Tumgik
anthroposophie · 4 years
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116) Über assoziatives Denken
1) Was ist assoziatives Denken?
Wer sich mit der Welt befasst, der nimmt diese nicht nur wahr, sondern denkt auch darüber nach. Er kann einzelne Gegenstände der Welt herausgreifen und diese denkend erkennen. Er kann aber auch diese einzelnen Gegenstände denkend miteinander verknüpfen. Beispielsweise kann jemand sehen, wie das Auftreten eines Gegenstandes das Auftreten eines anderen Gegenstandes nach sich zieht. Mit dem Denken kann erkannt werden, dass diese beiden Gegenstände miteinander verbunden sind. 
Wer aber über die Welt nachdenkt, der kann auch verschiedene Dinge miteinander in Verbindung bringen, welche eigentlich gar nicht zusammenhängen. Das heisst, er kann verschiedene Dinge willkürlich miteinander assoziieren. Dieses assoziative Denken ist von der einzelnen denkenden Person geprägt. Die Assoziationen gelten nur für diese einzelne Person. Eine Einzelperson kann zwar ihre Assoziationen anderen Personen mitteilen und die anderen Personen können die Assoziationen auch nachvollziehen, aber sie wären kaum von selber auf diese Assoziationen gekommen. Wenn also zum Beispiel jemand einmal unter einem Baum Schutz vor dem Regen gefunden hat, so wird er immer ein Gefühl der Sicherheit und der Zufriedenheit haben, wenn er diesen Baum sieht. Jemand anderes aber sieht in diesem Baum nur einen gewöhnlichen Baum.
2) Probleme des assoziativen Denkens
Das assoziative Denken ist ein Denken, welches die neutrale Wahrnehmung der Wirklichkeit erschwert. Wer assoziativ denkt, der sieht in vielen Gegenständen nicht die Gegenstände selber, sondern assoziiert die eigenen Erlebnisse mit diesen Gegenständen. Die Zeit, welche er mit diesem assoziativen Denken verbringt, würde jemand anderes vielleicht damit verbringen, über objektive Zusammenhänge zwischen den Gegenständen nachzudenken, welche wirklich existieren und von allen Menschen gleich erkannt werden können. Wer assoziativ denkt, der ist mit seinen eigenen Erlebnissen beschäftigt, sodass er nicht mehr über sein Eigenleben hinausblicken kann. Das assoziative Denken bringt nur dem Denkenden etwas. Indessen kann ein objektiver Denker durch seine Überlegungen auch für andere Menschen etwas bewirken.
Trotzdem ist das assoziative Denken sehr beliebt. Die Menschen sollen sogar dazu gebracht werden, assoziativ zu denken. Dies jedenfalls will beispielsweise die Werbung bewirken. Mit verschiedenen Produkten sollen die Menschen bestimmte Gefühle verbinden. Es werden attraktive Menschen gezeigt, welche bestimmte Gegenstände konsumieren, sodass auch andere Menschen zum Konsum dieser Gegenstände gebracht werden. 
Ein anderes Beispiel dafür, dass die Menschen oft assoziativ denken, ist die Verwendung bestimmter Worte, mit welchen etwas assoziiert wird. Wenn vielleicht vor hundert Jahren ein Schüler mit schwachen Leistungen als „Dummkopf“ bezeichnet wurde, wird heute eine solche Person vielleicht als „langsamer Lerner“ bezeichnet oder wie auch immer. So werden bestimmte Worte immer wieder ausgetauscht, weil sie mehr und mehr mit bestimmten Gefühlen assoziiert werden. Damit wird das eigentliche Problem aber nicht gelöst, nämlich dass oft assoziativ gedacht wird. 
Es ist fraglich, wie mit dem assoziativen Denken umgegangen werden soll. Möglicherweise kann es gar nicht vermieden werden, dass die Menschen assoziativ denken. Vielleicht ist es sogar von Vorteil, dass zum Beispiel gelb-schwarz gestreifte Insekten mit Gefahr assoziiert werden. Aber es gibt auch viele Fälle, wo assoziatives Denken nichts bringt und deshalb eher vermieden werden sollte.
3) Assoziatives Denken unter Esoterikern
Wer sich mit esoterischen Werken beschäftigt, der wird vielleicht bemerken, dass assoziatives Denken hier besonders verbreitet ist. Man muss dazu nur die Buchtitel der erhältlichen Werke betrachten. Es werden hier oft Worte verwendet, welche von der Kundschaft mit positiven Gefühlen in Verbindung gebracht werden. Ich habe zum Beispiel unlängst ein Buch mit dem Titel Buch der Freude gelesen, an welchem unter anderen der Dalai Lama beteiligt war. Das Wort „Freude“ weckt positive Gefühle und zieht somit Kunden an. Man könnte die verschiedensten Titel erfinden, welche vielleicht Kunden anziehen würden. Wie wäre es etwa mit einem Buch mit dem Titel Glück Macht Zufrieden oder vielleicht Optimistisch Sein Ist Gut oder sogar Optimistisch Sein Ist Am Besten? Solche Titel könnte man vermutlich gut verkaufen, auch wenn es sich dabei um willkürliche Wortkombinationen handelt.
Ein interessantes Beispiel ist auch das sehr erfolgreiche Werk The Secret – Das Geheimnis von Rhonda Byrne. Mit diesem Titel werden insbesondere neugierige Leser angezogen, welche glauben, hier etwas Neues zu erfahren, was sie vorher nicht wussten. Das Wort „Geheimnis“ verspricht ein neues Wissen und es scheint so, als würden viele Menschen mehr wissen wollen. So jedenfalls kann der Erfolg dieses Werks erklärt werden. Die Nachricht dieses Buches ist letztendlich eher simpel: Man soll positiv denken!
Auch unter Anthroposophen wird viel assoziiert. Wenn man zwar die Titel der Werke Rudolf Steiners betrachtet, so werden hier wenige Kunden geködert durch Worte, die positive Assoziationen mit sich bringen. Ich halte auch Steiners Schreibstil für eher trocken. Aber es gibt doch die Philosophie der Freiheit, bei der die „Freiheit“ im Titel mit positiven Gefühlen in Verbindung gebracht werden kann. Auch gibt es Werke Steiners, die zusätzliches Wissen versprechen. So gibt es das Werk Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten, welches im Kunden die Idee weckt, es gebe solche Erkenntnisse der höheren Welten, was wohl einige Käufer anzieht, die dann mehr darüber erfahren wollen. Auch gibt es die Werke Vom Menschenrätsel, Von Seelenrätseln und die Geheimwissenschaft im Umriss. Hier wird der Kundschaft nahegelegt, dass man etwas Neues erfahren kann, was vorher ein Rätsel war oder gar ein Geheimnis. Aber im Vergleich zu anderen esoterischen Werken kann man mit den Titeln von Steiners Werken nicht allzu viel assoziieren. 
Trotzdem ist unter Anthroposophen das assoziative Denken verbreitet. Zum einen ist mir schon aufgefallen, wie bestimmte Zahlen eine wichtige Bedeutung haben. Insbesondere die Zahlen Drei und Sieben scheinen für Anthroposophen wichtig zu sein. So sind der menschliche wie auch der soziale Organismus dreigegliedert. Weiter hat der Mensch gemäss Steiner bis zu sieben verschiedene Leiber, welche im Verlauf seines Lebens ausgebildet werden können. Auch läuft die Entwicklung der Erde in sieben aufeinander folgenden Phasen ab. Eine daraus folgende Zahlenbedeutung mag in gewissen Fällen tatsächlich vorhanden sein. Man kann die Sache aber auch übertreiben und bestimmte Zahlen und Nummern mit Dingen assoziieren, bei welchen nur zufälligerweise bestimmte Zahlen auftauchen. Etwa bei den Werken Peter Selgs wird sichtbar, dass er verschiedene Zeitspannen hervorhebt und nahelegt, dass Ereignisse in solchen vordefinierten Zeitspannen oder auch Rhythmen ablaufen.
Ebenfalls auffällig ist, dass unter Anthroposophen hin und wieder von „Ahriman“ die Rede ist und mit diesem „Ahriman“ verschiedene Phänomene in Verbindung gebracht werden. Es ist mir leider nicht vollständig klar, was oder wen Rudolf Steiner genau meint, wenn er von „Ahriman“ redet. Ich verstehe unter Ahriman ein Wesen, das einseitiges Denken hervorruft. Es handelt sich dabei um ein Denken, welches streng in Ursache und Wirkung abläuft und keine Freiheiten zulässt. Ein solches Denken hat wohl dazu beigetragen, dass in der Geschichte der Menschheit verschiedene Entdeckungen und Erfindungen möglich wurden. Wenn man nun aber mit jeglichen Erfindungen und Entdeckungen Ahriman assoziiert und sie deshalb ablehnt, so ist das meiner Meinung nach falsch. Man kann als Beispiel das Fernsehen nehmen. Sicher bringt das Fernsehen verschiedene Probleme mit sich. Aber der Grund für die Erfindung des Fernsehens ist meiner Meinung nach nicht Ahriman. Wohl hat Ahriman, so wie ich die Sache verstehe, die Technologie des Fernsehens ermöglicht, aber der Grund für die Erfindung war zunächst, dass die Menschen darüber informiert werden wollten, was in der Welt vor sich geht, oder weil sie unterhalten werden wollten. Das Fernsehen kann zum Schlechten genutzt werden, aber es deshalb grundsätzlich abzulehnen, scheint mir übertrieben zu sein. Wer also das Fernsehen mit Ahriman in Verbindung bringt, für den wäre es vielleicht sinnvoll zu überprüfen, um was für eine Verbindung es sich hier genau handelt. Es könnte sein, dass hier willkürlich Ahriman mit dem Fernsehen assoziiert wird. Auch ist es fraglich, warum gerade das Fernsehen unter Anthroposophen teilweise abgelehnt wird, ist es doch nur eine Erfindung unter vielen. Wenn man nämlich alle Errungenschaften des ahrimanischen Denkens ablehnen wollte, müsste man vermutlich auch Erfindungen wie den Buchdruck oder sogar das Rad ablehnen. Das Fernsehen mag eine Erfindung sein, welche eher negative Wirkungen mit sich bringt als andere Erfindungen, da es etwa zu Passivität führen kann und vermutlich auch schlecht für die Konzentration ist. Überhaupt kann man sich wichtige Informationen und Unterhaltung auch ohne das Fernsehen beschaffen, sodass das Fernsehen oftmals hinfällig ist. Es scheint mir aber möglich zu sein, mit dem Fernsehen verantwortungsvoll umzugehen und auch von dieser Erfindung zu profitieren.
4) Schluss
Es handelt sich hierbei um einige Überlegungen zum assoziativen Denken. Mir ging es vor allem darum, das alltägliche Denken kritisch zu hinterfragen. Ob jemand schlussendlich assoziativ denkt oder nicht, das sei dieser Person selber überlassen.
von GTM, gepostet am 22. Juni 2020
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anthroposophie · 4 years
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115) Lektüreempfehlung: Olaf L. Müller: „Mehr Licht – Goethe mit Newton im Streit um die Farben“
1) Einleitung
In seinem Werk Mehr Licht aus dem Jahr 2015 diskutiert Olaf L. Müller die Farbenlehre Johann Wolfgang Goethes. Müller ist seit 2003 Professor für Naturphilosophie und Wissenschaftstheorie an der Humboldt-Universität Berlin. Er ist kein Anthroposoph, aber seine Ausführungen zu Goethes Farbenlehre dürften auch für Anthroposophen interessant sein. Müller erwähnt in seinem Vorwort Rudolf Steiner, vermerkt aber, dass er im Gegensatz zu Steiner rational argumentieren wolle. Auch hat sich Steiner gemäss Müller nicht erhellend zu Fragestellungen geäussert, mit welchen sich Müller beschäftigt. Deshalb bezieht sich Müller in seinem Werk nirgends auf Steiner. Müller berichtet zudem, wie er im Jahr 2001 seine Forschungen präsentierte und dabei Steiner erwähnte. Später bekam Müller laut eigener Aussage zu hören, dass Steiner unter Akademikern nicht einmal erwähnt werden dürfe (vgl. S. 14). In seinem Werk verteidigt Müller die goethesche Farbenlehre gegen Isaac Newton und geht dabei auch auf die Geschichte und Rezeption der Farbenlehre sein, was meiner Meinung nach sehr aufschlussreich ist. Das 544-seitige Buch mit zusätzlichen Abbildungen in der Mitte ist zu einem angemessenen Preis von 37.50 CHF erhältlich. Es ist für die Lektüre auch empfehlenswert, sich ein Prisma anzuschaffen, falls man noch keines hat. Das Buch enthält nämlich Vorlagen, anhand derer man selber experimentieren kann.
2) Zwei zentrale Punkte Müllers
Müller diskutiert in seinem Werk ausgiebig die zahlreichen Experimente Johann Wolfang Goethes. Dabei hat Goethe gemäss Müller unter anderem zwei interessante Ergebnisse erzielt. Diese Ergebnisse werden von Müller als „Goethes Theorem“ und „Goethes Desiderat“ bezeichnet. Goethes Theorem besagt, dass man für jedes Experiment Isaac Newtons ein Gegenexperiment durchführen kann und somit im Reich der optischen Experimente eine perfekte Symmetrie zwischen Hell und Dunkel herrscht (vgl. S. 31). Ein zentrales Beispiel: Bei Newton ist vor allem sein berühmtes Experiment wichtig, bei welchem ein Lichtstrahl in einem ansonsten abgedunkelten Raum durch ein Prisma fällt und verschiedene Farben aus diesem Lichtstrahl entstehen. Indessen hat Goethe dieses Experiment umgekehrt, indem er in einem hellen Raum einen einzelnen Schatten durch ein Prisma fallen liess. Es entstand ein völlig anderes Farbspektrum (vgl. Farbtafeln 08 und 09). Auch wichtig ist für Müller eine Forderung Goethes, die er als „Goethes Desiderat“ bezeichnet. Goethe hat gemäss Müller aufgrund der optischen Experimente eine Erklärung gesucht, „in der sowohl Helligkeit als auch Dunkelheit vorkommen sollten, und zwar gleichberechtigt“ (vgl. S. 41). Im Gegensatz zu Newton, der sein wichtigstes Experiment in einem abgedunkelten Raum durchgeführt hat, verlangte Goethe gemäss Müller also nach mehr Helligkeit, sodass sich Hell und Dunkel die Waage halten.
3) Einiges zur Geschichte der Farbenlehre
Noch interessanter als die von Müller beschriebenen Experimente sind meiner Meinung nach seine Ausführungen zur Wissenschaftsgeschichte. Einige Leser werden wohl schon davon gehört haben, dass Goethes Farbenlehre unter Physikern keinen guten Ruf hat und von Seiten der heutigen Naturwissenschafter kaum beachtet wird. Müller führt in seinem Werk nun Gründe dafür auf, warum das so ist. Ich greife zwei Punkte heraus. Zum einen meint Müller, es sei Goethes eigene Schuld, denn dieser habe fälschlicherweise behauptet, dass keine Physiker ihm geholfen hätten (vgl. S. 234). Der noch interessantere Punkt Müllers ist meiner Meinung nach aber, dass Goethe an seiner Farbenlehre arbeitete, als Napoleon Bonaparte auf seinem Feldzug in Europa war. Dieser Feldzug Napoleons führte dazu, dass der Physiker Johann Wilhelm Ritter wenig für eine positive Rezeption der Farbenlehre tun konnte. Ritter war eigentlich ein Befürworter von Goethes Bemühungen und noch dazu ein Wissenschafter von einigem Gewicht, war er doch ein Spezialist der Elektrolyse, der Erfinder des Akkus und der Begründer der Elektrochemie. Auch konnte Ritter die Existenz des UV-Lichts nachweisen. Diese letztere Entdeckung ist Ritter gemäss Müller möglicherweise deshalb gelungen, weil er nach optischen Symmetrien suchte, wie sie von Goethe aufgezeigt worden waren. Das infrarote Licht war damals nämlich schon bekannt und Ritter suchte nun auf der anderen Seite des Farbspektrums nach einer Entsprechung. Ritter starb aber noch kurz vor der Veröffentlichung der Farbenlehre wegen dem Chaos in Europa und konnte Goethe also in dessen Sache nicht mehr unterstützen (vgl. S. 234–245).
3) Schluss
Das besprochene Buch enthält einige interessante Überlegungen. Ich wurde bei der Lektüre aber vor allem daran erinnert, wieder einmal Goethes Farbenlehre zur Hand zu nehmen, die ich bislang lediglich überflogen habe. Die Farbenlehre ist meiner Meinung nach das aufschlussreichere Dokument für jemanden, der sich mit der Diskussion zwischen Goethe und Newton und Goethes Naturwissenschaft befassen will. Wer sich aber für die genauen Experimente Goethes interessiert und nach Abbildungen von diesen Experimenten verlangt, der ist mit Müllers Werk Mehr Licht gut bedient.
