn ich das vielleicht gar nicht so dringend brauche oder eigentlich überhaupt nicht brauche. Haus, Garten, Kinder, Autos, einfach alles wird verglichen - ist das des anderen besser? Brauch ich das auch?
Und so wächst Wunsch um Wunsch und damit entfernt man sich immer weiter vom Hier und Jetzt. Denn jeder Wunsch den man sich erfüllt, der ist dann halt auch vorbei.
Private Distanz bis hin zu Kälte
Keine Frage: auch ich liebe meine Privatsphäre, Alleinsein, zu mir kommen. Ich hab recht klare Grenzen, wer in die Kategorien Bekannter, Freund usw fällt. Aber ich hab auch sehr den Gemeinschaftsgedanken in vielen Kulturen genossen. Einfach mal kurz Momente zulassen und spontan eine witzige Situation vielleicht sogar Nähe zulassen. Die Deutschen sind einfach recht wenig empathisch wenn es über ihren engsten Kreis hinausgeht. Irgendwie scheint man Angst davor zu haben, dass der andere dann zu viel hineininterpretiert. Viele spontan schöne Momente werden dadurch vermieden. Für viele Ausländer ist das eine kalte Attitüde und auch wieder paradox: so wird sich einerseits überall oberflächlich eingemischt, andererseits aber dann kein freundliches Wort bzw Interesse über die gängige Höflichkeit hinaus übrig gelassen. Man kann durchaus den Moment intensiv leben ohne danach für immer für den anderen verantwortlich oder da oder auch überhaupt befreundet sein zu müssen.
Materialismus
Der Sicherheitsgedanke führt auch dazu, dass Unmengen an Dingen gehortet werden. Das fängt im Kleinen mit Schuhen und mehreren Garderoben an und hört bei Häusern und Autos auf. Als ob das sich festhalten an solchen Sachen Zufriedenheit bringen könnte. Das hat nicht nur Besitztümer materieller Art, sondern auch ideeler Art zur Folge. Diploma, Zertifikate oder Titel haben natürlich eine Signalfunktion aber sollen natürlich auch Sicherheit bringen „man hat was in der Tasche“.
Und nun zum Schluss noch was ich an den Deutschen mag: ich kenn mich da einfach aus. Irgendwie suchen sie ja doch den Kontakt, fast ein bisschen schrullig, sie sind zuverlässig und setzen auf Langfristigkeit auch wenn ihnen das den Spaß an der Gegenwart nimmt. Sie kümmern sich auf ihre Weise und Effizienz ist Selbstzweck, keiner wird hier einfach warten gelassen. Es gibt Grenzen im Privaten und sind doch regelbasiert solidarisch. Sie sparen Dinge auf und es ist überall sauber. Ich liebe Brezen und den fantastischen Käse, die Kuchen und das Körnerbrot. Die nicht ganz so wohlklingende Sprache erlaubt so viel schöne Präzision. Und manchmal haben wir sogar eine schöne Prise Humor, trocken versteht sich und gern auch mal schwarz.
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