Tumgik
miss-moomin-blog · 7 years
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Das Tote Eltern Syndrom
Jeder Mensch, der sich in der Welt des Rollenspiels bewegt, kennt diese Phänomen, es gibt sie überall, Charaktere, deren Eltern auf eine grausame Art und Weise, meistens in früher Kindheit aus dem Leben gerissen wurden. Dazu haben diese Gestalten meistens auch noch eine sehr düstere Hintergrundgeschichte, welche man in manchen Kreisen auch edgy nennen würde. Aber woher kommt die Anwandlung die wichtigsten beiden Menschen im Leben des geliebten Charakters, einfach so von ihm oder ihr zu reißen? Genau das möchte ich herausfinden und auch auf die Möglichkeiten eingehen, dies zu umgehen, oder realistischer zu gestalten.
Aber die wichtigste Frage, ist wohl erstmal die nach dem WIESO?
Die Gründe mögen für jemanden, der schon mehr als einem Charakter Leben eingehaucht hat, gewiss auf der Hand liegen. Es schafft einen Verlustaspekt in der Vergangenheit eines Charakters, auf den man interessante oder wichtige Charakterzüge aufbauen kann. In vielen Geschichten, stellt der Tod eines oder beider Elternteile einen krassen Wendepunkt dar. Dazu gibt er dem Charakter etwas düsteres, denn viele Menschen wissen zu gut, dass ein solches Ereignis schwere Spuren hinterlassen kann.
Ich kann zwar nur Mutmaßen, aber ich würde behaupten, dass die Tatsache, dass viele Helden und Heldinnen in bekannten und beliebten Fandoms, das gleiche Schicksal teilen, eine große Rolle spielt. Angefangen bei rund 90% der Superhelden aus den allseits beliebten Comicuniversen Marvel & DC bis hin zu Harry Potter, haben die meisten von ihnen ihre Eltern auf grausame Art und Weise verloren und daraus Stärke gewonnen. In Rollenspielen, hat man nun mal die Möglichkeit seine eigenen Heldenträume ein Stück weit zu verwirklichen und die Tatsache, dass so viele Persönlichkeiten aus Film und Fernsehen elternlos sind, suggeriert vielen, dass ein Leben als Waise, das Leben eines angehenden Helden bedeutet.
Ein weiterer Grund, den man in vielen Charaktergeschichten erkennen kann, ist nicht ganz so nobel. Viele Menschen wählen diesen Weg zum Beispiel aber auch nur, weil es ihnen an Kreativität mangelt und sie sich nicht auch noch Informationen über die Eltern aus den Fingern saugen wollen.
Ich für meinen Teil kenne das selbst, dass ich vor einen halb ausgefüllten Charakterbogen sitze und mich frage „Will ich mir da jetzt echt AUCH noch Gedanken drüber machen?“ Die Antwort, die mein innerer Schnweinehund dann erhält ist für gewöhnlich „JA willst du!“ aber trotzdem erscheint es mir manchmal verlockend.
Dabei bringt es mehr Vorteile, die Eltern tatsächlich am Leben zu lassen, anstatt sie in der Vorgeschichte grausam zu ermorden. Zum einen gibt es einem Charakter, in meinen Augen, mehr Tiefe, wenn die Beziehung zu den Eltern im Laufe des Rollenspiels zum Vorschein kommt. Es gibt nichts faszinierenderes, als einen Charakter dahingehend zu analysieren, wie die Eltern auf ihn Einfluss genommen haben und es ist immer eine erfrischende Abwechslung, wenn sich da tatsächlich jemand Gedanken drüber gemacht hat.
Zum anderen hat man sich dann nicht mit den Vorurteilen zu plagen, welche die verstorbenen Eltern mit sich bringen. Man kann sagen was man will, aber Rollenspieler hegen gerne Vorurteile. Und eines der Gravierenderen ist, dass ein Charakter ohne Eltern meistens weniger durchdacht ist, als einer der nicht in früher Kindheit Waise wurde. Damit will ich nicht sagen, dass alle Charaktere gleich schlecht sind, nur weil die Eltern gestorben sind, aber es benötigt in der Situation einfach mehr Arbeit um die anderen davon zu überzeugen, dass es sich dennoch um einen wohl durchdachten, vielschichtigen Charakter handelt, und nicht Edgy McEdgelord, gekommen um deinen Tag zu versauen.