Angaben zum empfohlenen Werk: Olaf L. Müller: Mehr Licht – Goethe mit Newton im Streit um die Farben. Frankfurt am Main. 2015.
von GTM, gepostet am 15. Juni 2020
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anthroposophie · 4 years
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114) Die rechte Lebensführung
Rudolf Steiner gibt in seinen Werken immer wieder Hinweise dazu, wie man sein Leben einrichten sollte. Bei diesen Hinweisen geht es zum einen darum, aufgrund von Kenntnissen der Welt eine sinnvolle Tätigkeit ausüben zu können, welche der Gesellschaft zuträglich ist. Die Hinweise Steiners können aber auch das Wohlergehen des Einzelnen fördern. Jeder Einzelne kann etwas für seine eigene Zufriedenheit und seinen Fortschritt tun.
Steiner weist beispielsweise in seinem Werk Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten? auf diese rechte Lebensführung hin. Steiner redet hier davon, wie man die sechzehnblättrige Lotusblume ausbilden kann, ein hellseherisches Organ. Er gibt acht Ratschläge dazu, wie diese Lotusblume vervollkommnet werden kann. Der fünfte Ratschlag betrifft die „Einrichtung des ganzen Lebens“. Steiner bemerkt hier, dass man versuchen muss, der Natur und dem Geist entsprechend zu leben. Man soll weder hastig noch träge sein, weder übergeschäftig noch lässig. Das Leben muss laut Steiner als Mittel der Arbeit angesehen und entsprechend geführt werden. Gesundheitspflege und Gewohnheiten sollen einem harmonischen Leben dienlich sein (vgl. GA 10: S. 121).
Dieser Hinweis Rudolf Steiners bezieht sich auf die rechte Lebensführung, welche schon der Buddha im Edlen Achtgliedrigen Pfad erwähnt und welche noch für heutige Buddhisten zentral ist. So fordert Thich Nhat Hanh, der neben dem Dalai Lama wohl der bekannteste zeitgenössische Buddhist ist, von den Anhängern seines Ordens, dass diese mit ihrem Lebenserwerb dem Menschen und der Natur nicht schaden. Es sollen von diesen Anhängern keine Unternehmen unterstützt werden, welche Raubbau betreiben, die Erde schädigen und anderen Wesen ihre Lebensgrundlage berauben (vgl. Chadelat/Baudouin 2019: S. 270).
Hinweise auf eine solche rechte Lebensführung gibt Steiner auch in seinem Vortragszyklus Vor dem Tore der Theosophie, welchen ich für einen der interessantesten Zyklen halte (insbesondere die beiden letzten Vorträge finde ich sehr spannend). Im dreizehnten Vortrag dieses Zyklus geht Steiner auf den orientalischen Schulungsweg ein, durch welchen gemäss Steiner übersinnliche Erkenntnisse erlangt werden können. Dieser Schulungsweg geht vor sich in acht Schritten. Schon der erste dieser acht Schritte umfasst Forderungen, welche nur mit Mühe zu erfüllen sind. Und zwar darf laut Steiner jemand, der diesen Weg beschreitet, weder lügen noch töten noch stehlen noch ausschweifen noch begehren. Was das genau bedeutet, führt Steiner genauer aus. Zum Beispiel sagt er über das Verbot des Stehlens, dass nicht nur der stiehlt, der in einem Laden ein Objekt entwendet, sondern auch derjenige, wer einen Arbeiter ausbeutet, indem er ihm nur einen geringen Lohn zahlt. Gemäss Steiner ist sogar derjenige ein Dieb, wer sein Geld auf einer Bank hat, welche mit diesem Geld durch Spekulationen andere Menschen ausbeutet (vgl. GA 95: S. 124).
Man sieht anhand dieser Ausführungen, wie wichtig es für Steiner ist, nicht nur im stillen Kämmerlein positive Gedanken zu hegen, sondern auch das Leben auf eine Weise zu führen, welche allen Erdbewohnern zuträglich ist. Wer das Ziel der „Gottseligkeit“ (vgl. GA 95: S. 144) erreichen will, der muss einige Ansprüche an sich selber stellen, die ihm zunächst vermutlich schwerfallen.
Literatur (Rudolf Steiner Gesamtausgabe) GA 10: Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?. Dornach. 1982. GA 95: Vor dem Tore der Theosophie. Dornach. 1990.
Literatur (sonstige) Céline Chadelat/Bernard Baudouin: Thich Nhat Hanh – Ein Leben in Achtsamkeit – Die Biografie. München. 2019.
von GTM, gepostet am 8. Juni 2020
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anthroposophie · 4 years
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113) Gegen Steiner vorgebrachte Kritikpunkte
1) Einleitung
Wie in diesem Blog schon oft thematisiert, gibt es einige Rudolf Steiner gegenüber kritisch eingestellte Personen. Man kann diese Kritiker meiner Meinung nach vor allem in zwei Gruppen unterteilen: Zum einen gibt es Kritiker, welche zu den heutigen akademischen Wissenschaftler gehören und Steiner mit Hilfe ihrer wissenschaftlichen Kenntnisse kritisieren. Solche Kritiker greifen einige Punkte bei Steiner heraus, kritisieren diese Punkte und kreieren anschliessend anhand dieser Kritikpunkte ein Bild von Rudolf Steiner, das meistens nicht sehr gut ausfällt. Zu diesen Kritikern zähle ich zum Beispiel Helmut Zander und Hartmut Traub. Es gibt zweitens auch Kritiker Steiners, welche sich gar nicht wirklich mit den Werken Steiners befassen, sondern lediglich darauf aus sind, Steiner in ein schlechtes Licht zu rücken. Sie haben ihre Kenntnisse vom Hörensagen oder von einer oberflächlichen Lektüre der Steinerschen Werke. Sie filtern diese sonst schon spärlichen Kenntnisse, sodass nur noch Aussagen über Steiner übrig bleiben, welche verwendet werden können, um diesen zu kritisieren. Zu diesen Kritikern zähle ich zum Beispiel die Brüder Guido und Michael Grandt. Wenn man nun die verschiedenen gegen Steiner vorgebrachten Kritikpunkte betrachtet, so gibt es unter anderem drei Punkte, welche bei Steiner kritisiert werden können: Seine Glaubwürdigkeit, die Kontinuität seines Lebenslaufs und die Originalität seiner Werke. Diese drei Punkte werde ich im Folgenden besprechen. Die Frage nach der Kontinuität von Steiners Lebenslauf habe ich schon in einem vorhergehenden Eintrag angeschnitten (vgl. Blogeintrag 37: „Zur Kontinuität von Rudolf Steiners Lebensweg“).
2) Steiners Glaubwürdigkeit
Viele Aussagen Rudolf Steiners können nicht überprüft werden, da sie von übersinnlichen Wahrnehmungen abhängen. Dies ermöglicht den Verdacht, dass Steiner einige Resultate seiner Forschungen erfunden hat. Gerade im Hinblick auf die heutige Wissenschaft, welche Forschungsergebnisse wünscht, die geprüft werden können, handelt es sich hierbei um ein Problem. Während sich einzelne Leser von Steiners Werken damit zufrieden geben können, dass einiges nicht überprüft werden kann, stellt diese Tatsache für die wissenschaftliche Gemeinschaft einen schweren Kritikpunkt dar. Ein Grund für Zweifel an Steiners Glaubwürdigkeit besteht auch darin, dass die akademische Wissenschaft von einer Gruppe von Menschen betrieben wird. Steiner war hingegen ein Einzelmensch. Es gibt meines Wissens kein Gremium von Hellsehern, welche wie die Akademiker ihre Resultate miteinander austauschen und vergleichen. Auch zu Steiners Zeiten gab es kein solches aus Hellsehern bestehendes Gremium. Entsprechend können Steiners Behauptungen angezweifelt werden, was seiner Glaubwürdigkeit schadet.
3) Die Kontinuität von Steiners Lebenslauf
Während seines Lebens setzte sich Steiner mit den verschiedensten Fragen seiner Zeit auseinander. Dies führte dazu, dass er sich hin und wieder von einem Thema ab- und einem anderen Thema zuwandte. Einige Kritiker Rudolf Steiners sehen darin einen Grund zur Annahme, dass Steiners Lebensweg von Brüchen geprägt war. Steiner blieb sich so gesehen nicht treu, sondern kehrte immer wieder den eigenen Auffassungen den Rücken zu. Ein Zitat, welches in diesem Zusammenhang gerne gebracht wird, befasst sich mit den Theosophen. Steiner schreibt über diese im Jahr 1897:
„[Die Theosophen] sehen mit Achselzucken auf die europäische Wissenschaft; lächeln über deren Verstandes- und Vernunftmäßigkeit und verehren die morgenländische Art des Wahrheitssuchens als die einzige. O, es ist köstlich, die überlegen sein wollende Miene zu beobachten, wenn man mit einem Theosophen in ein Gespräch kommt über den Wert abendländischer Erkenntnisse. […] Ich rate […] jedem, der mit einem Theosophen zusammenkommt, sich zunächst vollständig gläubig zu stellen und zu versuchen, etwas von den Offenbarungen zu hören, die ein solcher von morgenländischer Weisheit vollzogener Erleuchteter in «seinem Inneren» erlebt. Man hört nämlich nichts; nichts als Redensarten, die den morgenländischen Schriften entlehnt sind, ohne eine Spur von Inhalt. Die inneren Erlebnisse sind nichts als Heuchelei.“ (GA 32: S. 194–195)
Kurze Zeit später, im Jahr 1902, wurde Steiner Mitglied der Theosophischen Gesellschaft mit Hauptsitz in Adyar, Indien. Man könnte also denken, dass Steiner hier mit sich selber gebrochen hat. Dies meint auch Heiner Ullrich, welcher das eben wiedergegebene Zitat in seiner Steiner-Biographie Rudolf Steiner – Leben und Lehre bringt. Ullrich behauptet von diesem Zitat Rudolf Steiners, dass hier Steiner „voller Verachtung über die Theosophen [schrieb], deren Generalsekretär er fünf Jahre später werden sollte“ (Ullrich 2011: S. 35). Die Sache ist aber nicht so einfach wie Ullrich sie beschreibt. Erstens können die Theosophen nicht mit der Theosophischen Gesellschaft mit Hauptsitz in Adyar gleichgesetzt werden, deren Generalsekretär Steiner wurde, da nicht alle Theosophen Mitglieder dieser Gesellschaft waren. Es gab nämlich auch andere Theosophische Gesellschaften und auch Theosophen, die keiner Gesellschaft angehörten. Zweitens war es stets Steiners Anliegen, die Theosophie so zu betreiben, dass sie wissenschaftlichen Ansprüchen genügt. Steiners Verachtung galt also nicht der Theosophie im Allgemeinen, sondern einer unwissenschaftlichen, schwärmerischen Theosophie. Auch war die Theosophische Gesellschaft mit Hauptsitz in Adyar keine Versammlung von Schwärmern, sondern hatte die wissenschaftlich anmutenden Ziele, „[d]as vergleichende Studium der Religionen, Philosophien und Wissenschaften zu fördern“ und “[d]ie von der gewöhnlichen Wissenschaft unberücksichtigten Naturgesetze und die im Menschen schlummernden Kräfte zu erforschen" (GA 34: S. 531). Überhaupt kann man nicht anhand von einzelnen möglicherweise widersprüchlichen Aussagen Rudolf Steiners darauf schliessen, dass Steiner sich selber nicht treu geblieben sei. Man muss Steiners Leben als Ganzes betrachten, um die Frage nach der Kontinuität beantworten zu können. Mich erinnert diese Sache an eine buddhistische Erzählung, welche von einigen Blinden handelt, die einen Elefanten betasten. Je nachdem, welcher Körperteil betastet wird, macht sich der Blinde eine andere Vorstellung vom Elefanten. Wer den Schwanz betastet, sieht die Sache anders, als wer den Rüssel, einen Stosszahn oder ein Bein betastet. Man kann hier einen Blinden dazuerfinden, welcher sich nicht mit dem Betasten eines Teiles des Elefanten begnügt, sondern um den Elefanten herumgeht und den ganzen Elefanten betastet. Die übrigen Blinden bemerken nun, dass dieser eine Blinde Aussagen über den Elefanten macht, die vielseitig sind. Die Blinden behaupten deshalb, dieser eine Blinde widerspreche sich selber und habe seine Meinung über den Elefanten geändert. Rudolf Steiner kann mit diesem einen Blinden verglichen werden. Seine Aussagen sind nicht widersprüchlich, sondern lediglich vollständiger als die eines Menschen, der sich gewissermassen mit dem Betasten von nur einem Teil des Elefanten begnügt.
4) Die Originalität von Steiners Werken
Ein Kritikpunkt, der vielleicht der Hauptkritikpunkt Helmut Zanders ist, befasst sich mit der Originalität von Steiners Werken. Wo hat Steiner seine Ideen her? Zander beantwortet diese Frage, indem er die verschiedensten Quellen aufzeigt, die Steiner beeinflusst haben mögen. Wer sich für Einzelheiten interessiert, dem sei an dieser Stelle vor allem Helmut Zanders Steiner-Biographie empfohlen (siehe Literaturverzeichnis). Steiner hat gemäss Zander verschiedene einzelne Theorien anderer Forscher übernommen. So gesehen ist Steiners Werk nur wenig originell. Wichtige Thesen stammen nicht von Steiner, sondern von anderen Autoren aus Steiners Zeit und der Zeit vorher. Man könnte hier vermutlich mit Erfolg versuchen, aufzuzeigen, dass Steiner auch viele eigene Einfälle hatte, welche seine Anthroposophie prägten. Ein wichtiger Punkt ist dabei auch, dass Steiner die verschiedensten Einfälle und Forschungsergebnisse miteinander verwoben hat. Die von Steiner aufgeführten Zusammenhänge sind das eigentlich Originelle und Wesentliche der Anthroposophie. Diese Zusammenhänge sind es auch, welche die Anthroposophie für so viele Menschen faszinierend macht. Steiners Werke können somit als originell bezeichnet werden.
5) Schluss
Von den drei besprochenen Kritikpunkten ist wohl derjenige, welcher die Glaubwürdigkeit Steiners betrifft, der gravierendste. Es kann nicht mit Sicherheit gesagt werden, wie zuverlässig Steiners Forschungen tatsächlich sind. Um darüber eine Aussage machen zu können, müsste man selber ein Hellseher sein. Dies ist bei den beiden anderen Kritikpunkten nicht der Fall. Man kann als Normalsterblicher versuchen zu beurteilen, ob Steiners Lebensweg von Brüchen geprägt war und woher Steiner seine Ideen hatte. In beiden Punkten tendiere ich dazu, zu Gunsten von Steiner zu argumentieren. Nur weil Steiner sich mit verschiedenen Themen befasste und Sachverhalte von verschiedenen Seiten her betrachtete, heisst das nicht, dass sich Steiners Aussagen nicht miteinander vereinbaren lassen. Und auch wenn Steiner in seiner Anthroposophie Gedankengut verarbeitete, das er teilweise von fremden Werken entnommen hatte, kann die Anthroposophie doch eine originelle Schöpfung sein. Ich halte Steiner für jemanden, der seinen Anhängern einen alternativen Zugang zur Welt aufzeigen wollte, und dies ist ihm auf seine eigene Art und Weise auch gelungen.
Literatur (Rudolf Steiner Gesamtausgabe) GA 32: Gesammelte Aufsätze zur Literatur. 1884–1902. Dornach. 1971. GA 34: Luzifer-Gnosis. 1903–1908. Dornach. 1960.
Literatur (sonstige) Ullrich, Heiner: Rudolf Steiner – Leben und Lehre. München. 2011. Zander, Helmut: Rudolf Steiner – Die Biografie. München/Zürich. 2011.
von GTM, gepostet am 1. Juni 2020, geändert am 11. Juni 2020
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112) Anthroposophische Lektüre
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1) Einleitung
Seit dem 11. Mai sind die Caféteria und die Buchhandlung im Goetheanum trotz Coronavirus wieder geöffnet. Ich fuhr also wieder einmal nach Dornach und kaufte einige Bücher. Es folgt ein kleiner Bericht zu den erstandenen Büchern.
2) Peter Selg: Rudolf Steiners Atelier. Die letzte Lebenszeit. The Final Years. Arlesheim. 2019.
Alle paar Monate schaue ich, was es für Neuerscheinungen aus der Feder Peter Selgs gibt. Selgs biographische Arbeiten zum Leben Rudolf Steiners sind für mich dabei von grossem Interesse. Ich entschloss also, dieses Buch zu kaufen. Dies war leider ein Fehler. Ich hatte mich schon gewundert, warum dieses Buch zweisprachig ist und der Text im Buch auf Deutsch und auf Englisch gedruckt ist. Warum ein zweisprachiges Buch erscheinen lassen? Natürlich gibt es zweisprachige Reclam-Büchlein, aber dabei handelt es sich um kanonische Texte, bei welchen es sich lohnt, hin und wieder die genauen Formulierungen in der ursprünglichen Sprache zu überprüfen. Das ist bei diesem Buch Peter Selgs nicht der Fall. Ich sehe kaum einen Grund, warum jemand eine zweisprachige Ausgabe dieses Textes brauchen sollte. Es ist denkbar, dass deutsche und englische Leser dieses Werk gemeinsam lesen und diskutieren wollen, aber das wäre wohl ein Ausnahmefall. Es wäre meiner Meinung nach klüger gewesen, einfach zwei Ausgaben zu drucken, eine deutsche und eine englische. Bei diesem Buch gibt es noch ein zweites Problem. Und zwar handelt es sich dabei nicht um eine Neuerscheinung, obwohl das Buch den Anschein erweckt, dies sei der Fall. Vielmehr enthält dieses neue Buch den letzten Teil von Peter Selgs umfangreicher Steiner-Biographie Rudolf Steiner – Lebens- und Werkgeschichte aus dem Jahr 2012. Ich kaufte dieses neue Buch von Peter Selg im Glauben, dass hier tatsächlich eine Neuerscheinung vorliegt, was aber eine Täuschung war. Warum der Verlag des Ita Wegman Instituts so die Kunden hinters Licht führt, verstehe ich nicht ganz. Ich hatte mich schon gewundert, als ich feststellte, dass Selgs dreibändige Lebens- und Werkgeschichte ungefähr im Jahr 2017 nochmals erschien, diesmal in sieben Bänden statt drei. Bereits damals hatte ich mir einen der sieben Bände von der Schweizerischen Nationalbibliothek ausgeliehen, weil ich gedacht hatte, es handle sich um eine Neuerscheinung. Der Verlag des Ita Wegman Instituts druckt also immer wieder dieselben Texte, aber in anderer Aufmachung. Dies ist nicht sehr kundenfreundlich.
3) Peter Selg: Klima-Wandel. Greta Thunberg und wir. Arlesheim. 2020.
Bei diesem Büchlein handelt es sich um ein Zeugnis davon, wie Anthroposophen sich mit aktuellen Themen auseinandersetzen. Selg befasst sich in diesem Text zunächst mit Greta Thunberg und bringt diese anschliessend mit Rudolf Steiner in Verbindung, eine Verbindung, die meiner Meinung nach etwas gesucht ist. Man sieht hier, dass es gewissen Anthroposophen schwer fällt, sich von Rudolf Steiner zu entfernen und nicht jegliche Phänomene mit ihm in Zusammenhang zu bringen. Auch wenn dieses Werk an sich interessant ist, hat es einen zweiten Mangel, und zwar zeigt sich hier, dass Peter Selg bestimmte Phänomene sehr vereinfacht. So kann man bei Selg bemerken, dass er sehr klare Vorstellungen davon hat, was gut ist und was nicht. Ich will ihm das Recht nicht absprechen, die Welt in Gut und Böse zu unterteilen, aber man kann die Sache auch übertreiben. Ich bezweifle auch nicht, dass Greta Thunberg zu den wohlwollenden Menschen gehört, aber das bedeutet nicht, dass alle ihre Kritiker irgendwelche Monster sind. Ein Kritikpunkt, den man gegen Greta Thunberg anführen könnte, ist derjenige, dass nicht alle so leben können, wie Greta Thunberg das tut. Niemand verlangt von jemandem, so zu sein wie Greta Thunberg. Aber vermutlich gibt es viele, welche meinen, Greta Thunberg wolle, dass alle so denken und sind wie sie selber. Und wer dies meint, der sieht Greta Thunberg natürlich mit prüfenden Augen. Tatsächlich ist Greta Thunberg eine Globetrotterin und zudem eine Person, die sehr viel kritisiert. Es ist daher schwer möglich, dass alle Menschen so sein können wie Greta Thunberg. Wer also denkt, Greta Thunberg wolle, dass alle Menschen so sind wie sie, der wird sich der von ihr gestarteten Bewegung nur schwer anschliessen können. Damit soll nicht gesagt werden, dass Greta Thunbergs Anliegen nicht berechtigt sind. Aber Peter Selg lobt Greta Thunberg und redet ihre Gegner schlecht. Dies muss zum Teil als Schwarz-Weiss-Malerei betrachtet werden.
4) Walter Kugler: Rudolf Steiner. Wie manche ihn sehen und andere wahrnehmen. Stuttgart. 2008.
Dieses Büchlein fand ich sehr interessant. Walter Kugler tritt hier für Steiner und die Anthroposophie ein und stellt einige interessante Überlegungen an. Beispielsweise befasst er sich mit Aussagen Steiners, die heute als rassistisch betrachtet werden können. Kugler meint, dass man bedenken muss, dass solche Aussagen nach dem Zweiten Weltkrieg in praktisch keinen anthroposophischen Buchveröffentlichungen zitiert werden (vgl. S. 33). Dies scheint mir ein wichtiger Punkt zu sein. Man kann versuchen, Steiner zu beurteilen, indem man seine Anhänger beurteilt. Welche Leute können mit den Werken Rudolf Steiners etwas anfangen? Und hier finde ich persönlich, dass die Anthroposophen keine Rassisten sind. Zwar kenne ich nicht allzu viele Anthroposophen, aber es ist mir noch kein Anthroposoph begegnet, von dem ich mit Sicherheit sagen könnte, er sei ein Rassist. Ich besuchte einmal einen Kurs der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft, bei welchem mit kleiner Verspätung auch jemand aus China teilnahm. Der Kursleiter kündigte damals an, dass noch „ein Chinese“ sich dem Kurs angeschlossen habe. Der Leiter sagte nicht den Namen, sondern redete nur von der Nationalität dieses Teilnehmers. Ich hatte damals das Gefühl, dass dieser Teilnehmer in einen Topf geworfen wurde. Das ist vermutlich das Erlebnis, von welchem ich am ehesten denke, dass es auf einen Rassismus der Anthroposophen hindeutet. Ansonsten halte ich die Anthroposophen für multikulturell und auch multinational. Wenn man Steiner anhand seiner Gefolgschaft beurteilt, so gibt es meiner Meinung nach Hinweise darauf, dass Steiner es mit der Wahrheit zum Teil nicht allzu genau nahm. Dies scheinen jedenfalls gewisse Anthroposophen zu tun. Steiners Aussagen werden von Menschen wiedergegeben, welche diese Aussagen nicht überprüfen können und die solche Aussagen trotzdem präsentieren, als handle es sich dabei um erwiesene Tatsachen. Auch gibt es Anthroposophen, welche eigene Theorien aufstellen, ohne diese gross zu prüfen. Beispielsweise war ich einmal an einer Aufführung im Goetheanum und in der Vorrede behauptete eine Frau, dass man spüre, dass jetzt ein Publikum anwesend sei und nicht mehr vor dem leeren Saal geprobt werde. Vielleicht hatte sie damit recht, aber ich zweifle daran, dass diese Rednerin tatsächlich irgendwelche Experimente unternommen hat, um zu überprüfen, ob man spürt, ob ein Publikum da ist oder nicht. Das Büchlein von Walter Kugler enthält nebst den Ausführungen Kuglers auch viele Fotos und Zeugnisse von namhaften Personen zu Rudolf Steiner. Es ist eine interessante Lektüre, die ich weiterempfehle.
5) Taja Gut: Der Mensch Rudolf Steiner. Dornach. 2003.
Taja Gut legt hier eine kleine Rudolf Steiner-Biographie vor, die mich nicht angesprochen hat. Zunächst verstehe ich nicht, wieso Gut diesen Titel gewählt hat. Es handelt sich hier um eine herkömmliche Biographie. Das besonders Menschliche an Steiner wird nicht hervorgehoben. Vermutlich wurde dieser Titel nicht gewählt, weil er besonders zutreffend ist, sondern weil das Interesse der Käuferschaft geweckt werden soll. Die eigentliche Biographie lässt ebenfalls zu wünschen übrig. Bei etwa einem Drittel des Textes handelt es sich um Zitate Rudolf Steiners, sodass man den Eindruck erhalten kann, dass im Zentrum diese Zitate sind und Gut lediglich diese Zitate kommentiert. Das Ergebnis ist eine Collage, die nicht besonders leserfreundlich ist. Dieser exzessive Gebrauch von Zitaten Steiners ist unter Anthroposophen meiner Erfahrung nach weit verbreitet. Auch ich arbeite viel mit Zitaten Steiners, werde aber versuchen, daran etwas zu ändern. Es vertreten nämlich einige heutige Wissenschaftler die Meinung, dass man wenn möglich keine wörtlichen Zitate, sondern Paraphrasen bringen sollte. Auch besonders treffende und ansprechende Aussagen sollten gemäss solchen Wissenschaftlern wann immer möglich umformuliert werden, sodass ein Fliesstext entsteht. An diese Vorgabe hat sich Gut überhaupt nicht gehalten und in diesem Fall schadet dieses Versäumnis auch der Lesbarkeit des Textes.
6) Schluss
Es ist immer wieder interessant, die Zeugnisse heutiger Anthroposophen zu lesen. Dabei lohnt es sich aber, einen genauen Blick in solche Zeugnisse zu werfen, um sicherzustellen, dass der Inhalt eines Werkes auch hält, was der Umschlag verspricht.
von GTM, gepostet am 25. Mai 2020
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anthroposophie · 4 years
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111) Der Mensch und die geistige Welt – einige Überlegungen
1) Einleitung
In seinen Werken kommt Rudolf Steiner immer wieder auf eine Gedankenwelt zu sprechen, welche den Menschen umgibt. Es lohnt sich also, hin und wieder auf dieses Thema zurückzukommen und es von verschiedenen Seiten her zu betrachten.
2) Die Wahrnehmung von Gedanken
In seinem Fragment gebliebenen Werk Anthroposophie, das ursprünglich im Jahr 1910 veröffentlicht werden sollte, redet Steiner von insgesamt zwölf Sinnen, welche dem Menschen die Umwelt vermitteln. Einer davon ist der Begriffssinn. Dieser Sinn ist gemäss Steiner der innerlichste menschliche Sinn. Der Mensch kann durch diesen Sinn dasjenige wahrnehmen, was in einem anderen Menschen lebt. Er kann die lautlichen und gestischen Ausdrücke eines anderen Menschen mit Hilfe dieses Sinns verstehen (vgl. GA 45: S. 29–30).
Es handelt sich bei diesem Begriffssinn meiner Meinung nach um eine Art Gedankensinn, da man damit die Gedanken eines anderen Menschen begreifen kann. Der Mensch kann durch diesen Sinn den Worten eine Bedeutung zuschreiben. Es existiert somit eine durch Worte vermittelte Verbindung zwischen dem Menschen und den Gedanken. Diese begriffliche Verbindung zwischen dem Menschen und seinen Gedanken kann von der Hellseherei unterschieden werden, da bei der Hellseherei der Mensch unmittelbar mit Gedanken in Verbindung tritt, ohne dass diese in Worten ausgeführt werden müssen. Dies ist der Grund dafür, dass Steiner stets nach Worten suchte, um seine hellseherischen Erkenntnisse wiedergeben zu können.
Steiner macht in verschiedenen Werken Aussagen über das Verhältnis vom Menschen und der Gedankenwelt, die ihn umgibt. In einem Vortragszyklus über Weltenwunder, Seelenprüfungen und Geistsoffenbarungen aus dem Jahr 1911 behauptet Steiner, dass das menschliche Hirn Gedanken spiegelt:
„Gerade dieselbe Bedeutung hat die Arbeit des Gehirns zu dem, was eigentlich vorgeht in unserer Seele, wenn wir vorstellen, denken, wie der Spiegel für den Menschen, der sich darin sieht. Wenn Sie mit Ihrer Persönlichkeit durch den Raum gehen, da sehen Sie sich nicht zunächst. Wenn Sie einem Spiegel entgegengehen, da sehen Sie das, was Sie sind, wie Sie aussehen. Derjenige, der nun behaupten wollte, das Gehirn denke, es ginge die Vorstellungsarbeit im Gehirn vor sich, der redet gerade so gescheit wie der, der einem Spiegel entgegengeht und sagt: Ich, ich bin nicht da, wo ich gehe; das bin nicht ich; ich muß einmal da hereingreifen – in den Spiegel –, da drinnen stecke ich. – Da würde er sich bald davon überzeugen, daß er im Spiegel gar nicht darin steckt, daß der Spiegel allerdings der Veranlasser ist, daß das, was außerhalb des Spiegels ist, sich sieht.“ (GA 129: S. 140)
Auch macht Rudolf Steiner in einem Vortragszyklus zur Impulsierung des weltgeschichtlichen Geschehens durch geistige Mächte aus dem Jahr 1923 darauf aufmerksam, dass die Gedanken genau so wenig vom Gehirn geschaffen werden, wie das Wasser beim Trinken vom Mund geschaffen wird:
„Es ist ja ein Vorurteil der gegenwärtigen sogenannt aufgeklärten Menschheit, daß ihre Gedanken nur in den Köpfen drinnenstecken. Wir würden nichts von den Dingen durch Gedanken erfahren, wenn diese Gedanken nur in den Köpfen der Menschen wären. Derjenige, der da glaubt, daß die Gedanken nur in den Köpfen der Menschen seien, der unterliegt, so paradox das klingt, demselben Vorurteil, wie einer, der glaubt, daß der Schluck Wasser, mit dem er sich den Durst löscht, auf seiner Zunge entstanden ist und nicht aus dem Wasserkrug in seinen Mund hineingeflossen ist. Es ist im Grunde genommen ebenso lächerlich zu behaupten, die Gedanken entstehen im Menschenkopfe, wie es lächerlich ist zu sagen – wenn ich meinen Durst mit einem Trunk Wasser lösche, den ich im Krug habe –, das Wasser sei in meinem Mund entstanden. Die Gedanken sind eben durchaus in der Welt ausgebreitet. Die Gedanken sind die in den Dingen waltenden Kräfte.“ (GA 222: S. 45)
Steiner fragt also, ob wahrgenommene Gedanken vom Menschen selber produziert werden. Diese Frage verneint Steiner. Der Mensch hat wohl eine bestimmte Kontrolle darüber, was er denkt und was nicht. Ansonsten könnten die von Steiner gegebenen Meditationen gar nicht durchgeführt werden. Aber es wäre falsch, anzunehmen, dass der Mensch die Gedanken aus dem Nichts heraus gewinnt. Vielmehr kann eine Gedankenwelt angenommen werden, welcher der Mensch seine Gedanken entnimmt.
3) Die Entstehung der menschlichen Sinne
Um Gedanken wahrnehmen zu können, benötigt der Mensch entsprechende Sinnesorgane. Die Grundlagen und Anregungen für Steiners Konzept solcher Sinnesorgane finden sich bei Johann Wolfgang Goethe. Goethe macht im didaktischen Teil seiner Farbenlehre zwei Aussagen, welche Steiner hin und wieder zitiert und die ich selber auch schon im ersten Eintrag dieses Blogs wiedergegeben habe (vgl. Blogeintrag 1: „Verläuft die Evolution zufällig? Antworten von Johann Wolfgang Goethe und Rudolf Steiner“). Es handelt sich dabei um die folgenden Aussagen:
"Das Auge hat sein Dasein dem Licht zu danken. Aus gleichgültigen tierischen Hülfsorganen ruft sich das Licht ein Organ hervor, das seinesgleichen werde, und so bildet sich das Auge am Lichte fürs Licht, damit das innere Licht dem äußeren entgegentrete." (Zur Farbenlehre. Didaktischer Teil: S. 323)
und
“Wär nicht das Auge sonnenhaft, Wie könnten wir das Licht erblicken? Lebt nicht in uns des Gottes eigne Kraft, Wie könnt uns Göttliches entzücken?” (Zur Farbenlehre. Didaktischer Teil: S. 324)
Diesen Aussagen lässt sich entnehmen, dass laut Goethe nicht nur die gewöhnlichen menschlichen Sinne an der Umwelt des Menschen gebildet sind, sondern dass auch der Mensch vom Göttlichen entzückt werden kann, weil in ihm „des Gottes eigne Kraft“ lebt. Steiner führt diese Überlegung Goethes noch weiter, indem er eine Gedankenwelt annimmt, welche vom Menschen erkannt werden kann. Die Sinne, welche diese Gedankenwelt wahrnehmen, können gemäss Steiner vom Menschen durch Gedankentätigkeit ausgebildet werden.
Der Mensch kann gemäss Steiner also Sinnesorgane ausbilden, welche die Gedankenwelt wahrnehmen können. Während aber Goethe von den eher herkömmlichen Sinnen redet, die durch die Umwelt gebildet werden, spricht Steiner von eher geistigen Organen, welche ausgebildet werden können, um das Gedankenreich wahrzunehmen. Der Mensch muss hierzu aktiv werden. Trotzdem kann auch bei diesen geistigen Organen behauptet werden, dass sie an der Umwelt des Menschen gebildet werden, da der Mensch die Gedanken nicht selber produziert, sondern seiner Umwelt entnimmt.