Außerdem, und hier werden wohl alle Larper, die das hier lesen lachen müssen, wird die Rollenspielwelt euch dankbar sein, wenn sie sich nicht zum 234. Mal anhören dürfen, wie Dorf XY von Orks/Untoten/Chaos überrannt wurde und dein Charakter als einziger überlebt hat um jetzt auf Rache zu sinnen.
Aber es wäre nicht fair, jetzt eine ganze Wordseite zu meckern, dann aber keine Lösungsvorschläge anzubringen. Ich kann sehr gut verstehen, warum tote Eltern ihren Reiz haben, für die Vorgeschichte eines Charakters, fernab von der Faulheit sich etwas zu ihnen zu überlegen. Zum Beispiel das Konzept der Rache. Es gibt viele Charaktere, gerade im Larp, die einen Hass auf gewisse Fraktionen oder Rassen haben und für die dieser Hass auch eine wichtige Rolle im Spiel mit diesem Charakter innehat. Oder Charakterzüge, welche für den Charakter im Endstadium, wichtig sind, so wie man ihn oder sie spielen möchte. Aber trotzdem, sollte man sich aus der Liebe zu seinem eigenen Konzept, zu den anderen Spielern und im Fall der RP Server zu den Supportern, die sich dreißig Bewerbungen am Stück mit toten Eltern durchlesen müssen, überlegen, ob man nicht einen kreativeren Ansatz finden möchte. Es gibt viele Möglichkeiten, das Ziel zu erreichen und viele davon sind weniger Invasiv, als ein grausamer Mord oder schrecklicher Unfall mit Todesfolge.
Guter Zwischenweg, wäre zum Beispiel dass das Elternteil nicht stirbt, sondern für den Rest des Lebens gezeichnet ist, wenn man jetzt von einem Mordversuch oder Unfall ausgeht. Es gibt dem Charakter gleich ein anderes Gefühl wenn die Mutter zum Beispiel lange im Koma lag oder liegt und jetzt mit dem Folgen zu kämpfen hat, anstatt unter der Erde zu liegen.
Was auch eine Möglichkeit darstellt, ist der Tod durch natürliche Ursachen, wie Krankheiten zum Beispiel. Da hat man immer genug Spielraum, da sie sowohl in einer Fantasywelt, als auch in Welten, welche sich nahe an der Realität bewegen, eine Möglichkeit sind, mit der man zu rechnen hat.
Die simpelste Methode, für jene, die keine Lust auf eine stark ausgearbeitete Geschichte über die Beziehung zu ihren Eltern haben, wäre die, sich zumindest die Namen und Tätigkeiten zu überlegen und dann einen Grund, warum der Kontakt zu ihnen abgebrochen wurde, bzw sie keine große Rolle im Leben des Charakters spielen.
Das hier soll jetzt übrigens keine Hassrede sein, gegen alle Charaktere, die keine Eltern mehr haben. Es gibt tatsächlich mehr als genug Settings, in denen es durchaus vertretbar ist, früh Waise geworden zu sein, gerade wenn man von postapokalyptischen Welten ausgeht, wo die Lebenserwartung eh nicht hoch ist, oder der Charakter aus einem Kriegsgebiet stammt, oder vielleicht sogar selbst so alt ist, dass es rein biologisch unwahrscheinlich wäre, dass die Eltern noch leben.
Eine Hassrede ist das hier ohnehin nicht, man sollte es mehr als Appell betrachten an alle, die gerne Rollenspiele spielen oder damit anfangen möchten, mehr Gedanken in ihren Charakter zu stecken. Ich verstehe sehr gut, dass so etwas oftmals überwältigend sein kann, aber solltet ihr Fragen zu diesem Thema haben, könnt ihr sie entweder gerne hier an mich senden oder auf den jeweiligen Plattformen stellen, auf denen ihr spielen möchtet.
Für weniger Waisen in der Rollenspielwelt!
Einen schönen Tag,
Miss Moomin
PS: Dieser Blog ist neu und ich würde mich sehr über eure Untersützung freuen! Stellt mir Fragen, oder schlagt Themen vor, über die ich schreiben soll. Außerdem könnt ihr gerne euren Freunden von mir erzählen ♥
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