Genau wie die herkömmlichen Sinnesorgane von der Umwelt des Menschen hervorgerufen werden, so werden die eher geistigen Organe mit Hilfe einer geistigen Welt geschaffen. So jedenfalls verstehe ich Steiner. Ob aber Goethe diesem Vergleich von eher sinnlichen Organen und eher geistigen Organen zustimmen würde, ist fraglich, unterscheidet doch Faust bei Goethe die Organe, welche mit dem Materiellen verknüpft sind, von einem Drang der Menschenseele zum Geistigen hin, der nicht unbedingt an Sinnesorgane gebunden ist:
„Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust, Die eine will sich von der andern trennen: Die eine hält, in derber Liebeslust, Sich an die Welt mit klammernden Organen; Die andre hebt gewaltsam sich vom Dust Zu den Gefilden hoher Ahnen.“ (Faust: V. 1112–1117)
4) Die Unterscheidung zwischen Sinnenwelt und geistiger Welt
Eine Eigenheit von Steiners Auffassung der Umwelt ist, dass Steiner davon ausgeht, dass wohl die gewöhnlichen Sinnesorgane des Menschen von der Umwelt geschaffen werden, dass aber diese organbildende Umwelt von der wahrnehmbaren Umwelt unterschieden werden muss. Die Umwelt, welche die Wahrnehmungsorgane hervorruft, und die Umwelt, welche wahrgenommen wird, sind gemäss Steiner nicht identisch. Steiner schreibt in Anthroposophie. Ein Fragment:
„[D]erjenigen Welt, welche dem Menschen durch seine Sinne gegeben ist, und auf welche er sein Seelenleben aufbaut, muß eine andere Welt zum Grunde liegen, welche diese Sinneswelt selbst erst dadurch möglich macht, daß sie die Sinne aus sich heraus entstehen läßt. Und diese Welt kann nicht in das Gebiet der sinnenfälligen fallen, da sie ihr ganz und gar vorangehen muß.“ (GA 45: S. 35–36)
Ich verstehe hier Steiner nicht ganz. Warum soll nicht ein und dieselbe Welt die Sinne hervorrufen und von diesen Sinnen wahrgenommen werden? Diese Theorie wäre einfacher, da sie ohne die von Steiner vorgeschlagene Unterscheidung auskommt. Allerdings ist es fraglich, ob diese Theorie auch zutreffender wäre. Als Anthroposoph muss man wohl hier Steiner folgen und die Sinnenwelt von einer ihr zugrunde liegenden geistigen Welt unterscheiden, da es bei der Anthroposophie gerade darum geht, die Aufmerksamkeit von den herkömmlichen Sinnen abzulenken und zu einer geistigen Welt hinzulenken. Gleichzeitig ist zu bedenken, dass die geistige Welt in der Sinnenwelt sich ausdrückt und deshalb auch die gewöhnliche Sinnenwelt als ein Produkt des Geistes betrachtet werden kann. Steiners Unterscheidung von geistiger Welt und Sinnenwelt ist also nicht so eindeutig, wie man denken könnte.
5) Schluss
Auch ohne übersinnliche Erkenntnis kann man Aufschluss über die geistige Welt erhalten, welche uns gemäss Steiner umgibt. Man kann über eine solche geistige Welt nachdenken, ohne in direkter Verbindung mit ihr zu sein. Doch auch wenn es jemandem gelingt, übersinnliche Erkenntnisse zu erlangen, muss die Frage gestellt werden, in welchem Verhältnis die geistige Welt mit der gewöhnlichen Sinnenwelt steht, da das eigentliche Leben in der Sinnenwelt stattfindet.
Literatur (Rudolf Steiner Gesamtausgabe) GA 45: Anthroposophie. Ein Fragment. Dornach. 2009. GA 129: Weltenwunder, Seelenprüfungen und Geistesoffenbarungen. Dornach. 1960. GA 222: Die Impulsierung des weltgeschichtlichen Geschehens durch geistige Mächte. Dornach. 1976.
Literatur (Johann Wolfang Goethe Hamburger Ausgabe) „Faust. Eine Tragödie“. In: Goethe, Johann Wolfgang von: Dramatische Dichtungen I. München. 1998: S. 7–420. (= Johann Wolfgang von Goethe. Werke Band 3). "Zur Farbenlehre. Didaktischer Teil". In: Goethe, Johann Wolfgang von: Naturwissenschaftliche Schriften I. München. 1998: S. 314–523. (= Johann Wolfgang von Goethe. Werke Band 13).
von GTM, gepostet am 18. Mai 2020
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anthroposophie · 4 years
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110) Ein Mangel der herkömmlichen Geisteswissenschaft
Die Aufgabe der herkömmlichen Geisteswissenschaft ist es meiner Meinung nach, wichtige Dokumente der menschlichen Kultur aufzufinden und dem Menschen zugänglich zu machen. Durch die Untersuchung solcher Dokumente kann sich der Mensch weiterbilden und seinen Teil beitragen zu einer zivilisierten Gesellschaft. Der beste Weg, um dieses Ziel zu erfüllen, ist es, im Menschen eine Freude zu wecken an der menschlichen Kultur. Und gerade hier versagt die herkömmliche Geisteswissenschaft.
Die herkömmliche Geisteswissenschaft sammelt wohl Texte, bearbeitet diese und macht sie den Menschen zugänglich, aber sie kann keine Freude an diesen Texten wecken, weil sie ihre Hauptaufgabe nicht darin sieht, solche Texte zu lesen. Ihre Hauptaufgabe sieht die Geisteswissenschaft viel mehr darin, derartige Texte zu untersuchen und zu bewerten. Und zu diesem Zweck wurden diese Texte nicht geschrieben. Die Texte der Vergangenheit wurden wie auch die heutigen Texte geschrieben, damit sie gelesen werden und der Leser sich an ihnen erfreuen kann. Diese Freude kommt nun wegen der herkömmlichen Geisteswissenschaft abhanden, welche Texte nicht liest, sondern untersucht.
Die herkömmliche Geisteswissenschaft geht also etwa so vor, wie ein Wissenschafter vorgehen würde, wenn er ein Buch über die Anthroposophie schreiben würde, ohne dabei Rudolf Steiner zu erwähnen. Ein solcher Wissenschafter könnte ein vollkommen richtiges Buch schreiben, und doch wäre das Buch nicht zutreffend, weil es Rudolf Steiner ausser acht liesse. Ähnliches gälte, wenn jemand ein Buch zur deutschen Literaturgeschichte schreiben würde, dabei aber Johann Wolfang Goethe und Friedrich Schiller nicht berücksichtigte. Oder wenn jemand ein Buch über Jesus schriebe, dabei aber die Evangelien nicht beachtete.
Es ist also die Freude an der menschlichen Kultur, welche dieser Kultur erst ihren Wert gibt. Ein Mensch kann noch so gebildet sein. Wenn seine Bildung nicht das Leben wertvoll macht, so bringt sie nichts. Die herkömmliche Geisteswissenschaft sollte also darauf achten, dass sie die menschliche Kultur auf eine Weise vermittelt, welche die angehenden Wissenschafter dazu bringt, eine Freude an Zeugnissen der menschlichen Kultur zu empfinden. Dies scheint mir auch nachhaltig zu sein, da auf diese Weise der Mensch auch im späteren Leben, wenn seine eigentliche schulische und akademische Ausbildung abgeschlossen ist, die einst gelesenen Texte wieder zur Hand nehmen und sich daran erfreuen kann.
von GTM, gepostet am 11. Mai 2020
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anthroposophie · 4 years
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109) Biologen
Sie suchen unter jedem Stein Gesetze dieser bunten Welt. Sie könnten froher gar nicht sein, Wenn eins in ihre Hände fällt.
Und kommt es auch manch einmal vor, Dass kein Gesetz das Leben klärt, So ist daran noch nichts verlorn, Denn Einer hat sich stets bewährt:
"Oh grosser Zufall!“ Rufen sie: "Nur Dich allein verstehn wir nie."
Doch ob etwas am Zufall lag, Das haben sie noch nie gefragt.
Sie haben einfach Gott verlacht Und ihn zum Zufall dann gemacht.
geschrieben vor etwa zehn Jahren von GTM, gepostet am 7. Mai 2020
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anthroposophie · 4 years
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108) Eine erkenntnistheoretische Betrachtung des Sündenfalls
Vor gut einem Jahr habe ich einen Blogeintrag geschrieben, in welchem ich versucht habe, Luzifer und Ahriman ohne übersinnliche Erkenntnis zu verstehen. Ich ging in diesem Eintrag davon aus, dass Luzifer und Ahriman das menschliche Denken und die menschliche Wahrnehmung durcheinanderbringen können, sodass Denken und Wahrnehmung nicht mehr der Wirklichkeit entsprechen (vgl. Blogeintrag 17: „Luzifer und Ahriman, eine erkenntnistheoretische Betrachtung“). Ich möchte nun dieses Thema nochmals angehen, und zwar im Zusammenhang mit dem Sündenfall, wie er am Anfang der Bibel beschrieben ist. Dabei überschneiden sich die folgenden Ausführungen teilweise mit dem Blogeintrag zu Luzifer und Ahriman, ohne dass aber der aktuelle Text sich auf den vorhergehenden bezieht oder im aktuellen Text Luzifer und Ahriman vorkommen. Ich weise auch darauf hin, dass im Folgenden die Rede ist von der Induktion und der Deduktion, wobei man den Schluss von einzelnen Ereignissen auf ein allgemeines Gesetz als Induktion bezeichnet, während eine Deduktion der Schluss von einem allgemeinen Gesetz auf ein einzelnes Ereignis ist, also das Gegenteil einer Induktion.
Vor dem Sündenfall befanden sich Adam und Eva im Paradies. Man kann sich dieses Paradies auf verschiedene Weise denken. Man kann sich Adam und Eva im Garten Eden vorstellen, einem Ort wie dem Schlaraffenland, wo die beiden mit allem Nötigen versorgt wurden, ohne dass sie etwas dafür unternehmen mussten. Geographisch gesehen lag das Paradies wohl irgendwo auf der Erde, vielleicht in einem Wald oder auf einem Feld. In den Landkarten des europäischen Mittelalters ist das Paradies in Asien angesiedelt, geschützt von unüberwindbaren Hindernissen wie Bergen und Gewässern. Dies sind eher äusserliche Beschreibungen des Paradieses. Man kann auch die Frage aufwerfen, welche Mentalität Adam und Eva hatten. Was ging im Inneren der beiden vor? Und da kann man annehmen, dass sie sich eins fühlten mit ihrer Umwelt, dass sie ein Teil der Welt waren.
Um die Beschreibung des Innenlebens von Adam und Eva weiter auszuführen, beziehe ich mich auf Rudolf Steiner. Steiner redet in seinen Grundlinien einer Erkenntnistheorie der Goetheschen Weltanschauung davon, dass der Mensch über seine Umwelt nachdenken kann, dass sie ihm aber auch als Erfahrung zugänglich ist. Steiner redet in diesem Werk also von zwei Gebieten, mit welchen der Mensch konfrontiert wird – dem Denken und der Erfahrung (vgl. GA 2: S. 27). Ich werde im Folgenden nicht von der Erfahrung, sondern von der Wahrnehmung reden, da Wahrnehmung mir als der treffendere Begriff erscheint als Erfahrung. Dies liegt zum einen daran, dass man im Zusammenhang mit der Wahrnehmung auch von der Tätigkeit des Wahrnehmens reden kann, während die Erfahrung nicht zusammenhängt mit der Tätigkeit des Erfahrens. Wenn man etwas erfährt, so handelt es sich dabei nicht um eine Erfahrung, während das Wahrnehmen sich stets auf eine Wahrnehmung bezieht. Beispielsweise kann man erfahren, dass das erste Goetheanum aus Holz bestand, das zweite aber aus Beton besteht. Es wird aber kaum jemand behaupten, dass es sich hierbei um eine Erfahrung handelt. Auch scheint mir der Begriff der Wahrnehmung präziser zu sein, da der Begriff der Erfahrung sich auch auf die Lebenserfahrung beziehen kann, und um die Lebenserfahrung geht es hier nicht.
In Anlehnung an Steiner kann man vermuten, dass Adam und Eva insofern mit ihrer Umwelt verbunden waren, dass ihr Denken ihrer Wahrnehmung entsprach, und dass darin die Harmonie von Adam und Eva mit ihrer Umwelt zu sehen ist. Die eher aktive Tätigkeit des Denkens passte mit der eher passiven Tätigkeit des Wahrnehmens zusammen. Adam und Eva konnten sich nicht als einzelne und eigenständige Wesen empfinden, sondern gehörten zu ihrer Umwelt.
Dann kam es zum Sündenfall. Adam und Eva kosteten die Früchte des Baumes der Erkenntnis von Gut und Böse. Gut und Böse sind Gegensätze, die Einheit der Welt bestand für Adam und Eva nicht mehr. Adam und Eva erkannten in ihrer Umwelt etwas, was für sie vorher noch nicht da war. Sie betrachteten die Welt nicht mehr als eine von Naturgesetzen bestimmte Einheit, sondern sahen in ihr gute und böse Aspekte. Das Denken von Adam und Eva, welches mit den Naturgesetzen bislang übereinstimmte, sah sich mit dem Gegensatz von Gut und Böse konfrontiert.
Es ist fraglich, ob die Welt tatsächlich aus Gut und Böse besteht. Ein neutraler Betrachter der Welt sieht wohl Zusammenhänge, sieht einen Kampf ums Dasein. Ich halte es aber für zweifelhaft, ob ein solcher neutraler Betrachter die Welt unterteilen würde in Gut und Böse. Es scheint eher so zu sein, dass der Einzelmensch persönliche Präferenzen hat und anhand dieser persönlichen Meinung die einen Dinge in der Welt für gut hält und die anderen für böse. Der Mensch projiziert gewissermassen seine eigenen Vorlieben in die Welt hinein und hält diese Vorlieben für objektive Wahrheiten. Gut und Böse existieren nicht, weil die Welt gut oder böse ist, sondern weil der Mensch das Gute und das Böse in die Welt hineindenkt.
Das Denken des Menschen, welches sich mit allgemeinen Gesetzmässigkeiten befasst, kann dazu führen, dass der Mensch seine Umwelt so sieht, dass sie diesen Gesetzmässigkeiten entspricht, auch wenn die erkannten Gesetzmässigkeiten nicht richtig sind. Dieses Denken ist dann nicht mehr der gewöhnlichen menschlichen Wahrnehmung angepasst, sondern verursacht falsche Wahrnehmungen. Beispielsweise wird die Welt als gut oder als böse wahrgenommen. Wenn das Denken befunden hat, dass gewisse Dinge gut und andere Dinge böse sind, so kann es die Wahrnehmung der Umwelt verfälschen, sodass die wahrgenommene Umwelt ebenfalls aus Gut und Böse besteht. Der Mensch schliesst also aufgrund seiner Erkenntnisse deduktiv auf die wahrgenommene Umwelt. Wenn aber die einzelnen Ereignisse in der Welt gar nicht diesen Erkenntnissen entsprechen, so wird die Welt falsch wahrgenommen, statt dass der Mensch seine Erkenntnisse wieder verwirft. Man könnte diesen Sachverhalt als Deduktionsproblem bezeichnen.
Im Hinblick auf die Erkenntnis von Gut und Böse bedeutet dies, dass es sich hierbei vermutlich um eine falsche Erkenntnis handelt. Die Welt ist nicht gut oder böse, vielmehr empfindet der Mensch sie als gut oder böse. Wenn der Mensch aufgrund der Erkenntnis von Gut und Böse die Welt untersucht, so ist diese Untersuchung nicht unbedingt eine neutrale, welche die Welt so hinnimmt, wie sie tatsächlich ist. Wäre die Untersuchung der Welt neutral, so müsste der Mensch seine Erkenntnis von Gut und Böse wieder verwerfen. Dies tut er aber nicht notwendigerweise.
Die Frage ist nun, wie der Mensch wieder in den Urzustand zurückgelangen kann, in welchem sein Denken seiner Wahrnehmung entspricht, ohne dass die Wahrnehmung durch das Denken verändert wird. Dies kann geschehen, indem möglichst viele Wahrnehmungen gesammelt werden, und zwar auf eine möglichst neutrale Weise. Anhand dieser vielen Wahrnehmungen können Theorien aufgestellt werden. Die heutige Wissenschaft tut dies. Aber auch wenn bei der Suche nach Wahrnehmungsdaten darauf geachtet wird, dass nicht das Denken die Wahrnehmung verändert, und somit das Deduktionsproblem berücksichtigt wird, besteht ein weiteres Problem – das sogenannte Induktionsproblem, mit welchem sich die Wissenschaftsphilosophie schon mindestens seit den Überlegungen David Humes (1711–1776) befasst.
Die Wissenschaft kann hundert einzelne Raben beobachten und richtig bemerken, dass alle diese Raben schwarz sind. Dieses Vorgehen der Wissenschaft ist so weit korrekt. Es kann aber sein, dass von der Wissenschaft die Theorie aufgestellt wird, dass auch alle anderen Raben schwarz sind und dass somit alle Raben auf der ganzen Welt schwarz sind. Diese Theorie kann wahr sein, sie kann sich aber auch als falsch erweisen, wenn plötzlich ein farbiger oder weisser Rabe entdeckt wird. Der Gedanke, dass überhaupt alle Raben schwarz seien, ist möglicherweise nicht richtig. Hier wird nicht die Wahrnehmung durch das Denken verfälscht, sondern das Denken durch zahlenmässig begrenzte Wahrnehmungen. Beim Aufstellen von Theorien muss stets berücksichtigt werden, dass Theorien wieder verworfen werden können, falls sie nicht auf der Gesamtheit aller Wahrnehmungen fussen.
Es kann auch sein, dass die Induktion an die Deduktion gekoppelt wird. Beispielsweise kann jemand das Vorurteil haben, dass kleingewachsene Menschen frech seien. Wenn er nun einem einzelnen kleingewachsenen Menschen begegnet, so kann das Verhalten dieses Menschen ihm als frech erscheinen, weil er es aufgrund seines Vorurteils als frech auffasst. Wegen dem Gedanken, dass kleingewachsene Menschen frech seien, können einzelne kleingewachsene Menschen als frech wahrgenommen werden, auch wenn sie das gar nicht sind. In diesem Fall wird vom Gedanken, dass kleingewachsene Menschen frech seien, deduktiv auf den einzelnen kleingewachsenen Menschen geschlossen, der nun frech zu sein scheint. Aufgrund dieser verfälschten Wahrnehmung wird dann zusätzlich der Gedanke, dass alle kleingewachsenen Menschen frech seien, bestätigt. Es wird induktiv vom einzelnen frechen kleingewachsenen Menschen auf das allgemeine Gesetz geschlossen, dass alle kleingewachsenen Menschen frech sind. Falsche Theorien können also zu falschen Wahrnehmungen führen, falsche Wahrnehmungen können wiederum vorhandene falsche Theorien bestätigen oder auch zu neuen falschen Theorien führen. Auf diese Weise kann ein unkritischer Mensch ein eigenes Weltbild konstruieren, das sich mehr und mehr von der Wirklichkeit entfernt.
Wenn aber der Mensch zurückgelangen will zu einem harmonischen Zustand mit der Welt, so muss er darauf achtgeben, dass sein Denken nicht durch die Wahrnehmung verfälscht wird und dass seine Wahrnehmung nicht durch sein Denken verfälscht wird. Falsche Erkenntnisse müssen wieder verworfen werden, falsche Wahrnehmungen als solche identifiziert und abgelehnt werden. Es bleibt anzunehmen, dass zu den falschen Erkenntnissen auch die Erkenntnis von Gut und Böse gehört.
Literatur (Rudolf Steiner Gesamtausgabe) GA 2: Grundlinien einer Erkenntnistheorie der Goetheschen Weltanschauung. Dornach. 2003.
von GTM, gepostet am 4. Mai 2020
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anthroposophie · 4 years
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107) Widersprüche
Wenn die Welt sich widerspricht, Dann erkennt der Mensch das Ich, Merkt: Es ist nicht alles eins. Vieles gibt es hier, so scheint's, Das nicht ganz zusammenpasst, Kein Gesetz zusammenfasst. Doch das ist des Menschen Glück, Denn so lernt er Stück für Stück, Wer er ist in dieser Welt,
 Die ihn, einst geschaffen, hält.
Darum schläft der Wachende, Darum weint der Lachende, Darum rennt der Rastende, Darum frisst der Fastende, Darum kommt der Gehende, Darum sitzt der Stehende, Darum stiehlt der Kaufende, Darum fährt der Laufende, Darum nimmt der Gebende, Darum stirbt der Lebende.
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von GTM, geschrieben vor ca. 10 Jahren, gepostet am 30. April 2020
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anthroposophie · 4 years
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106) Weiteres zur Sinneslehre
Über die Sinneslehre habe ich schon einmal ein paar Sätze geschrieben in einem vorhergehenden Eintrag mit dem Titel „Die Entwicklung des Ichs“ (Blogeintrag 67). Ich gehe hier nochmals kurz auf die Sinneslehre ein, ohne mich auf diesen vorigen Eintrag zu beziehen.
Ein bemerkenswerter Aspekt der Anthroposophie sind ihre Hinweise zur Wahrnehmung. Nicht nur versucht Rudolf Steiner, Wege zur übersinnlichen Wahrnehmung zu beschreiben, sondern er befasst sich auch mit jener Form der Wahrnehmung, welche jedem Menschen jederzeit zugänglich ist. So gibt es die Sinneslehre Rudolf Steiners, wie sie in seinem Werk Anthroposophie – Ein Fragment beschrieben wird. Hier redet Steiner etwa vom Bewegungssinn, welcher dazu dient, wahrzunehmen, welche Körperteile in Bewegung sind und welche nicht. Auch redet Steiner von einem Wärmesinn, mit welchem wahrgenommen werden kann, ob die Glieder des menschlichen Körpers warm oder kalt haben. Steiner spricht noch von weiteren Sinnen, für die folgenden Ausführungen genügt aber dieser kurze Hinweis.
Zu den Wahrnehmungsorganen, welche jedem Menschen zur Verfügung stehen, wenn er nur seine Aufmerksamkeit darauf lenkt, gehört das Herz. Das Herz ist gemäss Rudolf Steiner nicht nur ein physisches Organ im Menscheninnern, sondern auch ein Wahrnehmungsorgan. Wenn man das eigene Herz beachtet, so ist dieses ein Sitz von Empfindungen und Eingebungen, wobei es jedoch fraglich ist, wie zuverlässig die Empfindungen und Eingebungen des Herzens tatsächlich sind. Das Herz als Wahrnehmungsorgan aber einfach nicht zu berücksichtigen, scheint mir nicht der rechte Weg zu sein. Man muss den Umgang mit solchen Eingebungen des Herzens erlernen. Diesen Umgang haben meiner Meinung nach die Chinesen schon seit langem gepflegt; tatsächlich gilt für die Chinesen das Herz als einer der fünf Sinne. Auch in der aus dem alten Indien stammenden Bhagavad Gita ist die Rede von einem „innern Sinn“ nebst den uns bekannten fünf Sinnen (vgl. Gita: 15,9). Es kann gut sein, dass es sich hier ebenfalls um das Herz als Sinnesorgan handelt, von dem auch Rudolf Steiner redet.
Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die Atmung des Menschen. Es ist heute im Westen eine weitverbreitete Gewohnheit, Yogaübungen zu betreiben und dabei den eigenen Atem zu beobachten und zu regulieren. Es ist dies eine Methode, um zu sich selber zu finden und zur Ruhe zu kommen. Gemäss Rudolf Steiner ist der Atmungsprozess aber auch ein Wahrnehmungsprozess. So wird laut Steiner von der indischen Yogaphilosophie der Atmungsprozess beobachtet, damit der Mensch zu einem tieferen Erkennen gelangt (vgl. GA 319: S. 112). Der Mensch ist durch seine Atmung in einer Verbindung mit der Welt. Durch die Beobachtung des eigenen Atems kann diese Verbindung zum Bewusstsein gebracht werden.
Bemerkenswert ist auch, dass die indische Sprache und die deutsche Sprache miteinander verwandt sind. Beides sind indogermanische Sprachen. In der indischen Sprache gibt es das Wort „Atman“, das übersetzt werden kann als „Atmung“, das aber auch das Wort ist für das unzerstörbare Selbst des Menschen. Die Atmung und das unzerstörbare Selbst des Menschen sind somit möglicherweise miteinander verknüpft. Man könnte deshalb annehmen, dass der Mensch seinen Atem beobachtet, um dadurch sich bewusst zu werden über sein eigenes unzerstörbares Selbst, das in steter Verbindung ist mit der Umwelt. (Es kann sein, dass Steiner in einem seiner Werke diese These ebenfalls annimmt. Mir ist es schon passiert, dass ich irgendwelche Gedanken anstellte und später bemerkte, dass Steiner diese Gedanken schon festgehalten hatte und ich möglicherweise durch die Lektüre von Steiners Werken auf diese Gedanken gekommen war.)
Es wird hier deutlich, wie die herkömmliche Sinneslehre mit ihren fünf Sinnen ausgebaut werden kann. Damit wird auch die Komplexität der Welt eher sichtbar. Ich würde niemandem anraten, den eigenen Atem zu regulieren, da ich dies als künstlichen Eingriff auffasse. Es kann sein, dass ein solcher Eingriff hilfreich sein kann, mir selber aber hat dies nie etwas gebracht. Ich persönlich meditiere auch nicht, versuche aber, hin und wieder meine Gedanken zu kontrollieren und unbrauchbare Gedanken abzuweisen. Trotzdem denke ich, dass es Sinn macht, über Dinge wie die Atmung, das menschliche Herz und die Sinneslehre nachzudenken, da auf diese Weise die Kenntnis der Welt vergrössert werden kann.
Literatur (Rudolf Steiner Gesamtausgabe) GA 319: Anthroposophische Menschenerkenntnis und Medizin. Dornach. 1971.
Literatur (Gita) Bhagavad Gita. Köln. 1965. (Übertragen von Leopold von Schroeder)
von GTM, gepostet am 27. April 2020
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anthroposophie · 4 years
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105) Der Erzengel
Du warst einst ein Baum in meinem Garten. Du lerntest wachsen und ich lernte warten.
Heute steh ich erneut neben dir. Ich bin's, der dich zur Geduld inspiriert.
In deinem Garten steht auch ein Baum, Der wächst in der Zeit und der schläft ohne Traum.
Bescheiden greift er nach dem Himmel. Auch ich tat das einst und ich tu' es noch immer.
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von GTM, geschrieben vor ca. 10 Jahren, gepostet am 22.4.2020
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anthroposophie · 4 years
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104) Die Möglichkeiten des Intellekts
Mit seinem Intellekt kann der Mensch seine Umwelt untersuchen und in einzelnen Bereichen Zusammenhänge erkennen. Damit erhebt sich der Mensch über seine Umwelt oder macht diese für die eigenen Zwecke nutzbar. Wenn der Intellekt verwendet wird, um Nutzen zu bringen, so geschieht das dadurch, dass der Mensch Zusammenhänge erkennt, welche er zu seinen Gunsten verwenden kann. Beispielsweise kann der Mensch die vier Jahreszeiten in einen Zusammenhang bringen mit der Landwirtschaft und auf diese Weise Nahrungsmittel erwirtschaften, welche er zum Leben braucht. Wenn sich der Mensch über seine Umwelt erhebt, so geschieht dies ebenfalls, indem er seinen Intellekt anwendet. Hier geht es aber nicht darum, einen fassbaren Nutzen zu erlangen. Die Zusammenhänge, welche hier vom Menschen erkannt werden, betreffen ihn nicht direkt. Der Mensch kann aber bestimmte Phänomene untersuchen, nur um eine Kenntnis dieser Phänomene zu erlangen. Diese Kenntnis bringt dann ein Gefühl der Überlegenheit. Beispielsweise kann ein Religionsforscher zum Schluss kommen, dass Religionen sinnlos sind, und sich dadurch über diese Religionen erheben.
Diese beiden Anwendungen des Intellekts haben die Eigenschaft, dass der Mensch nicht seine ganze Umwelt berücksichtigt, sondern nur bestimmte Bereiche untersucht. Dies liegt zunächst daran, dass der Mensch lediglich bestimmten Teilen seiner Umwelt ausgesetzt ist und sich nur für bestimmte Teile der Umwelt interessiert. Es kann aber auch die Frage aufgeworfen werden, welche Kapazität der Intellekt des Menschen überhaupt hat. Es kann gefragt werden, ob es bestimmte Teile der Welt gibt, welche gar nicht vom Intellekt untersucht werden können. Wenn hingegen alle Teile der Welt vom Intellekt untersucht werden können, so kann auch die Frage gestellt werden, ob der Intellekt nur jeweils auf Teile der Welt angewendet werden kann oder ob er auch die Welt als Ganzes erfassen kann. Ähnliche Fragen wurden schon oft aufgeworfen, so etwa von René Descartes in seiner Methode des richtigen Vernunftgebrauchs, von David Hume in seiner Untersuchung über den menschlichen Verstand oder von Immanuel Kant in seiner Kritik der reinen Vernunft.
Ich möchte nun Rudolf Steiners Anthroposophie betrachten, um den Intellekt weiter zu untersuchen. Die Anthroposophie wird bekanntlich nicht nur von Menschen beachtet, welche sich für die Esoterik interessieren und zu einem bestimmten Grad auch glauben, was Rudolf Steiner gesagt hat. Es gibt auch Leute, die einen akademischen Hintergrund haben und mit einer sehr kritischen Haltung an die Anthroposophie herangehen. Man könnte sagen, dass diese Leute die Anthroposophie mit ihrem Intellekt untersuchen wollen. Einen direkten Nutzen können solche Intellektuelle bei der Anthroposophie nicht erzielen. Aber sie können versuchen, die Anthroposophie zu zergliedern, um sich über die Anthroposophie zu erheben, damit sie ein Gefühl der Überlegenheit erlangen. Wenn man nun die Werke solcher Kritiker betrachtet, so kann man den Eindruck erlangen, dass es diesen Kritikern gelungen ist, bestimmte Aspekte der Anthroposophie zu betrachten und sich überlegen zu fühlen. So gesehen kann der Intellekt auf die Anthroposophie angewendet werden. Und doch kann man beim Lesen kritischer Werke wie etwa Helmut Zanders Anthroposophie in Deutschland oder Hartmut Traubs Philosophie und Anthroposophie den Verdacht hegen, dass die Anthroposophie mit all ihren Verbindungen und Analogien von ihnen nicht wirklich verstanden worden ist. Der Intellekt kann also auf Teile der Anthroposophie angewendet werden, kann die Anthroposophie aber nicht in ihrer Gesamtheit erfassen. Der Intellekt kann einzelne Teile der Anthroposophie herausgreifen, nicht aber die ganze Anthroposophie überblicken. Und die Anthroposophie ist nun einmal etwas Ganzes.
Die Frage nach den Grenzen des menschlichen Intellekts kann also im Hinblick auf die Anthroposophie folgendermassen beantwortet werden: Zwar können sämtliche Teile der Anthroposophie vom Intellekt untersucht werden, aber das grosse Ganze entgeht ihm. Und so ist es vermutlich auch mit der gesamten Welt: Die einzelnen Teile der Welt können intellektuell erfasst werden, aber das vielseitige Ganze kann nicht erfasst werden. Um wirklich in der Welt leben zu können, muss der Mensch den Versuch aufgeben, alles intellektuell zu erfassen, und sich der Welt hingeben. Auf diesen Sachverhalt hat wohl auch Paulus in seinem berühmten Hohelied der Liebe im ersten Brief an die Korinther hingewiesen, wo er sagt: „Denn Stückwerk ist unser Erkennen […] ; wenn aber das Vollendete kommt, vergeht alles Stückwerk“ (1 Kor 13,9–10). Allerdings müsste es in diesem Zusammenhang wohl eher heissen: “Wenn aber das Vollständige oder das grosse Ganze kommt, vergeht alles Stückwerk.”
Literatur (Bibel) Katholische Bibelanstalt, Stuttgart (Hrsg.) (2012): Die Bibel. Einheitsübersetzung. Stuttgart: Verlag Katholisches Bibelwerk.
von GTM, gepostet am 20.4.2020
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anthroposophie · 4 years
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103) Über Erkenntnisgrenzen und die Unterteilung der Welt
Rudolf Steiner ist immer wieder dagegen eingetreten, dass es Grenzen der Erkenntnis gibt. Was heute noch unbekannt ist, kann morgen schon bekannt sein, so Rudolf Steiner. Ich möchte nun die Frage aufwerfen, warum die herkömmliche Wissenschaft überhaupt auf die Idee gekommen ist, dass es Grenzen der Erkenntnis geben könnte. Meine Annahme ist, dass der Glaube an Grenzen der Erkenntnis davon herrührt, dass der Mensch die Welt in verschiedene Bereiche unterteilt. Angeregt zu den folgenden Ausführungen wurde ich durch Rudolf Steiner, von dem ich einige Gedanken übernommen habe.
Wenn wir zunächst eine subjektive Perspektive annehmen und als Subjekt die Aufmerksamkeit nach aussen richten, so können wir die Umwelt wahrnehmen. Es gibt dann noch keinen Grund, die Umwelt einzuteilen in einen Bereich, der erkannt werden kann, und einen Bereich, der nicht erkannt werden kann. Die Umwelt wirkt dann als Ganzes auf uns, ohne uns einen Anlass zur Annahme zu geben, dass es hinter ihr eine zusätzliche Region gibt, welche uns zu diesem Zeitpunkt noch nicht erscheint. Oder wie Steiner in seinen Grundlinien einer Erkenntnistheorie der Goetheschen Weltanschauung sagt: „Wir müssen […] innerhalb des uns im Bewußtsein Gegebenen stehen bleiben, wir können dies nicht überschreiten“ (GA 2: S. 80–81).
Die Umwelt ist in dieser Hinsicht eine Einheit, welcher der Mensch ausgesetzt ist. In seiner Schrift Wahrheit und Wissenschaft bezeichnet Steiner diese Umgebung des Menschen als „Weltbild“, als das „unmittelbar Gegebene“, „in dem nichts voneinander unterschieden, nichts aufeinander bezogen ist, nichts durch ein anderes bestimmt erscheint“ (GA 3: S. 54).
Die Frage ist nun, wie es dazu kommen kann, dass diese unmittelbar gegebene Umwelt vom Menschen unterteilt wird. An der Umwelt kann es nicht liegen, wie aus den eben zitierten Werken Rudolf Steiners hervorgeht. Wenn der Mensch alle seine Sinne nach aussen richtet, so muss er das hinnehmen, was ihm seine Sinne offenbaren. Das den Sinnen Dargebotene unterteilt sich dabei nicht von selber. Die Sinne können auch nichts Unerkennbares erkennen. Sie nehmen einfach das hin, was sich ihnen darstellt.
Dass der Mensch die Umwelt unterteilt, kommt meiner Meinung nach daher, dass er zunächst sich von aussen her betrachtet. Der Mensch braucht nämlich nicht in dem Zustand zu verharren, in welchem er alle seine Sinne nach aussen richtet. Er kann seine Sinne auch nach innen richten. Und da der Mensch somit die Sinne nach innen wie auch nach aussen richten kann, kann er zwischen dem Inneren und dem Äusseren unterscheiden. Der Mensch kann sein Inneres dem Äusseren gegenüberstellen. Die Welt ist dann keine Einheit mehr; sie wird unterteilt in Mensch und Umwelt.
Wenn nun diese Unterteilung gemacht worden ist zwischen Mensch und Umwelt, dann kann auch die Umwelt noch weiter unterteilt werden, indem der Mensch gewissermassen in Gedanken aus der Umwelt heraustritt und diese von aussen her betrachtet, sei eine solche Unterteilung nun berechtigt oder nicht. Beispielsweise kann die Umwelt des Menschen in jenen Bereich unterteilt werden, welcher direkt an den Menschen grenzt, und jenen Teil, welcher nicht an den Menschen grenzt und dem Menschen nicht direkt zugänglich ist. Dieser letztere Teil kann vom Menschen als unerkennbar aufgefasst werden. Diese Betrachtung der Umwelt von aussen her führt auch zur Frage, was jenseits dieser Umwelt liegt. Man kann nämlich annehmen, dass die Umwelt des Menschen nicht unendlich weit ist. Der Bereich ausserhalb der Umwelt kann dann als Leere oder als Nichts bezeichnet werden. Weiter kann der Mensch sich selber unterteilen. Zum Beispiel kann ein Teil angenommen werden, der von der Umwelt geprägt worden ist, und ein anderer Teil, der vom Menschen selber geprägt worden ist. Die Psychologie lehrt uns auch, die Prägung des Menschen durch seine Umwelt zu unterteilen in die Prägung durch die Gesellschaft und die Prägung durch die Gene.
Nun haben solche eben genannten Unterteilungen wohl eine gewisse Berechtigung. Man kann die Welt untersuchen, indem man sie in verschiedene Bereiche unterteilt.  Diese Unterteilungen der Welt führen auch dazu, dass der Mensch sich selber von seiner Umwelt unterscheiden und damit sich selber erkennen kann. Ist aber diese Selbsterkenntnis erreicht, so kann der Mensch versuchen, sich wieder seiner Umwelt hinzugeben, um wieder voll und ganz zu dieser Umwelt zu gehören. Jegliche Unterteilungen verlieren ihren Sinn, wenn der Mensch wieder in den Urzustand zurückgelangt, in welchem alle seine Kräfte nach aussen gerichtet sind und die Welt für ihn daher eine Einheit darstellt. Die Welt besteht dann auch nicht mehr aus einem Bereich, der erkannt werden kann, und einem Bereich, der unerkennbar ist. Vielmehr wird die Welt als Einheit hingenommen.
Literatur (Rudolf Steiner Gesamtausgabe) GA 2: Grundlinien einer Erkenntnistheorie der Goetheschen Weltanschauung. Dornach. 2003. GA 3: Wahrheit und Wissenschaft. Basel. 2012.
von GTM, gepostet am 13. April 2020
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anthroposophie · 4 years
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102) Rudolf Steiners schöne Theorien
Was die Anthroposophie vielleicht mehr noch als ihre Wahrheit ausmacht, ist ihre Schönheit. Rudolf Steiner stellt viele Theorien auf, welche vor allem dadurch überzeugen, dass es ein Genuss ist, darüber nachzudenken. Diese Eigenschaft der Anthroposophie kommt nicht von ungefähr, sollte doch die Anthroposophie eine Synthese sein von Wissenschaft, Kunst und Religion.
Wenn man nun schaut, was für schöne Theorien Steiner aufstellt, so kann man bemerken, dass die Schönheit dieser Theorien vor allem daher kommt, dass Steiner verschiedene Sachverhalte miteinander in Verbindung bringt. Diese Verbindungen ergeben ein harmonisches Gesamtbild, das denkerisch erfasst werden kann.
Beispielsweise redet Steiner immer wieder von den drei Tätigkeiten der menschlichen Seele: Denken, Fühlen und Wollen. Diese Theorie Steiners mag wahr sein, aber sie ist doch noch zu simpel, als dass man davon beeindruckt werden könnte. Nun behauptet Steiner aber auch, dass diese drei Tätigkeiten geläutert werden können. Aus dem Denken ergibt sich dann die Weisheit, aus dem Fühlen die Schönheit und aus dem Wollen die Güte.
Steiner fährt noch weiter: Und zwar ist der menschliche Organismus gemäss Steiner ebenfalls dreigegliedert. Er besteht aus Nerven-Sinnessystem, rhythmischem System und Stoffwechselsystem. Dabei entspricht das Nerven-Sinnessystem vor allem dem Denken, das rhythmische System dem Fühlen und das Stoffwechselsystem dem Wollen.
Wie der Organismus des Einzelmenschen dreigegliedert ist, so ist auch die gesamte menschliche Gesellschaft dreigegliedert, und zwar in Geistesleben, Rechtsleben und Wirtschaftsleben. Die menschliche Gesellschaft wird dabei von Steiner als „sozialer Organismus“ bezeichnet. Es gibt somit Entsprechungen zwischen dem Mikrokosmos (dem Einzelmenschen) und dem Makrokosmos (der menschlichen Gesellschaft).
Auf solche Entsprechungen zwischen Mikro- und Makrokosmos kommt Steiner immer wieder zu sprechen. Ein Beispiel, welches er hin und wieder in seinen Vorträgen bringt, ist der Vergleich des Weltenjahres mit dem Menschenjahr und dem Menschentag. In einem Vortrag vom 13. Februar 1917 redet Steiner von dieser Ähnlichkeit von Menschenjahr und Weltenjahr.
Rudolf Steiner sagt folgendes: Die Sonne geht nicht jedes Jahr am gleichen Punkt des Himmels auf, sondern wandert durch das Weltall, durch den Tierkreis. Eine Wanderung durch diesen ganzen Tierkreis dauert gemäss Steiner 25’920 Jahre. Diese Zeit hat Plato laut Steiner als ein Weltenjahr bezeichnet. Steiner betrachtet nun die Atmung des Menschen. Der Mensch tut gemäss Steiner 18 Atemzüge in der Minute; das ergibt 1080 Atemzüge in der Stunde und 25’920 Atemzüge am Tag. Der Mensch tut also so viele Atemzüge am Tag, wie die Sonne Jahre braucht, um sich durch den Tierkreis zu bewegen. Steiner fährt fort: Der Mensch lebt ungefähr 70 Jahre lang. Wenn nun jedes Jahr 365.25 Tage hat, so ergibt das gemäss Steiner 25’567.5 Tage im Leben eines einzelnen Menschen. Wenn man mit einer Lebenslänge von 70 bis 71 Jahren rechnet, so nähert sich die Anzahl Tage des Menschenlebens der Zahl 25’920. Ein Menschenleben dauert also durchschnittlich etwa so viele Tage, wie ein Weltenjahr Menschenjahre dauert. Man kann nun laut Steiner die Dauer des Weltenjahres (25’920 Jahre) durch die Anzahl Tage im Jahr (365.25) dividieren. Das ergibt knapp 71 Jahre, also die ungefähre Länge eines Menschenlebens. Die Länge eines Menschenlebens entspricht somit im Hinblick auf das Weltenjahr einem einzigen Tag (vgl. GA 175: S. 39–41). Es wird anhand dieser Ausführungen Steiners sichtbar, wie sich Mikrokosmos und Makrokosmos entsprechen.
Steiner stellt somit Theorien auf, die zusammen ein harmonisches Gesamtbild ergeben. Man kann wohl hier und dort einige Ungenauigkeiten feststellen, aber die Theorien Steiners sind anregungsreich und wissenswert. Wenn man sie mit einigen Theorien der herkömmlichen Wissenschaft vergleicht, so bemerkt man auch, wie simpel und beinahe banal diese herkömmliche Wissenschaft teilweise ist. So ist es auch nicht verwunderlich, dass die Anthroposophie Rudolf Steiners auch heute noch eine Anziehungskraft besitzt und von vielen Leuten beachtet wird.
Literatur (Rudolf Steiner Gesamtausgabe) GA 175: Bausteine zu einer Erkenntnis des Mysteriums von Golgatha. Dornach. 1961.
von GTM, gepostet am 6. April 2020
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anthroposophie · 4 years
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101) Hermann Hesse und Rudolf Steiner
1) Einleitung
Zu den interessantesten Zeitgenossen Rudolf Steiners (1861–1925) gehört wohl Hermann Hesse (1877–1962). Hesse wurde erst später geboren und lebte auch um einiges länger als Steiner, sodass er auch noch den Zweiten Weltkrieg miterlebte.  Hesse besuchte einst einen Vortrag Steiners. Auch führte Hesse ein kurzes Gespräch mit Steiner (vgl. GB 1949–1962: S. 55). Allerdings hatte Hesse nur beschränkte Kenntnisse der Anthroposophie. Von Steiners Schriften gelesen hatte er Wie erlangt man Erkenntnisse höherer Welten, ansonsten kannte er „nur die Rätsel der Philosophie und andre rein denkerische Bücher von ihm“, wie er seinem ehemaligen Schulfreund Emil Molt in einem Brief vom 6. März 1918 berichtet (DB 1916–1923: S. 150). Hermann Hesse war nebst Molt auch mit einem anderen namhaften Anthroposophen in Kontakt, und zwar Albert Steffen. Steffen hat Hesse auch einmal im ersten Goetheanumbau herumgeführt (vgl. Kunze 1926: S. 105). Zudem unterschrieb Hesse Steiners Aufruf an das deutsche Volk und die Kulturwelt vom Jahr 1919. Hermann Hesse wie auch Rudolf Steiner haben ein umfangreiches Werk hinterlassen. Hesse hat weit verbreitete Romane geschrieben wie Demian, Siddhartha oder Der Steppenwolf, dazu etwa 1400 Gedichte. Indessen schrieb Steiner philosophische und esoterische Texte wie Die Philosophie der Freiheit oder Die Geheimwissenschaft im Umriss. Beide Autoren haben auch Schriften hinterlassen, welche heute wenig Verbreitung finden, wie Rezensionen oder Biographien. Dabei sind bei Hermann Hesse besonders seine hinterlassenen Briefe wichtig, weil Hesse in seinen späteren Jahren sehr viele Briefe zugestellt bekam und angeblich fast alle diese Briefe beantwortete. Gemäss Volker Michels, dem Herausgeber einer zur Zeit entstehenden Briefsammlung Hesses, hat Hesse 40’000 Briefe aufbewahrt, die an ihn gerichtet wurden. Weiter stehen 18’000 von Hesse geschriebene Briefantworten zur Verfügung (vgl. DB 1881–1904: S. 38). Indessen hat Rudolf Steiner in seinem Leben sehr viele Vorträge gehalten, wie man an der umfangreichen Gesamtausgabe der Werke Steiners unschwer erkennen kann. Auf AnthroWiki ist die Rede von 5611 Vorträgen, zu denen Unterlagen vorhanden sind (Link: https://anthrowiki.at/Rudolf_Steiner_Gesamtausgabe). Zudem hat Hermann Hesse über 3000 Aquarelle und Hunderte illustrierte Gedicht- und Manuskripthandschriften hinterlassen, während Rudolf Steiner ein sehr vielfältiger Künstler war. Steiner war Maler, Architekt, Dramatiker und anderes. Hesse wie auch Steiner befassten sich mit den Erscheinungen ihrer Zeit. Dies zeigt sich beispielsweise anhand von Hesses und Steiners Auseinandersetzungen mit dem Ersten Weltkrieg. Hesse war während diesem Krieg damit beschäftigt, die deutschen Kriegsgefangenen mit Literatur zu versorgen. Steiner erinnerte zur selben Zeit immer wieder an die Soldaten und versuchte in Vorträgen am Kriegsgeschehen teilzuhaben.  Ich möchte im Folgenden zunächst aufzeigen, wie Hermann Hesse über Rudolf Steiner und die Anthroposophie dachte und also das etwas ambivalente Verhältnis von Hesse zur Anthroposophie darstellen. Anschliessend möchte ich anhand einiger Punkte Hermann Hesse mit Rudolf Steiner vergleichen.
2) Hesses ambivalentes Verhältnis zur Anthroposophie
Hesse äusserte sich in Briefen, aber auch in anderen Texten immer wieder zu Rudolf Steiner, zur Anthroposophie und zu anderen Persönlichkeiten, welche damit zu tun hatten. Schon im Jahr 1908 erwähnt Hesse in einem autobiographisch geprägten Text Helena Petrovna Blavatskys Geheimlehre. Der Ich-Erzähler bemerkt aber in diesem Text, dass er daran zweifelt, dass ihm die Geheimlehre irgendeinen Nutzen bringen kann (vgl. SW 7: S. 234). Im Jahr 1932 kommt Hesse wieder auf die Geheimlehre zu sprechen, welche nun als gekürztes Taschenbuch erhältlich ist. Hesse hält aber auch diese Ausgabe für entbehrlich, weil sie „trotz einiger Wahrheiten, die sie enthält“, doch nicht den „Stempel der Echtheit“ habe und überdies „nach allzu vielen Apotheken“ rieche (vgl. SW 19: S. 305). Noch im Jahr 1936 redet Hesse von den Kritikern Blavatskys, welche sie für eine Schwindlerin halten, und ihren Anhängern, welche sie als direkte Schülerin der Meister auffassen. Hesse selbst meint dazu, dass er unter theosophischen Schriften immerhin einige Hinweise für seinen eigenen Weg zum geistigen Osten finden konnte (vgl. SW 12: S. 418). Auch auf Annie Besant kommt Hesse zu sprechen, und zwar in einem Brief aus dem Jahr 1912. Hesse schreibt über die „Anny Besant-Gläubigen“: „Die kenne ich wohl, und es ist neben Rührendem viel Drolliges dabei, aber alles in allem ist es freilich schlimm, wenn die schöne vornehme Mystik des Ostens hier in Leipziger und englischen Verstandespasteten serviert wird“ (DB 1905–1915: S. 367). Es wird anhand dieser Aussagen Hesses sichtbar, dass er diesen beiden Vertreterinnen der Theosophie gegenüber eher kritisch eingestellt war, aber auch von ihnen angeregt wurde. Auf Rudolf Steiner kommt Hesse in grösserem Ausmass zu sprechen. Einen möglichen Hinweis auf Steiner gibt es schon in Hesses Erzählung Der Weltverbesserer aus dem Jahr  1910. Es wird dort berichtet von einem eleganten Wiener, welcher eine Rede hält. Dieser namenlose Redner „sprach den Wunsch aus, die Angehörigen der vielen Einzelgruppen möchten sich hier nicht noch weiter auseinanderreden, sondern das Gemeinsame suchen und Freunde werden. Dann sprach er parteilos über die religiösen Neubildungen der Zeit und ihr Verhältnis zur Frage des Weltfriedens“ (SW 7: S. 479–480). Explizit erwähnt wird Rudolf Steiner in einem Brief Hermann Hesses an seinen ehemaligen Schulkameraden Emil Molt. Molt war der Besitzer der Waldorf-Astoria-Zigarettenfabrik und ein Mitbegründer der Waldorfschule. Hesse war spätestens seit dem Ersten Weltkrieg in brieflichem Kontakt mit Molt. In einem Brief vom 19. Januar 1918 berichtet Hesse von seinem Plan, ein „Büchlein Aufsätze deutscher Dichter“ zu drucken, „in denen jene Art von Geist besonders stark zum Ausdruck kommt, die uns am Herzen liegt (und die auch etwa der Art R. Steiners sehr nahe liegt)“ (DB 1916–1923: S. 141). Dies ist eine eher positive Bemerkung über die Geistesart Rudolf Steiners. Das Büchlein, von dem hier die Rede ist, war für die deutschen Kriegsgefangenen im Ersten Weltkrieg gedacht. Zwei Tage später erwähnt Hesse Rudolf Steiner abermals, und zwar in einem Brief an seinen Psychoanalytiker Josef Bernhard Lang. Hesse berichtet, dass er „ein Buch von dem vielgenannten Dr. Rud Steiner (dem »Anthroposophen«)“ gelesen hat. Hesse bemerkt, dass er davon weit mehr hatte, als er erwartet hätte (vgl. DB 1916–1923: S. 144). Weiter schreibt Hesse: „Vieles bei ihm trifft mit den Anschauungen über Seele und Persönlichkeit, die sich in den letzten Jahren bei mir bildeten, sehr nahe zusammen“ (ebd.). Anfang März des gleichen Jahres schreibt Hesse wieder an Molt. Es geht dabei um den Plan, ein Buch mit Schriften Steiners für Kriegsgefangene in Frankreich drucken zu lassen. Hesse ist diesem Plan gegenüber nicht abgeneigt, hat aber Weisung, keine bestimmten Konfessionen zu vertreten. Deshalb schlägt er vor, dass der Versand des Büchleins zwar von ihm besorgt wird, nicht aber der Druck, oder dass auf dem Titelblatt des Büchleins vermerkt wird, dass es im Auftrag von einer aussenstehenden Drittperson gedruckt worden ist (vgl. DB 1916–1923: S. 149–150). Am Anfang des Jahres 1919 findet der bereits erwähnte Besuch Hesses eines Vortrages Rudolf Steiners statt. In einem Brief gegen Ende des Jahres bemerkt Hesse: „Neulich hörte ich einen Vortrag Rudolf Steiners, der mir besser gefiel, als ich gedacht hätte“ (DB 1916–1923: S. 193). Einige Tage später erwähnt Hesse von neuem in einem Brief Rudolf Steiner. Hesse schreibt, dass ihm „über das Verhältnis von Geist und Politik manche Erkenntnis teils selber gekommen, teils in dieser letzten Zeit zugetragen oder bestätigt worden“ sei (DB 1916–1923: S. 197). Weiter schreibt Hesse: „Seltsamer Weise gehört zu denen, die mir solche Bestätigungen brachten, auch der Theosoph Steiner, gegen den ich sonst eher mißtrauisch war. Ich sah ihn neulich in Zürich, hörte auch einen Vortrag von ihm, und fand bei ihm einige Gedanken, zu denen ich von ganz andrer Seite her gekommen war, merkwürdig bestätigt“ (ebd.). Hesse äussert sich auch kritisch über Steiner. Im Jahr 1920 schreibt er im Zusammenhang mit der Rosenkreuzerei: „Für mich bleiben diese Sachen, wie auch der Dr. Steiner immer Kuriositäten, da sie alle für eine größere Gemeinschaft, für blindgläubige Anhänger gemacht sind. Und zu denen habe ich nie gehört“ (DB 1916–1923: S. 374). Und im Mai oder Juni 1921 notiert Hesse in seinem Tagebuch, wie er einem interessierten Bekannten die Meinung über Rudolf Steiner sagte: „Ich sagte, daß ich seinen [Steiners] Einfluß für groß halte, und daß er vielen viel wert sei, jedoch widerspreche seine ganze Persönlichkeit (Vortragsreisen, angestrengte Propaganda, finanzielle Gründungen, Kultus seiner Person etc. etc.) durchaus und grundsätzlich dem, was alle Religionen der Welt als den Typus des Heiligen und Vollkommenen bezeichnen“ (SW 11: S. 652–653). Weiter heisst es in diesem Tagebucheintrag, dass Steiners grosser Fleiss „ein Zeichen streberischer Geschäftigkeit“ sei und nicht „ein Zeichen des Heiligen“ und dass einige Anhänger Steiners von diesem ebenso krankhaft abhängen wie manche Analysanden von ihrem Psychoanalytiker (vgl. ebd.: S. 653). Gegen Ende des Jahres 1923 antwortet Hesse auf einen an ihn gerichteten Brief, in welchem der Schreiber bemerkt hat, Hesse stehe möglicherweise Steiner nahe, weil einige kleinere Arbeiten Hesses in der anthroposophischen Zeitschrift Individualität erschienen waren. Hesse stellt fest, dass er zufällig einige Freunde habe, welche unter Steiners Einfluss stehen, dass er selbst aber weder ein Freund noch ein Anhänger Steiners sei (vgl. DB 1916–1923: S. 553). Im Jahr 1926 notiert Hesse dann auch, Steiner sei ihm „noch um einige Grade zu rationell, zu wenig kühn, zu wenig bereit, ins Chaos, in die Unterwelt einzutreten und dort bei Fausts »Müttern« die ersehnte Geheimlehre vom neuen Menschentum zu erlauschen“ (SW 13: S. 484). Eine besonders bedenkenswerte Kritik Hermann Hesses an Rudolf Steiner findet sich in einem Brief aus dem Jahr 1935. Hesse bemerkt, dass die Geschichtsschreibung Steiners unnütz oder sogar schädlich sei. Hesse, der zu dieser Zeit in der Schweiz wohnt, im Dorf Montagnola im Tessin, sieht mit kritischen Augen nach Deutschland. Er schreibt in diesem Brief: „Das, was heute bei Euch an Geschichtsfälschung betrieben wird, bedurfte, um möglich zu sein, einer langen Auflockerung und vorbereitenden Hypnotisierung, sie geschah von vielen Seiten, seit Jahrzehnten, und Steiner war tüchtig mittätig“ (DB 1933–1939: S. 273). Tatsächlich war Steiner im Jahr 1915 für die deutsche Sache eingetreten mit seiner Schrift Gedanken während der Zeit des Krieges. Für Deutsche und solche, die nicht glauben, sie hassen zu müssen. Möglicherweise wurde Hesse durch diese Schrift Steiners zu seiner Kritik angeregt. Für Hesse selber war es immer klar, dass das deutsche Volk die Verantwortung trug für den Ersten und später ebenfalls für den Zweiten Weltkrieg. Es kann auch sein, dass Hesse im genannten Zitat die Steinersche Geschichtsschreibung kritisiert. Steiner vertrat die Auffassung, dass jeweils einzelne Völker der Erde zu bestimmten Zeiten bestimmte Aufgaben zu verrichten haben, um einen Fortschritt zu ermöglichen. Dagegen war Hesse der Meinung, dass es so etwas wie ewige Wahrheiten gibt, welche bei allen Völkern zu finden sind. Hermann Hesse befasste sich auch mit weiteren Anthroposophen. Emil Molt und Albert Steffen habe ich bereits erwähnt. Albert Steffens Ott, Alois und Werelsche wird von Hermann Hesse schon im Jahr 1908 positiv rezensiert (vgl. SW 16: S. 289), zu einer Zeit also, als Rudolf Steiner bereits Theosoph ist, die Anthroposophie aber noch nicht existiert. Hesse kommt auch später auf dieses Werk Steffens immer wieder zu sprechen. Er richtet zudem einige Briefe an Steffen. Aus einem dieser Briefe geht hervor, dass Steffen einige Bücher für die deutschen Kriegsgefangenen gespendet hatte (vgl. DB 1916–1923: S. 59). Allerdings kritisiert Hesse Steffen auch, insbesondere im Hinblick auf seine anthroposophische Tätigkeit. Hesse schreibt in einem Brief aus dem Jahr 1922: „[Albert Steffen] ist weder Publizist noch ein kritischer Kopf, und die Tätigkeit als Redakteur für Steiner ist seiner nicht ganz würdig“ (DB 1916–1923: S. 433). In diesem Brief beklagt sich Hesse insbesondere darüber, dass die alte asiatische Gedankenwelt von den Anthroposophen und so auch von Steffen zu wenig Anerkennung finde (vgl. ebd.). Am Anfang des Jahres 1923 schreibt Hesse weiter über Steffen: „Dieser, ein höchst begabter Dichter und ein lieber gütiger Sonderling, ist einen andern Weg gegangen, und ist ein Jünger und Anhänger des »Anthroposophen« Dr. Steiner, was ich wenig billige, aber es ist nun so“ (DB 1916–1923: S. 500). Ein Anthroposoph, über welchen Hermann Hesse ebenfalls hin und wieder das eine oder andere Wort verliert, ist Christian Morgenstern. Bereits im Jahr 1910 rezensiert Hesse Morgensterns „Versbüchlein“ Palmström sehr positiv (vgl. SW 16: S. 485–486). Auch die Galgenlieder Morgensterns nimmt Hesse gut auf (vgl. SW 17: S. 122). Noch im Jahr 1932, als Morgenstern schon seit über 18 Jahren verstorben ist, hat Hesse ein gutes Wort über ihn übrig: „[Morgenstern ist] ein echter Humorist und Sprachgestalter, einer der ganz wenigen Humoristen unter den Jüngern Dr. Rudolf Steiners“ (SW 19: S. 330–331). Etwa ein halbes Jahr später rezensiert Hesse auch die Morgenstern-Biographie Christian Morgenstern’s Leben und Werk von Michael Bauer und Margarete Morgenstern. Dabei hält Hesse Christian Morgensterns Konversion zur Anthroposophie für ein gutartiges Ereignis. Hesse findet, dass Morgenstern einem einsamen Mystiker glich, aber dank Steiner „sein letztes und höchstes Erlebnis, das der Gemeinschaft“ haben konnte (vgl. SW 19: S. 398). Es geht aus diesen Ausführungen hervor, dass Hermann Hesse, der in seinem Leben viel gelesen hat, sich auch mit der Lehre Rudolf Steiners befasst hat. Dabei hat Hesse einiges zu beanstanden, sieht aber auch Positives an der Anthroposophie. Im Folgenden möchte ich nun einige Auffassungen Hermann Hesses mit den Auffassungen Rudolf Steiners vergleichen.
3) Ein Vergleich von Hesse und Steiner
3.1) Individualismus Hermann Hesse wie auch Rudolf Steiner können als Individualisten bezeichnet werden, insofern sie zu den Einzelmenschen sprachen und den Einzelmenschen hervorhoben. Bei Rudolf Steiner wird dies insofern sichtbar, dass er in seiner Philosophie der Freiheit ergründen wollte, wie das Individuum aus sich selbst heraus handeln kann. Auch die von Steiner geschilderten Schulungswege muss jeder Mensch selber gehen, selbst wenn er dabei immer wieder im Kontakt mit der Gesellschaft ist. Allerdings wendete sich Steiner ebenfalls an die Massen, welche er mit seinen Vorträgen und Büchern erreichen konnte. Auch Hesse wurde von vielen Menschen gelesen. Doch wies er immer wieder darauf hin, dass er eigentlich nur für wenige schreibe und nur von wenigen verstanden werde. Hesses Individualismus wird etwa sichtbar in einem Text aus dem Jahr 1917 mit dem Titel Eigensinn. In diesem Text bezeichnet Hesse den Eigensinn als eine Tugend, die er besonders liebe. Wie andere Tugenden, so verlangt auch der Eigensinn gemäss Hesse Gehorsam (vgl. SW 12: S. 101). Hesse weigerte sich weiter dagegen, irgendwelchen Gruppierungen beizutreten. So kann auch der Anfang des Gedichtes Absage aus dem Jahr 1931 verstanden werden: „Lieber von den Faschisten erschlagen werden / Als selber Faschist sein! / Lieber von den Kommunisten erschlagen werden / Als selbst Kommunist sein!“ (SW 10: S. 568) Dass Hesse ein Individualist war, zeigt sich auch anhand einer Bemerkung aus dem Jahr 1946 über seine „politischen“ Aufsätze. Hesse sagt hier, dass er diese Aufsätze nur „politisch“ nenne, weil sie in einer politischen Atmosphäre entstehen. Eigentlich seien sie aber unpolitisch, da Hesse seinen Lesern nicht politische Probleme bewusst machen wolle. Vielmehr wolle er seine Leser in ihr eignes Inneres, vor ihr persönliches Gewissen führen (vgl. SW 15: S. 648–649). Ebenfalls beachtenswert in diesem Zusammenhang ist ein Brief, welchen Hesse im Jahr 1949 an seinen ältesten Sohn Bruno Hesse sendete. Es heisst in diesem Brief: „Gott wird Dich, wenn er Dich richtet, nicht fragen: »Bist du ein Hodler geworden oder ein Amiet, oder ein Pestalozzi oder Gotthelf?« Sondern er wird fragen: »Bist du auch wirklich der Bruno Hesse gewesen und geworden, zu dem Du die Anlagen und Erbschaften mitbekommen hast?« Und da wird niemals ein Mensch ohne Scham oder Schrecken seines Lebens und seiner Irrwege gedenken, er wird höchstens sagen können: »Nein, ich bin es nicht geworden, aber ich habe es wenigstens nach Kräften versucht«“ (GB 1949–1962: S. 7).
3.2) Religiosität Hermann Hesse wie auch Rudolf Steiner befassten sich mit verschiedenen Religionen. Wo aber Steiner das Christentum als die wichtigste aller Religionen hinstellt, betrachtet Hesse alle Religionen als weitgehend gleichwertig. Dies zeigt sich etwa darin, dass Hesse hin und wieder von wichtigen Denkern redet und dann Personen wie Jesus, Lao Tse und den Buddha nacheinander nennt, ohne irgendwen hervorzuheben. Es kann sogar behauptet werden, dass Hesse die östlichen Denker leicht bevorzugt. Hesse kam schon früh durch seine Familie mit dem indischen Denken in Kontakt, freundete sich dann aber mehr und mehr mit den alten Chinesen an, insbesondere mit Lao Tse und dem Taoismus. Hesse befasste sich mit dem östlichen Denken eingehend, weshalb er wie oben schon angedeutet Steiners Darstellung dieses Denkens für unzulänglich hielt. In einem Brief macht Hesse eine interessante Aussage über den Christus: „Christus […] ist nicht ein Dichter gewesen, sein Licht war nicht an eine vereinzelte Sprache gebunden und an eine kurze Epoche, er war und ist ein Stern, ein Ewiger“ (AB: S. 363). Dies lässt sich meiner Meinung nach gut mit Steiners Christusauffassung vereinbaren. Steiner hielt nicht die Person des Christus für wichtig, sondern den Impuls, welcher von dieser Wesenheit ausgeht und von jedem Menschen aufgenommen werden kann. Steiner hat auch oftmals das Pauluswort „Nicht ich, sondern der Christus in mir!“ ausgesprochen, welches auf diesen überpersönlichen Charakter der Christuswesenheit hindeutet. Etwas Ähnliches zeigt sich bei einer Aussage Rudolf Steiners aus einem Sendschreiben vom Jahr 1886: „Wir sollten endlich zugeben, daß der Gott, den eine abgelebte Menschheit in den Wolken wähnte, in unserem Herzen, in unserem Geiste wohnt“ (GA 30: S. 239). In dieses Bild passt eine Aussage, welche Hesse nach dem Ersten Weltkrieg in einem Text macht, in welchem er junge Deutsche anspricht. Hesse bemerkt hier, dass es nicht das Amt der Ratgeber ist, die Jugendlichen zu belehren, ihnen Mühe zu ersparen oder ihnen Wege zu zeigen. Vielmehr müssen die Ratgeber gemäss Hesse die Jugendlichen daran erinnern, dass es einen einzigen Gott gibt, welcher in den Herzen der Menschen wohnt und auch dort gesucht werden muss (vgl. SW 15: S. 262). Allerdings identifiziert Hesse diesen Gott, der im Menschenherzen wohnt, meiner Meinung nach nicht mit dem Jesus Christus, während Steiner das tut. Hermann Hesse hat sich auch mit der Reinkarnationstheorie befasst. Während aber Steiner die Reinkarnationstheorie annimmt, spekuliert Hesse darüber. So schreibt er in einem Notizbuch aus dem Jahr 1907: „Vorausgesetzt, die Lehre von Reinkarnation und Seelenwanderung sei richtig, dann glaube ich, die paar großen Musiker (Beethoven) sind auf späten, hohen Stufen der Vollendung, in ahnungsvollen Stunden schon eins mit dem Wesen der Welt. Denn ihre Verkündigungen sind das Reinste, Heiligste und Edelste, was von Menschen ausgehen kann“ (SW 11: S. 323). In einem Brief aus dem Jahr 1908 denkt Hesse wiederum über die Reinkarnation nach. Hesse macht hier die Bemerkung, dass die indische Wiedergeburtslehre ihm eine gewisse Befriedigung verschaffe, ohne dass er unbedingt an diese Lehre glaube (vgl. DB 1905–1915: S. 99). Ein Hinweis auf Hesses Beschäftigung mit der Reinkarnationstheorie findet sich auch in seinem letzten Roman Das Glasperlenspiel, in welchem der Protagonist Josef Knecht dazu angehalten wird, alternative Lebensläufe zu verfassen, die sich um Knecht drehen, aber in vergangenen Zeiten spielen. Von Interesse ist in diesem Zusammenhang auch eine Frage, welche Hesse wie auch Steiner beschäftigt hat. Dies ist eine Frage, welche Rudolf Steiner hin und wieder aufwirft. Steiner fragt, wie man übersinnliche Schauungen in die Worte der gewöhnlichen Sprache bringen kann. Ein ähnliches Problem spricht auch Hermann Hesse an, und zwar gleich zu Beginn seines Romans Das Glasperlenspiel. Es heisst dort: „[N]ichts entzieht sich der Darstellung durch Worte so sehr und nichts ist doch notwendiger, den Menschen vor Augen zu stellen, als gewisse Dinge, deren Existenz weder beweisbar noch wahrscheinlich ist, welche aber eben dadurch, daß fromme und gewissenhafte Menschen sie gewissermaßen als seiende Dinge behandeln, dem Sein und der Möglichkeit des Geborenwerdens um einen Schritt näher geführt werden“ (SW 5: S. 7). Hesse behauptet hier allerdings im Gegensatz zu Steiner nicht, dass solche eher geistigen Dinge unabhängig vom Menschen existieren. Vielmehr behauptet Hesse, dass diese Dinge ins Dasein gerufen werden, weil die Menschen sich mit ihnen befassen.
3.3) Kritik der akademischen Wissenschaft Ein Grund dafür, weshalb Steiner wie auch Hesse unter den Akademikern kein besonders grosses Ansehen haben, ist wohl die Kritik, die von Steiner und Hesse immer wieder ausgesprochen wurde. Steiner kritisiert beispielsweise hin und wieder die Autoritätsansprüche der Akademiker, die wie Prediger ihre Lehren wiedergeben und kaum hinterfragt werden dürfen. Steiner weist in seinen Werken auch immer wieder auf die Grenzen hin, welche den gewöhnlichen Wissenschaftern gesetzt sind. Auch Hesse hat sich hin und wieder über die Intellektuellen und Akademiker geäussert. Einmal auch im Zusammenhang mit seiner Lektüre von Rudolf Steiners Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten. Hesse schreibt im Jahr 1918, dass ihn bei dieser Lektüre vor allem der Gedanke der Ehrfurcht stark ergriffen habe und dass diese Ehrfurcht gerade dem „kritisch-leeren, höhnischen Intellektualismus“ fehle (vgl. SW 11: S. 570–571). Im Jahr 1928 beklagt sich Hesse darüber, dass er immer wieder von Akademikern besucht wird: „[E]s kommen junge selbstbewußte Leute, die Philologie studiert haben und jetzt eine Doktorarbeit über mich machen wollen; sie machen sie auch, reißen mich und das, was ich in dreißig Jahren gearbeitet habe, unerschrocken in Fetzen und bekommen dafür von ihrer Fakultät den Doktorhut auf die klugen Köpfe gesetzt“ (SW 14: S. 119). Zwei Jahre später antwortet Hesse auf eine Umfrage der Wiener Universitätsbibliothek zur Zukunft der Lyrik. Hesse schreibt einen einzigen Satz: „Die Zukunft der Lyrik wird um so besser sein, je weniger die Universitäten sich mit ihr beschäftigen“ (DB 1924–32: S. 417). Im Jahr 1932 schreibt Hesse eine Rezension zu einem Nachschlagewerk, das ihm sehr gefällt. Hesse bewundert die Sachlichkeit und Genauigkeit dieses Werkes. Er ist von diesem Werk so beeindruckt, dass er nochmals nachschaut, welche Akademiker an diesem Werk mitgearbeitet haben. Hesse schreibt: „Aber siehe da, es sind keine Professoren dabei, es sind lauter Bibliothekare. Sie haben sich Dank verdient“ (vgl. SW 19: S. 341). Allem Anschein nach fühlt sich Hesse in seiner Abneigung gegen die Akademiker durch dieses Ereignis bestärkt. Noch im Jahr 1956 kritisiert Hesse die Intellektualisierung: „[D]as Klügeln und Gescheitreden über Kunst und Dichtung ist zum Sport und Selbstzweck geworden, und unter der Begierde, sie durch kritische Analyse zu bewältigen, hat die elementare Fähigkeit zur Hingabe, zum Schauen, zum Lauschen sehr gelitten“ (SW 12: S. 661).
3.4) Psychoanalyse Ein interessanter Punkt bei Steiner wie auch Hesse ist deren Verhältnis zur Psychoanalyse. Steiner war der Psychoanalyse gegenüber eher kritisch eingestellt. Hesse dagegen trat in Kontakt mit den Psychoanalytikern Josef Bernhard Lang wie auch Carl Gustav Jung. Hesse liess sich von diesen Psychoanalytikern untersuchen und beraten. Allerdings hat sich Hesse der Psychoanalyse gegenüber auch kritisch geäussert. Im Jahr 1921 macht Hesse in einem Brief zudem eine Bemerkung über das Verhältnis von Psychoanalyse und Anthroposophie. Hesse meint, dass sich diese beiden nicht vereinbaren lassen, weil die Psychoanalyse im Gegensatz zur Anthroposophie nicht ein Glaube oder eine Philosophie sei, sondern ein Erlebnis. Dieses Erlebnis muss gemäss Hesse ausgekostet und im Leben umgesetzt werden (vgl. DB 1916–1923: S. 403–404). Es ist allerdings fraglich, ob Hesse hier ganz richtig liegt, denn auch die Anthroposophie kann ein Erlebnis sein, wenn man versucht, sie im Leben umzusetzen. In einem Brief aus dem Jahr 1922, welcher an denselben Adressaten gerichtet ist, kritisiert Hesse auch die Anthroposophen, weil von ihnen die Psychoanalyse ungeprüft abgelehnt werde (vgl. DB 1916–1923: S. 435). Ein Kritikpunkt Hesses der Psychoanalyse gegenüber ist seine Einschätzung, dass die Psychoanalyse zwar theoretisch eine ausgezeichnete Methode sei, dass die Psychoanalytiker aber das Schöpferische des Menschen nicht zu würdigen wissen. Gemäss Hesse bemerkt zwar die Psychoanalyse, dass verschiedene Künstler Komplexe haben, aber die Leistungen, welche aus diesen Komplexen entstehen, kann die Psychoanalyse nicht würdigen (vgl. DB 1924–1932: S. 279–280). In diesem Zusammenhang berichtet Hesse in einer Betrachtung aus dem Jahr 1930 darüber, wie Psychoanalytiker Kunstwerke degradieren. Hesse schreibt: „[M]an erklärt ein Meisterwerk, indem man es aus derselben Ursache herleitet wie die Platzangst des Herrn Müller und die nervösen Magenstörungen der Frau Meier“ (SW 14: S. 436). Auf diese Weise wollen gemäss Hesse die Psychoanalytiker zeigen, dass auch grosse Künstler bloss Menschen gewesen seien (vgl. ebd.). Hesse äussert an einer Stelle auch eine sehr starke, ja übertriebene Kritik der Psychoanalyse. Und zwar behauptet er in einem Brief aus demselben Jahr 1930, „daß die Dämonologie und Exorzistik des Mittelalters den Krankheiten, namentlich den psychischen, sowohl in der Diagnose wie in der Behandlung mit feinerer Nuancierung beikam als die heutige Heiltechnik, inklusive Freud“ (DB 1924–1932: S. 398). Im Jahr 1959 fasst Hesse sein Verhältnis zur Psychoanalyse noch einmal zusammen: „Mir persönlich hat die Analyse nur genützt, und zwar die Lektüre einiger Bücher von Freud und von Jung mehr als die praktische Analyse. Später wurde mein Verhältnis zur Psychoanalyse kühler, teils weil ich viel Fälle erfolgloser, ja schädlich wirkender Analysen mit anzusehen bekam, teils aber auch, weil ich nie einem Analytiker begegnet bin, der ein echtes Verhältnis zur Kunst gehabt hätte. Alles in allem aber stehe ich nach wie vor freundlich zur Tiefenpsychologie“ (GB 1949–1962: S. 320–321).
3.5) Sonstiges Eine Gemeinsamkeit von Steiner und Hesse ist deren Begeisterung für die Literatur, insbesondere für Novalis, Jean Paul, Goethe und Franz von Assisi. Aus einzelnen Aussagen Hesses geht dabei hervor, dass dieser sich auch für von Steiner bevorzugte Werke Goethes wie das Märchen, die Farbenlehre oder den zweiten Teil des Faust interessierte. Über Novalis macht Hesse an einer Stelle eine Aussage, der vielleicht auch Steiner zustimmen würde: „Dieser wunderbar reiche, elastische kühne Geist, dieser wahre Seher und Seelenleser, hat zu seiner Zeit das Ideal deutscher Geistesbildung für hundert Jahre weiter hinausgeträumt, ja er hat das Ideal einer Synthese von wissenschaftlichem Denken und seelischem Erleben so wuchtig durchgeformt und ausgebildet wie nur noch Goethe“ (SW 17: S. 507). Bemerkenswert ist vielleicht noch das Verhältnis von Steiner bzw. Hesse zur Sexualität. Von Steiner weiss man, dass er zweimal verheiratet war; Hesse war sogar dreimal verheiratet. Während aber bei Steiner die Meinung existiert, dass seine Ehen von einer rein platonischen Liebe geprägt waren, ist das bei Hesse nicht der Fall. Weiter weist das Gesamtwerk Steiners nur sehr wenige Hinweise auf die Sexualität auf. An einer Stelle erwähnt Steiner etwa, dass die sexuelle Enthaltsamkeit dem spirituellen Fortschritt dienlich sein kann. Ansonsten sind mir keine Aussagen bekannt. Hingegen lassen sich in Hesses Werken, namentlich im Steppenwolf und in Narziß und Goldmund, erotisch aufgeladene Ereignisse finden. Hesse denkt in einem Notizbuch aus dem Jahr 1907 auch darüber nach, wie Mann und Frau nach dem geschlechtlichen Liebesgenuss sich befinden (vgl. SW 11: S. 323). Hesse diskutiert sein Sexualleben zudem in seinem Briefwechsel mit Josef Bernhard Lang (vgl. BmL). In einem Brief an seine Schwester Marulla behauptet Hesse im Hinblick auf die Anthroposophie, dass die Anthroposophen einen altjüngferlichen Widerstand gegen das Erotische haben (DB 1924–1932: S. 455). Eine Gemeinsamkeit von Steiner und Hesse sind weiter polemische Aussagen gegen die Philister, welche bei beiden hin und wieder auftreten.
4) Schluss
Dies sind einige Hinweise zu Hermann Hesse und seinem Verhältnis zu Rudolf Steiner und der Anthroposophie. Man könnte diese Hinweise noch um einige Aussagen Hesses wie auch Steiners ergänzen, sodass das hier von mir Gesagte noch genauer ausgeführt und zum Teil wohl auch in Frage gestellt werden könnte. Trotzdem denke ich, dass die hier gegebenen Hinweise zum Teil wahr sind und auch von Interesse sein könnten für Anthroposophen und andere Leser.
Hinweis zur verwendeten Literatur: Für diesen Artikel griff ich vor allem auf Hermann Hesses Sämtliche Werke in zwanzig Bänden (abgekürzt als SW) sowie auf die verschiedenen verfügbaren Briefsammlungen zurück. Unter den Briefsammlungen ist für diesen Artikel diejenige am wichtigsten, welche momentan von Volker Michels herausgegeben wird, von welcher aber lediglich die ersten fünf Bände vorhanden sind, welche die Jahre 1881 bis 1939 abdecken (abgekürzt als DB). Nebst dieser neuen Sammlung gibt es vier Bände mit dem Titel Gesammelte Briefe, welche aber teilweise vergriffen sind und von denen ich nur den vierten Band verwendet habe (abgekürzt als GB). Herausgegeben wurden diese ebenfalls von Michels. Auch existieren ein Einzelband Ausgewählte Briefe (abgekürzt als AB) sowie einzelne Bände mit Briefwechseln von Hermann Hesse und bestimmten Persönlichkeiten wie Thomas Mann, Josef Bernhard Lang (abgekürzt als BmL) oder Ninon Hesse-Ausländer.
Literatur: Hermann Hesse: Sämtliche Werke (abgekürzt als SW + Bandnummer) SW 5: Das Glasperlenspiel. Frankfurt am Main. 2014. SW 7: Die Erzählungen 2. Frankfurt am Main. 2014. SW 10: Die Gedichte. Frankfurt am Main. 2002. SW 11: Autobiographische Schriften 1. Frankfurt am Main. 2003. SW 12: Autobiographische Schriften 2. Frankfurt am Main. 2003. SW 13: Betrachtungen und Berichte 1899–1926. Frankfurt am Main. 2003. SW 14: Betrachtungen und Berichte 1927–1961. Frankfurt am Main. 2003. SW 15: Die politischen Schriften. Frankfurt am Main. 2004. SW 16: Die Welt im Buch. Rezensionen und Aufsätze aus den Jahren 1900–1910. Frankfurt am Main. 2002. SW 17: Die Welt im Buch. Rezensionen und Aufsätze aus den Jahren 1911–1916. Frankfurt am Main. 2002. SW 19: Die Welt im Buch. Rezensionen und Aufsätze aus den Jahren 1926–1934. Frankfurt am Main. 2003.
Literatur: Hermann Hesse: Die Briefe (abgekürzt als DB + Datum) 1881–1904. Berlin. 2012. 1905–1915. Berlin. 2013. 1916–1923. Berlin. 2015. 1924–1932. Berlin. 2016. 1933–1939. Berlin. 2018.
Literatur: Sonstiges von Hermann Hesse Ausgewählte Briefe. Frankfurt am Main. 2013. (abgekürzt als AB) Briefwechsel mit seinem Psychoanalytiker Josef Bernhard Lang. Frankfurt am Main. 2006. (abgekürzt als BmL) Gesammelte Briefe. 1949–1962. Frankfurt am Main. 1986. (abgekürzt als GB)
Literatur: Rudolf Steiner Gesamtausgabe GA 30: Methodische Grundlagen der Anthroposophie. 1884–1901. Dornach. 1961.
Literatur: Sonstige Wilhelm Kunze: „Hermann Hesse 1926 in Nürnberg“. 1926. In: Volker Michels (Hrsg.): Hermann Hesse in Augenzeugenberichten. Frankfurt am Main. 1987. S. 102–106.
gepostet am 30. März 2020 von GTM
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anthroposophie · 4 years
Text
100) Das Universum
Es war das Nichts im Urbeginn.  Es war wohl Raum, es war wohl Zeit,  Doch gab es noch kein Ding darin,
 In dieser Welt, so alt und weit.
Und nun war irgendetwas da, Ein kleines Wesen, ein Atom,
 Das noch nichts hörte, noch nichts sah, Doch weiter wuchs im Weltenstrom.
Materie bewegte sich, 
Bis Leben in der Welt entstand,
 Das immer mehr dem dem Menschen glich Und auch das Selbstbewusstsein fand.
Das Universum dehnt sich aus, Gewinnt an Geltung in der Welt, Doch gleicht es einem Kartenhaus, Das irgendwann zusammenfällt.
Danach wird wieder Leere sein, Nur Leere, nur ein Vakuum. Kein Strahl dringt in das Dunkel ein Und alle Laute bleiben stumm.
Das Universum ist nicht mehr, Versunken ohne jede Spur In einem namenlosen Meer, Das kein Entdecker je befuhr.
Doch wenn sich einst etwas erhebt, Ein neues Universum wird,
 Das da ist, aus dem Nichts gewebt, Und ohne Gründe existiert,
So wirft das in mir Fragen auf: Ist es das selbe wie zuvor? Kam es zurück im Weltenlauf, In dem es sich dereinst verlor?
Und gilt das selbe nicht auch hier: Die Menschenseele kam vom Nichts Und niemand hat sie ausstudiert. Kein Schöpfer gab ihr ein Gesicht.
Sie kam aus stiller Dunkelheit Und geht dereinst zurück dorthin, Dass Raum und Zeit, unendlich weit, Um eine Seele leerer sind,
Bis wieder eine Seele wird, Den Reichtum in der Welt vermehrt. Wieso hat sie sich hier verirrt? Ist sie ins Sein zurückgekehrt?
geschrieben vor ca. acht Jahren, neulich überarbeitet, gepostet am 23. März 2020
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